Zusatzband zu enzyklopädischem Rückblick
21.03.19
Dr. Volker Wollmann ergänzt seine Forschungsserie in sechs Bänden „Vorindustrielles und industrielles Erbe in Rumänien“
Ursprünglich war die Serie „Vorindustrielles und industrielles Erbe in Rumänien“ von deren namhaften Autoren, dem Wirtschaftshistoriker Dr. Volker Wollmann auf sechs Bände vorgesehen die in den letzten Jahren erschienen und im Rahmen unserer Wochenschrift auch vorgestellt worden sind. Einige Wirtschaftsbereiche waren in diesen doch nicht aufgenommen worden, andere benötigten noch einiger Ergänzungen die der Autor in dem siebenten und letzten Band dieser enzyklopädischen Arbeit aufgenommen hat. Dabei hat er auch auf die Unterstützung von Fachleuten aus jeweiligen Bereichen gebaut. Es handelt sich um den Post-, Telegraphie- und Telefonbereich, der Radiosender und deren Ausstrahlung, den Radiogeräte von denen das Museum für Wissenschaft und Technik „Stefan Procopiu“ von Jassy über mehrere Exponate verfügt. Auch waren aus dem Blickfeld die Gießanlagen für Glocken, wie auch Kinos entfallen. Für letzteren Bereich erhielt er Informationen von Andrei Braun (Kronstadt), Willi Lörch, Hans Seiler, Nicolae Martin, Franz Schuster (Hermannstadt), Incze Peter(Neumarkt), Mircea Hodârnau (Mediasch). Was die Telekommunikationen betrifft dankt er Dr. Detlef Bonfert, Dirk Bonfert, Reservegeneral Ion Ceraceanu, Oberst Catalin Dascalu, Bernd Volkmer. Beginnend mit dem zweiten Band hat der Autor auch ehemalige Industrieanlagen als gefährdete technische Monumente vorgestellt die vor dem Verfall geschützt werden müssen und hat diese nun ergänzt. In seinen Forschungen erfreute sich Dr. Volker Wollmann der Unterstützung einiger Fachleute wie beispielsweise Peter Simon und der Museologin Camelia Neagoe aus Kronstadt die er auch als Fotografen angibt. Aus der langen Liste dieser Mitarbeiter möchten wir noch einige Namen wie Boer Zoltan, Arpad Udvardy, Dietrich Galter, Luzian Geier, Walther Konschitzky, Martin Rill, Hans Konrad Schiel, Hans-Jürgen Binder, Dietlinde Huhn, Konrad Klein, Hilda Stein erwähnen. Ergänzt wird im Band auch die Vorstellung von Turmuhren die übersehen worden waren. Ein Unterkapitel widmet er den Gedenkstellen und Grabmälern bekannter Unternehmer besonderes vom Innerstädtischen Friedhof in Kronstadt. Im Anhang diese Bandes bietet er auch eine Liste der Berichtigungen aus den bisher veröffentlichten sechs Bänden, bibliographische Angaben, und ein Ortsnamenregister.
Der aufliegende Band erschien 2018 im Honterus Verlag von Hermannstadt, und wurde auch in der hiesigen Honterus Druckerei erstellt. Finanziert wurde dieser wie auch die vorangegangenen Bände durch das Departement für interethnische Beziehungen im Rahmen des Generalsekretariats der Regierung über das Demokratische Forum der Deutschen in Rumänien.
Einige der Vorgänger der Industriebetriebe oder Wirtschaftsbereiche können auch in technischen Abteilungen von Museen im Lande besichtigt werden. Nicht überall gab es derartige Initiativen, andere blieben als Projekte stecken und wurde nicht zu Ende geführt. Für das Bergbaumuseum von Anina, Dank des Interesses das auch von den Lokalbehörden gezeigt wurde, konnten auch europäische Mittel über das Regio-Programm herangezogen werden. In Hunedoara wurde das einzige Museum des Eisens gegründet. Viel zu wenig bekannt, wurde dieses leider auch geschlossen. Dieses befand sich innerhalb des Unternehmens SC Siderurgica SA wurde 1974 eröffnet, bis in die Jahre nach der Wende war es zugänglich bis die Tore geschlossen wurden. Eine neuere Initiative gab es in Klausenburg wo das Wasser-Museum unter die Schirmherrschaft von UNESCO aufgenommen wurde. Die neue Liste der Baudenkmäler die von dem Kulturministerium in den letzten Jahren ausgearbeitet wurde, umfaßt die technischen Bauten und Anlagen des vorindustriellen und industriellen Erbes die in die zweite Kategorie aufgenommen wurden. In der Liste figurieren auch solche ehemalige Betriebe die ganz verschwunden sind, oder solche die sich in einem starken Verfall befinden.
