APOLLONIA-HIRSCHER-PREISVERLEIHUNG 2017



Laudatio auf Werner Lehni/Von Dr. Albrecht Klein


Lieber Werner,

Peter Bamm sagte: „Tätig ist man immer in einem gewissen Lärm. Wirken geht in der Stille vor sich.“
Es ist mir eine große Ehre und Freude, heute über Dich einige Worte zu sagen und gleichzeitig den Dank dafür auszudrücken, dass wir Dich in unserer Mitte haben.
Du hast es stets verstanden, von der Öffentlichkeit unbemerkt zu handeln: aufgrund Deines Feingefühls, Deiner Bescheidenheit und Deiner Charaktereigenschaften.
Ein grundehrlicher, bewusster Christ mit einem hohen Grad an sozialem Denken, dessen Ursprung im Elternhaus und im Religionsunterricht zu finden ist, steht heute hier und fragt sich, ob er in seinem Leben wirklich so viel für die Kronstädter Gesellschaft, seine Mitmenschen, die Forumsmitglieder, Glaubensbrüder und Freunde getan hat, dass dieses publik gemacht werden soll.
Ja, lieber Werner, das hast Du tatsächlich. Vorweg möchte ich nur erwähnen, dass durch Deine besondere Arbeit ein Teil der Burzenländer Bevölkerung einerseits klares, reines Wasser zum Trinken hatte und dass andererseits klare Abwässer aus den Kläranlagen herausfloss.

Wenden wir uns nun der Person von WERNER BERNHARD LEHNI zu:
Werner wird am 5. September 1937 in Reps als drittes Kind der Familie geboren. Vater Friedrich besitzt eine Wagnerwerkstatt, Mutter Irene ist die einzige Kindergärtnerin im deutschen Kindergarten. Sie sieht ihren Dienst als Berufung an, als Möglichkeit, den Kindern so viel von den guten Seiten des Lebens beizubringen, damit sie im späteren Leben gut zurechtkommen. Als infolge der Deportation nach Russland auch in Reps akuter Lehrermangel herrscht, springt sie selbstverständlich ein.
Als Werner noch nicht sieben Jahre alt ist, erliegt sein Vater einer Gehirnhautentzündung. Für die drei Geschwister: Helga, 12, Raimar, 10 und Werner, 6, und die alleinerziehende Mutter beginnt eine furchtbare Zeit: Zusammenbruch, Enteignung, Verschleppung, die materielle Not gar nicht zu betonen. Die drei Kinder wachsen so, wie es damals üblich war, heran: Sie helfen Mutter und Großvater im Haus und auf dem Feld.
Eine große psychologische Stütze finden die Kinder in Pfarrer Oskar Löffler, der ihnen das Vertrauen zu Gott einprägen konnte. Diesen Halt im Leben hat er bis heute. Mit 14 wird er konfirmiert. Im Alter von 15 Jahren geht er nach Hermannstadt, um die deutsche Abteilung der Technischen Mittelschule für Metallurgie zu besuchen. Aufgrund einer Schulreform wird diese Schule 1955, also drei Jahre später, aufgelöst. Nun wird er ein Jahr heruntergestuft und als Schlosser für die Holzverarbeitungsindustrie von den ihm schon bekannten Lehrern ausgebildet. Im Jahr 1956 besteht Werner die Differenzprüfungen für die Lyzeumsklassen und erwirbt das Abitur.
Auf Umwegen kommt Werner Lehni nach Kronstadt, wo er mit den Folgen der ungarischen Revolution von 1956 zu kämpfen hat. Hier kommt er in Verbindung mit der Vortragsreihe, die in der Sakristei der Schwarzen Kirche abgehalten wird. Diese besucht er gerne. 1957 wird er zum Militärdienst nach Craiova einberufen, wo er als Elektriker arbeitet. Vom Militärdienst zurückgekehrt, landet er 1960 beim Kronstädter Unternehmen für Kommunalwirtschaft.
In den Jahren 1963–1965 besucht Werner Lehni die Hermannstädter Meisterschule und besteht hier die Meisterprüfung für Wasserleitungen und Wasserwerke. Ab 1965 arbeitet er in Zeiden als Meister. 1977 wird ihm die Wasserversorgung von Marienburg zusammen mit dem Sektor „Crizbav“ anvertraut. Der Aufbau war schon ein Jahr später abgeschlossen. Danach wird Werner mit der Leitung der Kläranlage von Kronstadt betraut. Im Jahr 1981 stirbt seine Mutter in München. Sie war ein großes Vorbild. Als er von der Bestattung nach Kronstadt zurückkehrt, ist sein Posten vergeben. Er ist stellvertretender Leiter der Kläranlage bis zur seiner Pensionierung.

