Auf zwei Rädern durch die Stadt
09.07.20
Wird Kronstadt freundlicher für Radfahrer?
Während des Corona-Lockdowns im Frühling war Kronstadt ein Paradies für Radfahrer: es herrschte wenig Verkehr, die Straßen im Stadtzentrum waren auto- und fußgängerleer. Sogar auf der Purzengasse, die sonst an sonnigen Tagen voller Leute ist, sah man kaum jemanden. Die einzigen Menschen, die man als Fahrradfahrer an den sonnigen Aprilvormittagen traf, waren die Glovo-Kouriere, die mit ihren riesigen, knallgrünen Taschen vor der Mac Donalds- Theke neben dem Modarom-Gebäude warteten. Man konnte sein Fahhrad an mehreren Orten abstellen: neben dem Dramentheater, am Gemüsemarkt beim Star-Kaufhaus, neben dem Postgebäude, vor dem Lokal Bistro de L’Arte- an vielen Orten gibt es inzwischen Fahrradständer. Inzwischen ist die Quarantäne vorbei und fürs Radfahren braucht man starke Nerven: auf dem schmalen Fahrradweg, der die Langgasse hinauffährt, sind Autos geparkt, auf der Mittelgasse fahren die Autos so schnell vorbei, dass man Angst bekommt und schweißgebadet auf den Fußgängersteig wechselt. Jetzt merkt man wieder, wie schlecht es um die Fahrradwege in der Stadt steht. Die knapp 20 Kilometer sind noch immer nicht vernetzt, obwohl viele Politiker schon vor Jahren in ihren Kampagnen damit geworben haben.
Trotzdem wollen immer mehr Kronstädter den nachhaltigen Transport mit Bewegung und Sport verbinden und sind mit dem Rad in der Stadt unterwegs. Manche investieren sogar in ein Elektrorad, obwohl es teurer ist und wie ein Magnet auf Fahrraddiebe wirkt. Auch Mountainbike ist ein Sport, der sich in Kronstadt immer größerer Popularität erfreut. „Ich wünsche mir sehr stark, dass es in den nächsten Jahren immer mehr Radfahrer jeden Alters in Kronstadt gibt und dass die Schulerau ein Tourismuszentrum für Mountainbike wird“, erklärte vor Kurzem der Bürgermeister George Scripcaru, der sich mit neuen Versprechen auf sein fünftes Mandat vorbereitet. Die Pläne, die seit ein paar Jahren auf dem Papier stehen, werden nun wieder aufgegriffen. In der Stadt soll es zwei neue Fahrradwege geben und in der Schulerau drei Mountainbike-Routen. Doch auch außerhalb Kronstadts gibt es Wege, die sich perfekt für die Erkundung auf dem Fahrradsattel eignen.
Neue Pisten in der Stadt
Das Bürgermeisteramt hat vor Kurzem bekanntgegeben, dass das Fahrradwegnetz in der Stadt unter der Zinne endlich erweitert wird. Zwei neue Pisten werden somit entstehen. Die erste führt von der Endhaltestelle der Kronstädter Verkehrsregie im Astra-Viertel (Poienelor-Bushaltestelle) zum neuen Geschäftszentrum (ehemaliger Hidromecanica-Platz) über folgende Trasse: Poienelor – Saturn – Nebenstraßen im Florilor-Viertel – Vlahuta – Garii – Victoriei– Kogalniceanu. Die 6 Kilometer lange Piste wird sowohl auf der Fahrbahn als auch auf dem Gehsteig angelegt. Der zweite Fahrradweg führt von „La Iepure” im Ragado-Viertel über den Boulevard Valea Cetatii, die Alecsandri-Straße und die Carpati-Straße zur Poienelor-Haltestelle, wo die erste Piste beginnt. Auf beiden Fahrradwegen werden Stationen angebracht, wo die Fahrräder abgestellt oder geliehen werden können. Für die Einrichtung der beiden Pisten hat das Bürgermeisteramt europäische Gelder beantragt. Es ist noch nicht klar, wann die Fahrradwege fertiggestellt sein werden. Die neuen Pisten sind eine gute Nachricht für Fahrradfahrer, trotzdem treten auf den Radwegen dauernd Probleme auf. Auf den sehr schmalen Radfahrerwegen, die am Straßenrand markiert sind, befinden sich oft geparkte Wagen oder andere Hindernisse wie Kanalabflüsse und Pfosten. Das kann für einen Radfahrer lebensgefährlich sein.
Mountainbikewege in der Schulerau
Fans des Mountainbike beklagen seit Jahren das Fehlen einer entsprechenden Struktur in der Schulerau. Nun soll sich die Situation ändern- mit einem neuen Radweg- und Mountainbikenetz soll der populäre Bergkurort in ein paar Jahren für alle Rad-Enthusiasten das perfekte Umfeld bieten. Auf drei markierten und bestens beschilderten MTB-Touren, insgesamt 9.1 Kilometer lang, kann in Zukunft die alpine Bergwelt erkundet werden, oder einfach gemütliche Genuss-Touren unternommen werden. Sonderpisten für MTB-Fahrer würden das touristische Angebot der Schulerau bereichern, das bisher hauptsächlich auf Wintersport ausgerichtet ist. Ein grenzenloses Fahrvergnügen auf Touren und Trails im Schuler-Gebirge, mit signalisierten Mountainbike-Routen und Entdeckungstouren durch Wälder und Täler- das versprechen die Kronstädter Lokalbehörden seit ein paar Jahren. Jetzt befindet sich das Projekt in der Etappe, wo die Dossiers für die zukünftige Auktion geprüft werden. Die Firma, die die Auktion gewinnt, muss die drei MTB-Wege (Schwierigkeitsgrad: leicht, mittel und schwer) in 20 Monaten fertigstellen. Das bedeutet, dass die ersten Trassen voraussichtlich im Sommer 2022 eröffnet werden. Für den Transport der Mountainbikes wird aber schon jetzt gesorgt: die Busse der Öffentlichen Verkehrsregie transportieren diese täglich in den Sommermonaten in die Schulerau. Die Fahrräder werden mit Hilfe eines Fahrradträgers, der sich hinten am Heck des Busses befindet, befördert.