Kinosäle und Filmvorführungen
Volker Wollmann geht im ersten Kapitel das diesem Bereich gewidmet ist, auf die ersten optischen Geräte aus der Branche ein wie dem Stroboskop,dann dem Praxinoskop, bis am 22. März 1895 die Brüder Lumiere die erste Filmvorführung im „Cinematographe“ in Paris boten. Dieses Jahr wird als das Gründungsjahr des Kinos bezeichnet. In Rumänien fand die erste Filmvorführung Mitte des 19. Jahrhunderts statt, u.zw. am 27. Mai 1896 in Bukarest auf der Calea Victoriei in einem Vorraum. Diese wurde als das Wunder des Jahrhunderts bezeichnet. Der erste in Rumänien gedrehte Film bezog auf die königliche Parade vom 10. Mai 1897. Interessant ist, daß die zweite Filmvorführung nicht in einer anderen Großstadt des Landes, sondern in Orawitza am 23. Mai 1897 stattgefunden hat. In Siebenbürgen fällt eine der ersten derartigen Ereignisse auf den 17. April 1898 in Karlsburg im Saal des Hotels „Hungaria“. Laut Emil Sigerus fand in Hermannstadt die erste Filmvorführung im heutigen Thalia-Saal am 28. März 1898 mit einem Projektionsgerät und einem Grafophon statt. Im gleichen Jahr, aber einige Monate später, fand eine erste Vorführung in Kronstadt am 5. Dezember im großen Saal der Villa Kertsch mit Aufnahmen in Bewegung statt. Einer der aktivsten Förderer der Filmvorführungen war der Kronstädter Stefan Emil Toth. Der erste rumänische Zeichentrickfilm wurde 1921 nach einem Konzept von Aurel Petrescu geschaffen.
Der Aufstieg der rumänischen Kinos und deren Niedergang nach der Wende wird auch dokumentiert. Vor der Wende hatte România-Film 874 Kinosäle und tausende Angestellte. Im August 1991 wurde die Filmregie für Vertrieb und Vorstellung (RADEF) gegründet was aber nicht zur Entwicklung sondern zum Niedergang der Kinohäuser führte. Durch die Rückgabe ehemaligen Eigentums, der durch das Fernsehen entstandenen Konkurrenz gibt es gegenwärtig noch 145 Kinos, von denen aber nur 29 noch den Kinofreunden zur Verfügung stehen. Hingegen sind in den großen Malls jeweils auch mehrere Projektionsräume eingerichtet worden wo man auch die neustem Filme sehen kann.
Ansprechend sind die Daten über die technische Ausstattung der Kinosäle, wobei die verschiedenen Projektionsgeräte auch vorgestellt werden. Archivfotos mit Fachleuten aus dem Bereich, beispielsweise Dipl.-Ing. Günther Hochmeister mit dem von ihm gebauten Apparat gehen somit in die Geschichte ein, da voraussichtlich kaum noch diesbezügliches Archivmaterial die Jahre überleben wird. Breiten Raum bietet der Autor auch für den Bau der verschiedenen Kinos im Lauf der Jahre sowohl in Bukarest als auch in anderen Städten. Aus dem Kronstädter Kreisgebiet werden die Kinos aus der Stadt unter der Zinne samt deren Ausstattungen und Benennungen, aus Fogarasch, Rosenau, S²cele vorgestellt. Nicht aufgenommen sind die, die in Arbeiterclubs wie beispielsweise in Zernescht tägliche Vorführungen den Zuschauern boten. Besonderes viele Kinos gab es im Banat, in den Kreisen Klausenburg und Konstanza. Einschließlich auf die Architektur jeweiliger Gebäude wird in der Dokumentation eingegangen.
