Kirche im Kaukasus (I)
05.05.22
Tiflis, Georgien. Vom 29. März bis zum 2. April besuchte eine Abordnung des „ZETO“(Zentrum für Theologie – OST) und der „GEKE“ (Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa) unter der Leitung von Pfarrer Dr. Stefan Cosoroaba, die evangelisch-lutherische Kirche im Kaukasus mit Bischofssitz in Tiflis. Mit dabei waren Pfarrer Uwe Seidner aus Wolkendorf, Osteuropakorrespondent und Bogdan Muntean, Schriftführer.
Schon seit den Anfängen des 19. Jahrhunderts gibt es im Kaukasus eine evangelisch-lutherische Kirche. Sie erstreckte sich über die Gebiete Georgiens, Armeniens und Aserbaidschans. Nach den Napoleonischen Kriegen in Westeuropa sind vor allem aus den Gebieten um Ulm an der Donau zahlreiche Menschen in dieses Gebiet auf Ruf des Zaren aufgebrochen. Mit ihren Ulmer Schachteln“ schifften sie die Donau entlang bis nach Galati und Ismail. Von da ging es nach zahlreichen Entbehrungen auf dem Landweg weiter. Der Weg führte sie auf über 2000 Höhenmetern über die georgische Heerstraße am Kazbeg. Krankheiten und Not dezimierten die Siedlergruppe stark. Doch letztendlich erreichten sie das Tal des Flusses Kura. In diesem Tal, in dem sich auch die Hauptstadt Tiflis befindet, gründeten sie ihre Siedlungen. Die Ortschaften erhielten vorwiegend die Namen der Kinder des Zaren. Die Gründe ihrer Auswanderung, das zu einem großen Abenteuer wurde, waren unterschiedliche. Manche Menschen wollten am Fuß des Berges Ararat die „Endzeit“ erwarten, andere wiederum erkannten in der Ferne neue Perspektiven. Die Endzeit kam nicht, aber die ersehnten Perspektiven haben sich für viele verwirklicht. Die geschichtlichen Umbrüche in stalinistischer Zeit haben alles über den Haufen geworfen. All diese Menschen wurden ab den 30ger Jahren in Arbeitslager nach Zentralasien deportiert. Wenigen gelang es zu bleiben. Die Verschleppten verweilten Jahrzehnte unter schwierigsten Bedingungen, doch nach der „Perestroika“ unter Mikhail Gorbatschow gab es einen Neuanfang. Menschen kehrten zurück. Prof. Gert Hummel, ein Universitätsprofessor aus dem Saarland, stieß nach 1991 auf diese versprengten Glaubensgenossen in der Hauptstadt und organisierte die Kirche neu. Gert Hummel sollte erster Bischof der evangelischen Kirche im Kaukasus werden. Auf dem alten evangelischen Friedhofsgelände wurde die neue „Versöhnungskirche“ erbaut. Das alte neugotische Kirchengebäude war nämlich noch unter den Sowjets gesprengt worden. Heute besteht die kleine evangelische Kirche aus etwa 500 Mitgliedern. Auch wenn die Kirche sich in ihrer Vergangenheit durch die deutsche Sprache und Kultur identifiziert hat, so vereint sie heute Mitglieder aus unterschiedlichen Volkgruppen: Deutschstämmige, Russen, Georgier u.a. Diese sind auf sieben Gemeinden in Georgien aufgeteilt: Tiflis, Rustawi, Bolnisi, Gardabani, Borjomi, Asureti sowie Suchumi, in der separatistischen Republik Abchasien, die unter russischer Kontrolle steht. Weiter werden auch die Gemeinden aus Baku in Aserbaidschan und Erewan in Armenien betreut. Unser Augenmerk lag nun darauf, von dem amtierenden Bischof Markus Schoch zu erfahren, welches die Situation der evangelischen Minderheitskirche in diesem mehrheitlich orthodoxen Umfeld ist. Ähnlich wie bei uns in Rumänien bekennt sich mehr als zwei Drittel der georgischen Bevölkerung zur georgisch-orthodoxen Kirche mit eigenem Patriarchat. Die orthodoxe Kirche in Georgien hat einen großen Einfluss auf das traditionelle Alltagsleben der Gläubigen und genießt Verfassungsrang.
Uwe Seidner / Wolkendorf
Fortsetzung in der nächsten Ausgabe der KR
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