“100 Jahre Rumänien” mit Multimedia
29.11.18
Interaktive Ausstellung im Gedenkmuseum “Casa Muresenilor”
Teure Exponate hinter dicken Glaswänden und Menschen, die gelangweilt daran vorbeigehen. Aus Höflichkeit tun sie so, als wären sie interessiert, doch insgeheim hoffen sie, dass es nicht zu viele Ausstellungsräume gibt. Museumsbesuche sollten längst nicht mehr so sein. Der Besucher einer Ausstellung muss aufgefordert sein, mitzumachen. Nur so wird sein Interesse geweckt. Im digitalen Zeitalter lieben besonders Kinder und Jugendliche, für die eine Welt ohne Touchscreen und Internet unvorstellbar ist, die Interaktivität. Man wird Teil eines Kunstwerks oder einer Installation, man kann selbst mitspielen und umgestalten. Heute kommunizieren wir per Social Media, lesen Romane auf dem E-Book-Reader, schauen 3D-Filme im Kino und lassen unseren Rasen von Robotern mähen. Die Digitalisierung hat unseren Alltag unglaublich stark verändert. Auch Kunst muss interaktiv sein, um Interesse zu wecken.
Das haben die Kuratoren der Ausstellung „Auf dem Weg zur großen Vereinigung“ verstanden. Multimedial, interaktiv und vor allem sehr informationsreich- so ist die Ausstellung, die bis März beim Gedenkmuseum „Casa Muresenilor“ besucht werden kann. Besonders für Schüler wird der Museumsbesuch zum Erlebnis und zur Freude- sie können in einem elektronischen Buch mit Touchscreen blättern, mit einem Dirigentenstab die Musik in einer Installation wechseln und treffen sogar ein Hologramm. Das Projekt ist Teil des Programms „100 Jahre Rumänien“, das von der rumänischen Regierung durch das Kulturministerium finanziert wird.
Acht Stationen auf dem Weg zur Vereinigung
Die Ausstellung ist in acht Stationen gegliedert, zu den Themen: Das Erscheinen der Zeitung „Gazeta de Transilvania“ (1838) und die Rolle der Presse in der Information des Publikums, die Revolution von 1848, die Vereinigung der Fürstentümer Walachei und Moldau am 24 Januar 1859, der Unabhängigkeitskrieg (1877), die memorandistische Bewegung (1892), der Erste Weltkrieg (1914-1918) und die Deklaration von Karlsberg (1.Dezember 1818). Anhand alter Dokumente und Zeitungsberichte wird die Vergangenheit wieder belebt. Viele Dokumente werden auf riesigen Bildschirmen an der Wand gezeigt: sie können vergrößert oder verkleinert werden und umfassen die gesamte Wandfläche.
„Besonders Kinder und Jugendliche sind von dieser Art und Weise, Informationen zu erhalten, fasziniert. Während sie an einem Bildschirm herumspielen können sie über wichtige Ereignisse und Persönlichkeiten erfahren, die auch das Leben von heute stark beeinflusst haben. Seit unser Ausstellungseröffnung im September hatten wir mehrere Schulklassen hier zu Gast. Manche Lehrer haben auch Geschichtsunterricht hier gehalten“, meint der Historiker und Ausstellungskurator Ovidiu Savu.
Rolle der Presse wird hervorgehoben
Schon seit seiner Gründung im Jahr 1968 verfügt das Gedenkhausmuseum „Casa Muresenilor“ um das landesweit größte Familienarchiv, bestehend aus 17.000 Urkunden, Briefen, Fotos und Akten und einer Vielzahl von alten Zeitungen. In den Museumsräumen wird anhand dieser Dokumente auf das Erscheinen der ersten rumänischen politischen Tageszeitung „Gazeta de Transilvania“ eingegangen. Diese ist im Jahr 1838 in der Druckerei von Johann Gött erscheinen. Dabei wird die wichtige Rolle der Presse in der Bildung der öffentlichen Meinung hervorgehoben. Weiterhin erfahren die Museumsbesucher über die Rolle der Revolution von 1848 und über den Drang nach nationaler Identität. In einem anderen Raum findet man Hintergrundinformationen über die Vereinigung der rumänischen Fürstentümer vom 24. Januar 1859 und den österreichisch-ungarischen Ausgleich von 1867. Alles wird mit Hilfe der Technik geschildert: Projektionen, Bewegung und Ton. Geschichtliche Ereignisse wie der Unabhängigkeitskrieg von 1877, der Friedensvertrag vom 13. Juli 1878 in Berlin und die Erklärung von Karlsburg am 1. Dezember 1918 können auf einer beleuchteten Tafel gelesen werden, indem man einen Bildschirm mit der Hand berührt. Videoprojektoren, Bewegungssensoren und Töne, 200 Quadtratmeter gedruckte Bilder- damit hat Ciprian Branea gearbeitet, um die Ausstellung zu erstellen. Der Kronstädter beschäftigt sich schon seit einigen Jahren mit Multimedia-Installationen und hat schon mit dem Gedenkmuseum zusammengearbeitet. „Der vielleicht beliebteste Raum ist der, wo der Besucher zum virtuellen Dirigenten wird. Mit einem Stab kann man die Musik wechseln und Informationen über verschiedene Lieder erhalten, die während der Zeit eine wichtige Rolle gespielt haben, wie zum Beispiel „Hora Unirii“ von der Vereinigung der rumänischen Fürstentümer 1859 oder die rumänische Nationalhymne, dessen Text von Andrei Muresanu stammt und der während der Rumänischen Revolution verfasst und veröffentlicht wurde“, erklärt Branea.
Die Zukunft der Museen in der ganzen Welt ist die Interaktivität. Die moderne Technologie ist nicht nur im Alltag unentbehrlich, sondern muss in allen Bereichen eingesetzt werden- auch bei einem Museumsbesuch.
Für die Ausstattung erhielt das Museum „Casa Muresenilor“ seitens des Kronstädter Kreisrates rund 20.000 Lei, seitens des Kulturministerums weitere 78.000 Lei. „Auf dem Weg zur großen Vereinigung“ ist bis im März 2019 für Besucher geöffnet. Sie kann montags bis samstags zwischen 9 und 17 Uhr besucht werden. Mehr Informationen über das Rahmenprogramm unter www.muzeulmuresenilor.ro.
Elise Wilk
Museumsbesucher können virtuelle Dirigenten werden. Foto: Die Verfasserin.
Die Kronstädter Wochenschrift "Karpatenrundschau" erscheint als Beilage in der "Allgemeinen Deutschen Zeitung für Rumänien".
Herausgeber: Demokratisches Forum der Deutschen im Kreis Kronstadt
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Schriftleiter: Elise Wilk.
Redaktuere:Ralf Sudrigian, Hans Butmaloiu, Christine Chiriac (Redakteurin, 2009-2014), Dieter Drotleff (Redaktionsleiter 1989 - 2007)
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