Auch schwierige Zeiten überstanden
25.11.21
Rückblick auf das siebenbürgisch-sächsische Schulwesen (I)
Die Kronstädter Schultradition stand im Blickpunkt einiger kürzlich in der Zinnenstadt stattgefunden Ereignisse die einen dazu veranlassen einen, wenn auch nicht vollständigen Rückblick auf das siebenbürgisch-Sächsische Schulwesen zu bieten, einige besondere Fakten hervorzuheben. Frank-Thomas Ziegler wies auf die Kronstädter Schultradition hin, ausgehend von der Fassadeninschrift hin die am restaurierten Gebäude vor dem Haupteingang zur Schwarzen Kirche wiederhergestellt wurde. Hier befand sich eine mittelalterliche Lateinische Schule die als Ausgangspunkt des hiesigen Schulwesens gekennzeichnet wird (KR 42/21.10.2021). In Anwesenheit auch des Unterrichtsministers wurden die 480 Jahre seit der Gründung der Johannes-Honterus-Schule kürzlich begangen . Ein ausführlicher Bericht wurde von Ralf Sudrigian in der KR 41/14. Oktober 2021 gezeichnet. Thomas Sindilariu bot einige „Anmerkungen zu den Gründungsdaten der von Johannes Honterus ins Leben gerufenen Schule in Kronstadt“, (KR 44/4.11. 2021). Daten aus der Zeit vor der Reformation hat der Forscher des siebenbürgisch-sächsischen Volksschulwesens Heinz Brandsch dokumentiert. Laut den von ihm zusammengetragenen Daten gab es um das Jahr 1500 in 88 der damaligen 290 sächsischen Gemeinden je eine Schule. Bis 1517 ist die Zahl der genannten Schulen auf 111 gestiegen und bis 1543 als die Reformation durchgeführt,wurde auf 123. Laut Urkunden sind die ersten Schulen oder Rektoren 1334 für das Brooser Kapitel, 1388 für Kronstadt, 1394 für Stolzenburg, 1397 für Mediasch dokumentiert. Für eine höhere Bildung sind Siebenbürger Sachsen an Gymnasien und Universitäten zum Beispiel in Wien, Krakau, Padua, Heidelberg, Wittenberg, Jena , Prag u.a.anzutreffen. Besonderes nach dem 14. Jahrhundert trifft man studierende Sachsen an diesen Hochschulanstalten an. Bis 1520 waren allein in Wien 1584 Studierende inskribiert, in Krakau 820. Aus Hermannstadt waren die meisten Studierende 285 im Ausland zu verzeichnen. Gefolgt wurden diese von den Kronstädtern mit 267, Klausenburg mit 122, Schäßburg mit 95, Mediasch mit 50. Aber auch aus Tartlau wurden 23, aus Marienburg ebenfalls 23, aus Reps 17, aus Großschenk 19 Sudierende registriert. Der Historiker Gernot Nussbächer hat in seinen Ortschroniken jeweils die Zahl der Studenten dokumentieren können. Prof. Dr. Walter König hat sich in mehreren Studien der Entwicklung des Unterrichtswesens gewidmet. Dr. Michael Kroner hat sich ebenfalls eingehend mit der Schulordnung bei den Siebenbürger Sachsen, den Persönlichkeiten die eine besondere Rolle in dem Ausbau und Fortschreiten des siebenbürgischen Schulsystems gewidmet. Einige dieser wichtigsten Etappen im Ausbau der Schule wurden von ihm dokumentiert,von denen wir einige für unsere Leser nahestehend vergegenwärtigen. (Dieter Drotleff)
Die Vorreiterrolle übernahm Kronstadt, dessen Reformationsbüchlein von 1542 ein Kapitel den Schulen widmete.Diese Bestimmungen sind dann auch in der „Kirchenordnung der Deutschen Schulen in Siebenbürgen aufgenommen worden. Die Schulordnung bezieht sich bloß auf die Unterweisung von Knaben, die Zulassung von Mädchen erfolgte erst später und allmählich. Auch für die Jungen wurde nicht, wie gelegentlich behauptet, die allgemeine Schulpflicht eingeführt. Der Schulbesuch war aber erwünscht. Was von diesen Bestimmungen verwirklicht wurde, wissen wir nicht. Es sind aber zumeist Forderungen aufgestellt und Richtlinien gegeben worden. Aus den Jahrzehnten nach der Reformation kennen wir mehrere Schulordnungen und Beschlüsse der Synode, die uns Einblick in das Schulleben gewähren. Am bekanntesten ist das Deutschkreuzer Schulrecht von 1593, das sich in einer Abschrift von 1698 erhalten hat. „Der Schulmeister soll alle kinder, so man in die Schul schickt, fleißig und treulich lehren lesen und schreiben;den meisten Jungen neben den Lateinischen Lectionibus auch eine Griechische fürlesen und fleißig examinieren ad Grammaticam, auf daß sie beyde in Lateinischer und Griechischer Grammatic wohl geübt werden.“ Ferner sollte der Katechismus so oft gelesen werden, bis er auswendig rezitiert werden könne.