Kommen wir nun zum Privatleben von Werner Lehni:
Werner Lehni heiratet am 2. August 1969 Emma Roth. Das Paar bekommt zwei Kinder: Uwe und Astrid. Doch schon 1984 erliegt Emma, seine Seelenverwandte, einem schweren Leiden. Werner erzieht nun alleine die beiden Kinder, das Vorbild seiner eigenen Mutter hilft ihm dabei sehr. Ohne zu klagen widmet er sich gewissenhaft den familiären Aufgaben und ist stolz, dass beide Kinder am Honteruslyzeum absolvieren und sich in Deutschland eine Existenz aufgebaut haben. Er bleibt jedoch in Kronstadt, weil er davon überzeugt ist, hier für die Gemeinschaft Aufgaben zu haben. Eine Gemeinschaft, die eigentlich jeden brauchen kann. Die Bande zu der Siebenbürger Gemeinschaft sind stärker als der Drang nach einem Leben „am Rech“. Nun erlebt er auch Großvaterfreuden mit den zwei Buben seiner Tochter.
Trotz der vielen persönlichen Schicksalsschläge und zusätzlichen Aufgaben gelingt es unserem Preisträger, pünktlich in die Chorproben des Bartholomäer Kirchenchores zu kommen, in der Nachbarschaft mitzumachen und aktives Mitglied der Bartholomäer Kirchengemeinde zu sein. Er wird in alle Gremien gewählt - vom Mitglied der Gemeindevertretung bis zum Kurator -, weil sein Verständnis für die Gemeinschaft und die Gemeinde auf treuen Werten gründet, Werte, die er als Kind schätzen lernte.
Als 1990 die Diskussionen um die Gründung des Demokratischen Forums der Deutschen in vollem Gange sind, ist er selbstverständlich immer dabei: schweigsam, aber entschlossen, aktiv mitzumachen. So ist er das erste eingetragene Mitglied des Demokratischen Forums der Deutschen – könnte man sagen, er ist die Nummer eins des Forums?
Ihm geht es immer darum, die Sachen nicht nur zu studieren und ewig zu zerreden, sondern praktisch und gezielt zu handeln. Als in Bartholomae Kurator Klöckner nicht mehr kandidiert, wird der langjährige Presbyter Werner Lehni Kurator.
Im Jahr 1992 heiratet er Erika Gorgias, die ehemalige Musiklehrerin von Tochter Astrid. Bald darauf erblickt Sohn Markus das Licht der Welt. Das normale Familienleben kehrt wieder ein. Erika macht aktiv im Gemeindechor mit, und das Engagement von Werner für die Gemeinschaft wächst.
Als disziplinierter Sachse versucht Werner, immer allen Anforderungen gerecht zu werden: Einladungen von INA Schaeffler, alle Sitzungen und Veranstaltungen des Deutschen Forums, des Presbyteriums, dann Kuratorentreffen, Männerabend, Bartholomäusfest, um nur einige zu nennen, er ist immer gern dabei und gestaltet aktiv mit.
Sein ganzes Sein hat viele Schwerpunkte. Jedoch am wichtigsten sind mit Sicherheit seine Überlegungen zu Themen wie soziale Gerechtigkeit, Hilfsbedürftigkeit, Ehrlichkeit, Toleranz, Zusammenhalt und Friedfertigkeit. Bei jeder Diskussion über Frevel versucht Werner Lehni, ein Argument für mildernde Umstände zu finden. Dieses ist ein Teil des Selbstverständnisses seiner christlichen Prägung.
Werner Lehni ist sich dessen bewusst, dass unsere Gemeinschaft nicht immer zu dem Zeitpunkt die nötige Hilfe erhält, an dem sie sie braucht. Er sorgt sich um das Wohlergehen unserer Gemeindemitglieder, vor allem derer, die in Not sind, und treibt das Presbyterium, die diakonischen Unterstützungsmittel zu bewilligen, die unseren Kranken jetzt zugutekommen. Johann Wolfgang von Goethe sagte einmal: „Es muss von Herzen kommen, was auf Herzen wirken soll.“ Das trifft hier genau zu.

Werner Lehni schöpft seine Kraft unter anderem aus der Natur. Er wandert gerne und fotografiert die schönen Dinge des Lebens. Manche Leute sammeln Briefmarken, manche 500 -€-Scheine – Werner Lehni sammelt die ADZ. Ich weiß nicht genau, wie viele Jahrgänge er komplett hat, aber die Jahrgänge nach 1990 hat er sicher.
Der Lebenslauf von Werner Lehni ist geprägt von immer neuen einschneidenden Änderungen persönlicher oder professioneller Art. Wendungen, die sehr viel von Werner abverlangen, die ihn aber auch erst zu dem Menschen machen, der heute vor uns steht: freundlich, gelassen, feinsinnig, tiefgründig, verantwortungsvoll, mit einer Prise Humor, der die Kraft aus der Schönheit der Natur schöpft.

Und nun kommt Werner Lehnis Frage: Womit habe ich den Preis verdient? Meine Antwort ist einfach: In Deiner Freizeit beschäftigst Du Dich mit den vielfältigen und vielschichtigen Problemen unserer Gesellschaft, sie interessieren Dich wirklich und Du gehst ihnen beharrlich auf den Grund, Du bist mehr als 365 x 24 Stunden in Sitzungen gesessen, wo über die Belange unserer Gesellschaft diskutiert und entschieden wurde, Du bekleidest Jahrzehnte hindurch teilweise die höchsten Ehrenämter unserer Gemeinschaft, verantwortest sowohl im Forum als auch in der Kirche für alle Vorgänge und garantierst mit Deiner Ehre und Deinem Namen für das Wohl unserer Gemeinschaft.
Durch die Verleihung dieses Preises zeigen wir die Anerkennung und Wertschätzung Deiner Überzeugung, Deiner Person und Deines Wirkens.
Wir wünschen Dir von Herzen alles Gute, Gesundheit und für Deine weiteren Vorhaben viel Schaffenskraft und Freude! Danke.