Vor 50 Jahren
17.12.09
Wer 1989 vier Jahre alt war, so wie ich, kann sich an die Zeit vor der Wende kaum erinnern. Ein Blick in die Volkszeitung von 1959 ist deshalb für mich ein Ereignis. Beim Durchblättern der Ausgabe vom 17. Dezember - genau vor 50 Jahren erschienen - trifft man auf eine vergangene Welt, auf Ereignisse die sich nicht in Kronstadt, sondern in Stalinstadt abspielten. Schon der Untertitel der Zeitung, „Organ des Regionskomitees der RAP und des Volksrates der Region Stalin“ gibt einen Einblick in die Wirklichkeit der 50er Jahre. Eine Werbeanzeige lautet: „Die Güte der erstklassigen Stoffe. Erzeugnisse der Stalinstädter Tuchfabrik 'Partizanul Rosu' sind im ganzen Land ein Begriff“. Die Sportschau berichtet unter anderem von den Spielen der Ligamannschaften: Steagul Rosu Stalinstadt gegen Progresul Bukarest oder Stiinta Bukarest gegen Vointa Stalinstadt. Die Seite „Weltgeschehen“ bringt vor allem Nachrichten aus der UdSSR, der DDR, aus Polen und anderen Ländern des Ostblocks. Die Nachrichten aus „dem Westen“ (zum Beispiel eine mit dem Titel „Blutbesudelter Adenauer-Minister“) sind keine guten, das überrascht aber nicht. Nur die Vereinten Nationen tagten damals wie jetzt – die einzige Internationale, die überlebt hat? Der Alltag der Jugendlichen widerspiegelt sich in der Rubrik „Das rote Halstuch“ über die Aktivitäten der Pioniere. Eine Nachricht gefällt mir: die Aktion „Jedem Schüler eine Zeitung“, die in einer Hermannstädter Schule stattfand. 303 Schüler hatten Zeitungen abonniert. Man fragt sich: war das freiwillig? Immerhin, schön wär's, wenn heute mindestens halb so viel Interesse an Zeitungen unter den Schülern bestünde. Die Wirtschaftsnachrichten berichten von unzähligen Betrieben, die den Jahresplan oder „Jahressoll“ vorfristig erfüllt hatten. Auch das Kinoprogramm sieht interessant aus: erstens, weil damals viel mehr Kinos funktionierten als heute – ein Kinosaal hieß „Vasile Roaita“. Filme wie „Die Nachkommen von Kao Chin“ würde ich mir aus Neugier anschauen. Eine wohltuende Brücke über die Zeit schlägt ein kleiner Beitrag auf der Kulturseite: 200 Jahre Schiller wurden damals gefeiert, jetzt sind es 250 und seine Theaterstücke waren damals und heute genauso beliebt. Ich freue mich aber doch, dass ich sie jetzt und nicht damals erleben darf. (CC)
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