Aus der Chronik von Keisd/ von Gernot Nussbächer
13.08.09
Eine der wohlhabendsten und volksreichsten Ortschaften des Schäßburger Stuhles
Die Anfänge der Gemeinde Keisd bei Schäßburg erhellen die uns erhalten gebliebenen Urkunden nicht, doch dürften sie in die zweite Hälfte des 12. Jahrhunderts anzusetzen sein. Dass Keisd schon früh eine bedeutende Ansiedlung war, geht auch daraus hervor, dass nach ihm das Keisder Kapitel benannt wurde. Im 14. Jahrhundert wurde das an der Kokel günstiger gelegene Schäßburg zum Vorort der umliegenden Dörfer des Schäßburger Stuhles.
Das älteste schriftliche Zeugnis in dem Keisd genannt wird, ist die Urkunde über den Prozeß zwischen dem Weißenburger Kapitel und einigen sächsischen Dekanaten aus dem Jahre 1309. Darin werden als Vertreter des „Kapitels der Plebane von Kyzd" angeführt: der Dechant Bertoldus, Pleban von Zegus (Schaas), Johannes de Schesburg, Hermannus de Dala (Denndorf), Nicolaus de Apoldia (Trappold) und Georgius de Kyzde (Keisd).
In einer Urkunde aus dem Jahre 1337 sind Danyel, Mychael, Nycolaus und Petrus, Söhne des Wernher de Kyzd, als „Älteste" des Schäßburger Stuhles angeführt.
Mehrere Keisder nahmen 1345 an einem Plünderungszug nach Neudorf und Rauthal teil, Besitzungen des Adligen Johannes, Sohn des Gegus von Malmkrog.
Im Juni 1356 fand ein ähnlicher Zug in die Besitzungen des Adligen Jacobus, Sohn des Geubul statt, an dem „die ganzen Sachsen" von Kyzd (Keisd), Erkud (Arkeden) und Radus (Radeln), sowie die Bewohner der Dörfer Deutschkreuz, Meschendorf und Klosdorf, die Besitzungen der Kerzer Abtei waren, teilnahmen. Die Ortschaften Teufelsdorf, Schard und Bodendorf wurden geplündert, niedergebrannt und verwüstet. Diese gemeinsame Aktion mehrerer Dörfer dürfte die Antwort auf Übergriffe des Adligen gewesen sein, der auch in Keisd Liegenschaften besaß. Erst nach mehr als dreißig Jahren (1389) verkaufte Ladislaus, der Sohn des Jacobus, der Gemeinde Keisd seine Mühle für 350 Gulden. So hatte die Dorfgemeinschaft die Gefahr, in Abhängigkeit der Adligen von Teufelsdorf zu geraten, beseitigt.
In der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts, wahrscheinlich im Zuge der von Ludwig I. im Jahre 1366 in Siebenbürgen durchgeführten Verwaltungsreformen, wurde in Anbetracht der alten Bedeutung von Keisd dem Marktflecken eine selbständige Rechtsprechung zugestanden, die durch einen Königsrichter und den Rat von Keisd ausgeübt werden sollte. Da das wirtschaftlich erstarkte Schäßburg versuchte, diese Sonderstellung von Keisd innerhalb des Schäßburger Stuhles zu beeinträchtigen, ließen sich die Keisder ihre Privilegien im Jahre 1419 durch König Sigismund von Luxemburg bestätigen. Königsrichter und Rat von Keisd waren in allen Rechtsfällen erste Instanz, während die Appellationen an den Magistrat von Schäßburg und gegebenenfalls von da weiter an die Versammlung der Sieben Stühle in Hermannstadt gehen sollten. In der Urkunde von 1419 wird Keisd sogar „civitas Zaazkyzd", also „Stadt" genannt.
Der Magistrat von Schäßburg erkannte jedoch der Ortschaft nur die Bezeichnung „oppidum" (Marktflecken) zu, wie aus einer Urkunde von 1450 ersichtlich ist. Damals nämlich kaufte der Marktflecken Keisd von den Teufelsdorfer Adligen Michael und Johann 40 Joch Grund und einen Hof für 20 Goldgulden.
Es ist interessant zu erfahren, daß im Jahre 1460 in Keisd eine Versammlung der Szekler stattfand.
Am 4. November 1467 weilte König Matthias Corvinus auf seinem Zuge von Schäßburg nach Kronstadt auch in Keisd. Drei Jahre später befreite der siebenbürgische Wojwode die Hälfte der Ortseinwohner von der Heeresfolge in Kriegsfällen, um die Burg zu schützen.
Die Keisder Bauernburg erhebt sich westlich der Gemeinde auf dem Burgberg (Burchreech) und ist in ihrer ursprünglichen Anlage wahrscheinlich Ende des 14. Jahrhunderts errichtet worden. Die früher durchschnittlich 10 Meter hohe Ringmauer bildet ein unregelmäßiges Vieleck mit der größten inneren Länge von 90 Meter und der größten Breite von 52 Meter. An den verteidigungstechnisch wichtigsten Stellen waren folgende sechs Türme gebaut: Wächterturm, Torturm, Pfarrerturm, Fürstenturm, Pulverturm und Schulturm. An der Ostseite der Hauptburg befand sich früher eine Vorburg.
Für die wirtschaftliche Entwicklung des Marktfleckens im 15. Jahrhundert spricht auch das Bestehen einer urkundlich zuerst 1478 und 1479 erwähnten Kürschnerzunft.
Aus dem Jahre 1488 stammt die älteste Volkszahlungsliste für die Sieben Stühle, in der auch Keisd angeführt wird. Es hatte damals 209 Wirte, 1 Schulmeister, 2 Mühlen, 7 Sedler (Einwohner ohne eigenen Hausbesitz) und 8 Hirten.
Nach der Stadt Schäßburg, die 600 Wirte zählte, war Keisd die größte Ortschaft des Schäßburger Stuhles, vor Schaas (107 Wirte), Arkeden (105), Trappold (89) und Bodendorf (88). In den Sieben Stühlen hatten damals Mühlbach 238, Heltau 228, Agnetheln 187 und Reps 152 Wirte; Keisd gehörte also zu jener Zeit zu den volkreichsten Gemeinden, gleichzeitig auch zu den wohlhabendsten Ortschaften.
Am Ende des 15. Jahrhunderts gingen die Keisder daran, eine neue Kirche zu errichten, deren Bau in den Jahren 1493 - 1525 von den Sieben Stühlen finanziell unterstützt wurde. Für die Dauer des Kirchenbaus wurden die Bewohner von Keisd durch den siebenbügischen Wojwoden von allen militärischen Einquartierungen befreit (1493).
Im Jahre 1508 wird die Keisder Schusterzunft urkundlich genannt, während die Schmiedezunft in Keisd seit 1535 nachweisbar ist. Im 16. Jahrhundert waren die Keisder Zünfte Mitglieder der Landesunion der Zünfte.
Infolge der Gewerbeentwicklung in Keisd konnte der Markt am 20. Februar 1577 vom siebenbürgischen Wojwoden Christoph Bathori die Ausstellung eines Jahrmarktprivilegiums erwirken. Der Jahrmarkt sollte alljährlich am Montag vor Himmelfahrt und an den darauf folgenden zwei Tagen gehalten werden.
Auch die weitere Geschichte von Keisd ist reich an interessanten Geschehnissen. Das bedeutendste davon, der Keisder Aufstand von 1673, wurde in mehreren Gedenkartikeln in unserer Presse gewürdigt.
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