Das 17. Jahrhundert brachte keine wesentlichen Neuerungen. Die Schulordnungen sind fast ausschließlich Überarbeitungen älterer Vorlagen. Für den Lehrer bürgerte sich die Bezeichnung „Rektor“ ein. Im Jahre 1660 gab es 238 sächsische Pfarrer und 224 Schulrektoren, was soviel heißt, daß jede Pfarrei eine Schule hatte. Es gab wohl auch in vorreformatorischer Zeit städtische Schulen in Siebenbürgen, die eine gewisse Vorbildung für den Besuch von Universitäten boten. Das erste Gymnasium wurde indessen erst 1541 in Kronstadt gegründet, als in dem Gebäude des südwestlich von der Stadtpfarrkirche gelegenen Katharinenklosters eine Schule eingerichtet wurde. Ihr erster Rektor war Valentin Wagner, der bedeutendste Mitarbeiter des Humanisten und Reformators Honterus und dessen Nachfolger im Amt des Stadtpfarrers. Die Statuten des Gymnasiums, die „Constitution Scholae Coronensis“, wurde 1543 von Honterus nach deutschen Vorbildern ausgearbeitet. In seiner Druckerei gab Honterus mehrere von ihm und von Valentin Wagneer verfaßte Lehrbücher für die neue Anstalt heraus. Honterus Schulordnung sah auch außerunterrichtliche Tätigkeiten vor. Die öffentliche Aufführung von zwei Theaterstücken im Verlauf der Schuljahres, die Mitgestaltung der Volksfeste wie Fastnachtspiele, Hahnenschießen zu Ostern sowie auch Schulausflüge in den Sommermonaten.
Eine wichtige Einrichtung war die Coetus-Schulorganisation, die durch selbstgewählte „Beamte“, den sogenannten Magistrat, das Schülerleben außerhalb des Unterrichts in Selbstverantwortung regelte. Der Coetus gliederte sich in zwanzig Decurien (Zehntschaften) und zwei Centurien (Hundertschaften). Die Führung des Coetus lag in Händen des Rex, dem Zensoren, Centurionen, Decurionen, ein Präfekt (zuständig für Leibesübungen), der Orator (Sprecher), Sekretär, Musiker, Praecepo (Herold) zur Seite standen. Die Schulordnung Kronstadts diente anderen siebenbürgischen Städten als Vorbild bei dem Aufbau eines gymnasialen Unterrichts. Als erste folgte Hermannstadt, wo man schon ab 1545 Gutachten einholte und mehrere Häuser neben dem bestehenden Schulhaus kaufte und gegenüber der Stadtpfarrkirche ein entsprechendes Gebäude aufzog. Im Jahre 1555 konnte die Schule eröffnet werden und als Rektor des Gymnasiums Lukas Unglerus, der spätere Bischof, angestellt werden. In Schäßburg und Mediasch verlief die Entwicklung etwas langsamer. Erst nach 1607, als in Schäßburg die Schule auf den oberen Burgberg verlegt wurde, erfolgte gezielt deren Ausbau zu einem Gymnasium. Die Schulordnung von Rektor Simon Hartmann schuf dafür im Jahre 1620 den organisatorisch-gesetzlichen Rahmen. Mediasch erhielt erst 1637 aufgrund der Schulgesetze von Matthias Miles ein Gymnasium.
Sowohl die Synode als auch die Nationsuniversität beschäftigten sich im 18. Jahrhundert wiederholte Male mit dem Schulwesen und forderten Maßnahmen zu dessen Verbesserung. Eine erste Maßnahme in diesem Sinne erfolgte 1722, als die Synode beschloß, die allgemeine Schulpflicht einzuführen. Im Jahre 1763 besaßen die Sachsen 5 städtische Gymnasien, 236 gewöhnliche Volksschulen und 16 höhere Volksschulen. Eine allgemeine Neuregelung für das Volksschulwesen brachte die Schulordnung von Bischof Georg Daniel Neugeboren aus dem Jahre 1821 mit sich die aber erst 1837 zur Anwendung gelangte. Danach wurde die Schulpflicht für Knaben von 6. bis 14. und für Mädchen bis zum 12. Lebensjahr festgelegt. Für die größeren Knaben gab es weiterhin bloß die Winterschule.
(Fortsetzung folgt)
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