Kritische Masse, SkirtBike und Ebike-Mieten
Die Radfahrergemeinschaft aus Kronstadt wächst jedes Jahr. Vor der Corona-Pandemie traf sich die „Kritische Masse“ regelmäßig vor dem Kronstädter Rathaus. Danach fuhren über 200 Personen auf einer vorher festgelegten Tour einenhalb Stunden durch die Stadt, wobei das Ziel ist, als kompakte Gruppe im Stadtverkehr aufzutreten um als gleichberechtigte Verkehrspartner wahrgenommen zu werden. Dasselbe passiert bei „SkirtBike“- einer Aktion für Frauen, die gern Fahrrad fahren und dabei schicke Kleidung tragen. Das Event wird einmal pro Jahr im Sommer in Kronstadt und auch in anderen Städten Rumäniens organisiert.
Ungefähr 200 Frauen in Röcken oder Kleidern, mit Blumen im Fahrradkorb, radeln etwa zwei Stunden durch die Straßen der Stadt, wobei die Tour mit einem Picknick im Coresi-Park endet. Wer noch kein Fahrrad hat, aber gerne ausprobieren will, wie es sich anfühlt, kann sich eins am Marktplatz mieten. Die Aktion wird von den Kronstädter Lokalbehörden gefördert. Falls man ausprobieren will, wie sich eine Fahrt mit dem Ebike anfühlt, kann man eins vom Anger oder unter likebike.ro mieten. Die Preise beginnen bei bei 90 Lei für 4 Stunden.
Offroad-Touren, Musik und Kirchenburgen
Immer öfter werden professionelle Touren mit Mountainbikes im Gebirge oder auf Forstwegen organisiert. Auch stellen immer mehr Pensionen und Hotels ihren Gästen Fahrräder zur Verfügung, um die Umgebung zu erkunden. Auch Offroad-Touren haben im Sommer das Sagen. Im Rahmen des Programms „Bike&Like“ finden Fahrradtouren statt, die an mehreren Kirchenburgen vorbeiführen. Die Touren bestehen aus einem sportlichen Teil („Bike“) mit zwei Off-Road-Etappen und einem kulturell-touristischen Teil („Like“). Auch andere Initiativen kombinieren Fahrradtouren mit Tourismus und kulturellen Events- so reisen beispielsweise zum ersten Konzert der Kirchenmusikreihe „Musica Barcensis” (die in diesem Sommer wegen der Coronavirus-Pandemie leider nicht stattfindet) auf Initiative des Vereins Brasovul pedaleaza die Teilnehmer immer auf Fahrrädern an. Derselbe Verein organisiert an Sommerwochenenden verschiedene Radtouren: mal geht es zum Omu-Gipfel, mal zur Curmatura-Hütte im Königsstein, mal nach Sinaia, mal durch malerische Dörfer aus dem Kreis Covasna. Wege, die darauf warten, von abenteuerlustigen Radfahrern entdeckt zu werden, gibt es genug.
Drei Ideen für Fahrradtouren außerhalb Kronstadts
Auch auf eigene Faust, zu zweit oder zusammen mit einer kleinen Gruppe Freunden kann man die Gegend um Kronstadt auf dem Fahrradsattel erkunden. Manche Orte findet man in keinem Reiseführer. So wie Hohlbach, ein malerisches Dorf, das von Hügeln umgeben ist und sich in der Nähe von Wolkendorf befindet. Am besten startet man die Tour aus Wolkendorf, steigt in das Dorf Hohlbach und fährt hinunter ins Dorfzentrum, wo man die Kirche besichtigen kann. Von hier führt der Weg weiter hinunter ins Dorf Paltin. Falls man Zeit hat, kann man nach rechts abbiegen und vier Kilometer bis zur Gang-Höhle radeln (ein Wegweiser zeigt die Richtung an). Wieder zurück auf dem Hauptweg muss man bei der Kreuzung mit dem Weg DN 73 A nach links abbiegen. Man fährt durch das Bergdorf Poiana Marului und anschließend durch Zernen bis zurück nach Wolkendorf. Ein anderer beliebter Fahrradweg, der etwa 20 Kilometer lang ist, verbindet die Dörfer Deutsch-Kreuz, Meschendorf und Deutsch-Weißkirch. Für Profis gibt es auch einen 26 Kilometer Adrenalin-Fahrradweg von Azuga durch den Baiu-Gipfel nach Poiana Tapului, Busteni – Zamora und zurück nach Azuga. Leidenschaftliche Sportler, die jedes Wochenende Rad fahren, schaffen den Weg in etwa fünf Stunden.
Elise Wilk
Die Kronstädter Wochenschrift "Karpatenrundschau" erscheint als Beilage in der "Allgemeinen Deutschen Zeitung für Rumänien".
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