Industrielles Erbe aus dem Post- und Fernmeldebereich
Einleitend wird das beeindruckende Postgebäude aus Bistritz vorgestellt das etwa 1890 errichtet worden ist. Ausführlich analysiert der Autor das Postgebäude in Kronstadt das auch in Zusammenhang mit der Postwiese gebracht wird. Ursprünglich befand sich das Postamt 1823 im Gebäude wo sich auch das Gasthaus „Zur Goldenen Krone“ in der Klostergasse befand. 1906 wurde der Bau des Postpalais abgeschlossen wohin die Amt nach dem es zeitweilig im Gebäude der Rentenkasse untergekommen war, umsiedelte. Auch gegenwärtig befindet sich das Hauptpostamt noch im gleichen Sitz neben dem Kronstädter Bürgermeisteramt. Vorgestellt werden weitere auch durch ihre Architektur bezeichnende Postämter in Großwardein, Hermannstadt, Temeswar, Mühlbach, Reschitza, aus dem Süden und Osten des Landes. Es folgen die Telefonämter wobei natürlich kennzeichnend das Telefonpalais von Bukarest dessen Bau 1934 abgeschlossen wurde, vorgestellt werden. In Kronstadt wurde dieses am Rudolfsring, an Stelle der Villa Schuller errichtet. Eingegangen wird auf die Anfänge und Entwicklung der Telegraphie, der Einführung des Morse Systems in Rumänien. Die erste diesbezügliche Verbindung wurde 1853 aufgenommen. Mehr Auskunft gibt es im einzigen Museum der Kommunikation und Informatik, als Filiale des Nationalen Militärmuseums. Nach der Erfindung des Telefons durch Graham Bell am 12. Dezember 1877, wird dieses kurz darauf auch da experimentiert, beispielsweise in Arad, dann in Bukarest. Die Entwicklung der ersten Telefonzentralen, die verschiedenen Typen die zum Einsatz kamen werden auch bildlich und mit technischen Daten vorgestellt. Derartige Telefongeräte und -zentralen sind auch gegenwärtig noch in einigen Museen landesweit ausgestellt. Der größte diesbezügliche rumänische Hersteller war der Bukarester Electromagnetica Betrieb.
Es folgt die Entwicklung des Rundfunks. Ab 1922 nimmt die Rumänische Radiogesellschaft den Betrieb auf. Vorgestellt werden die Radiosender, Radiostationen und Relais, der Übertragungssender mit den Antennen bei Brenndorf im Kronstädter Kreis die auch heute noch ihrem Zweck dienen.
Zusätzliche Informationen
Ergänzt werden die Daten und Informationen aus den bisher erschienen sechs Bänden mit nachträglich aufkommenden Daten die ebenfalls von Interesse sind. Zusätzlich zum ersten Band bietet der Autor Daten über die industrielle und Trinkwasserversorgung, über vor Jahrzehnten gebaute Wasserwerke die zum Teil auch heute noch in Betrieb sind und beste Leistungen bieten. Einige Beispiele wie die von Neumarkt, Suceava, Buftea, Murfatlar, Boto{ani Deva, Konstanza, Craiova, Sächsisch Regen werden durch Bild und Text vorgestellt. Ergänzt werden die Daten über die technische Ausstattung im Kohleabbau, der Metallurgie und Stahlverarbeitung. Ergänzungen zum zweiten Band werden im Bereich der Holzverarbeitung geboten. Details werden über das Sägewerk Feltrinelli aus Talmesch im Hermanstädter Kreis gegeben. Auch wird mit einer Übersicht der Betriebe die Fliesen herstellen wie z.B. „Teracota“ aus Mediasch fortgesetzt. Weitere Bereiche wie Baumwollverarbeitung, Lederverarbeitung, Getreidemühlen, Brotbetriebe, Bierbrauerein, Brückenbauten, Feuerwehrausstattungen, Bäder, Springbrunnen, Türme für Fallschirmspringer, einige besondere Turmuhrwerke die nicht vorgestellt worden sind, finden hier willkommene Ergänzungen.
Grabmäler und Gedenkstätten von Erfindern, Unternehmern, werden durch zahlreiche Beispiele geboten. Die Statue von Anghel Saligny in Konstanza, ein Werk des Bildhauers Oscar Han, Denkmäler die an Opfer von kollektiven Arbeitsunfällen erinnern, die zahlreichen Grabmäler auf dem Innerstädtischen und dem Martinsberger Friedhof von Kronstadt werden durch Fotos von Peter Simon vorgestellt.
Der am 17. April 1942 in Hermannstadt geborene Historiker Volker Wollmann, Autor dieser sieben Bände umfassenden Forschungsreihe wurde für seine Verdienste zum Ehrenbürger von Mühlbach, Brad/Tannehof und Reschitza ernannt. In dieser Stadt war er zeitweilig auch Direktor des Stadtmuseums, hat da auch unterrichtet. Als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Geschichte und Archäologie der Klausenburger Universität hat er eine reiche Forschungstätigkeit bis zu seiner 1988 erfolgten Ausreise geleistet. Für seine besonderen Verdienste erhielt er 2012 das Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland. Volker Wollmann setzt seine Forschungen auch in Rumänien fort, ist ein geschätzter Mitarbeiter von Forschungszentren und Museen.
Dieter Drotleff
Die Kronstädter Wochenschrift "Karpatenrundschau" erscheint als Beilage in der "Allgemeinen Deutschen Zeitung für Rumänien".
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