„Vielfalt erleben!“
18.07.19
Theaterperformance bringt 19 Jugendliche aus Rumänien und Deutschland zusammen
„Es tut uns leid. Du gehörst nicht dazu“. Diese Worte sind es, die einem lange Zeit nach Ende der Theaterperformance, die am Abend des 14. Juli in der Redoute stattgefunden hat, im Kopf bleiben. Jeder hat sie wenigstens einmal im Leben gehört oder sogar ausgesprochen. Auf der Bühne muss ein Junge in rotem T-Shirt diese Worte jedes Mal hören, wenn er versucht, sich einer Gruppe von Jugendlichen in weißem T-Shirt zu nähern. 17 junge Leute in weißem T-Shirt gegen einen einzigen jungen Mann, der eine andere Farbe trägt wie sie. Leute werden ausgegrenzt, nur weil sie anders sind. Die Ankunft eines „Fremden“ bringt die Gemeinschaft in Aufruhr, wie etwa eine Schulklasse, eine Nachbarschaft oder ein Dorf in der Provinz. Am Ende steht der Junge allein da. Bis ein Mädchen in blauem T-Shirt erscheint. Sie ist auch verschieden. Doch sie zeigt dem Jungen, dass Anderssein eigentlich schön ist.
Austausch zwischen Jugendlichen wurde gefördert
Die Aufführung in der Redoute stellte den Abschluss des ersten Teil des Projektes „Vielfalt erleben“ dar, im Rahmen dessen 19 Jugendliche aus Deutschland und Rumänien sich für je 10 Tage in den beiden Ländern treffen und austauschen. Bei den Jugendlichen aus Rumänien handelt es sich um Schüler des Johannes Honterus-Lyzeums und des Mesota-Kollegs. Die Theaterperformance haben sie unter professioneller Anleitung entwickelt. Thematisch soll sich alles um das Zusammenleben verschiedener Ethnien in Vergangenheit und Gegenwart drehen. Das Austauschprojekt „Vielfalt erleben!“ wurde auf Initiative der Kulturreferentin für Siebenbürgen Heinke Fabritius entwickelt. Die Kunsthistorikerin ist in Siebenbürgen aufgewachsen, deshalb ist es ihr umso wichtig, die Kultur und Geschichte dieser Region im Kontext ihres multiethnischen und multireligiösen Umfelds zu vermitteln. Ziel von „Vielfalt erleben!“ ist es, durch Improvisation und szenisches Spiel die Begegnung und den Austausch zwischen den Jugendlichen zu fördern. So wurden sie für die vielfältige, von Multiethnizität geprägte, Geschichte der Regionen Europas sensibilisiert. Theaterspielen fördert Teamarbeit, Bereitschaft für Kooperation, bietet eine Chance, sich mit anderen Leuten auseinanderzusetzen. Es fördert Kritikfähigkeit, ermöglicht Empathie und erweitert den Horizont. Durch Theaterarbeit werden das Selbstvertrauen und das Selbstbewusstsein gestärkt, Kreativität und Phantasie werden angeregt. Und auch Freundschaften konnten während dieser Begegnung geschlossen werden.
Eine Reise durch Rumänien
Im Zentrum des Projektes „Vielfalt erleben!“ steht die Verankerung von Wissen über historische Entwicklungen sowie der Erfahrungsaustausch über die gegenwärtigen Lebenswirklichkeiten der Jugendlichen in Bezug auf Multiethnizität. „Das Thematisieren und Verarbeiten der eigenen Erfahrungen im Theaterspiel versetzt die jungen Menschen unmittelbar in einen Prozess der Auseinandersetzung mit der Europäischen Idee. Sie reflektieren damit ihre Vorstellung für ein selbstbestimmtes, solidarisches, verantwortungsvolles und damit demokratisches Zusammenleben in Europa“, meinen die Initiatoren des Projektes. Projektträger und Kooperationspartner sind der Ludwig Wolker-Verein aus Berlin und der Honterus Alumni Club, sowie das Deutsche Jugendforum aus Kronstadt und der Bund der Deutschen Katholischen Jugend aus Berlin. Während der ersten Begegnung in Rumänien (zwischen dem 7. und dem 17. Juli) haben die Jugendlichen Klausenburg, Katzendorf, Kronstadt und Bukarest besucht. Für die jungen Leute aus Deutschland (die meisten kommen aus der Umgebung von Berlin) war es das erste Mal in Rumänien. Viele wussten vor ihrer Reise nicht, dass es hier eine deutsche Minderheit gibt. Von der Multikulturalität in Siebenbürgen haben sie erst während ihrer Reise erfahren. Zusammen mit den Regisseurinnen Mirona St²nescu und Tania Freitag haben sie in zehn Tagen an ihrer Theaterperformance gearbeitet. Alle haben dazu beigetragen.
Die Schönheit liegt in der Vielfalt
Jeder von uns kennt einen Jungen in rotem T-Shirt. Oder er war vielleicht selbst einer. Über Ausgrenzung, Alleinsein, dem Bedürfnis, Freunde zu haben und zu einer Gruppe zu gehören ging es in der Performance der 19 Jugendlichen. Der Mensch ist ein soziales Wesen. Seit es den Menschen gibt war es von Vorteil, Bindungen mit anderen Menschen einzugehen. Die Zugehörigkeit zu einer Gemeinschaft hat sich zu einem grundlegenden menschlichen Bedürfnis entwickelt. Das Erleben von sozialer Ausgrenzung hingegen kann schwerwiegende Folgen für die körperliche und geistige Gesundheit nach sich ziehen. Besonders im Kindes- und Jugendalter stellt soziale Ausgrenzung eine besondere Herausforderung dar. Auf diese Aspekte wollten die Jugendlichen durch ihre Performance aufmerksam machen. Durch Tanz und Bewegung vermittelten sie eine schöne Botschaft: das Anderssein sollte uns die Gelegenheit geben, sich an unserer Authentizität und Einzigartigkeit zu erfreuen. Nach der gelungenen Performance in der Redoute haben die Jugendlichen in einem Publikumsgespräch über ihre Erfahrung erzählt. Auf die Frage „Wie habt ihr das Thema ausgewählt?“ antworteten sie, dass es die Vielfalt war, die sie erkunden wollten. Obwohl es sich bei den jungen Schauspielern um eine gemischte Gruppe handelt, funktionierten sie wie ein Ganzes. „Sie können sicher nicht erkennen, wer aus Deutschland kommt und wer aus Rumänien“, meinte die Regisseurin Mirona Stanescu am Ende der Performance. Es folgt eine zweite Begegnung, zwischen dem 4. und dem 14. Oktober in Berlin, Potsdam, Greifswald und Stralsund.
Elise Wilk
Foto: Deutsche und rumänische Jugendliche auf derselben Bühne.
Die Kronstädter Wochenschrift "Karpatenrundschau" erscheint als Beilage in der "Allgemeinen Deutschen Zeitung für Rumänien".
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