650 Jahre seit der ersten urkundlichen Erwähnung von Brenndorf
02.01.20
Gedanken zur Geschichte der Siebenbürger Sachsen in Brenndorf (II) / Von Siegbert Bruss
Trotz widriger Umstände im Kommunismus wird die Kultur auch in der Nachkriegszeit groß geschrieben. Ob Blasmusik, Theater, Chor, „Atlantis“-Musikband, Gitarren- oder Flötengruppe, in Brenndorf gibt es schon immer rege kulturelle Aktivitäten. Brenndorf hat eine lange Blasmusiktradition. Die erste urkundliche Erwähnung der Adjuvanten in Brenndorf geht auf den 21. Juni 1816 zurück. Es ist eine der ältesten Blaskapellen des Burzenlandes. Eine neue Generation von Musikanten, die „Junge Blaskapelle“, spielt erstmals öffentlich am 26. Juni 1955. Ein ganz besonderes Fest wird am ersten Mai gefeiert, die Blaskapelle geht von Haus zu Haus und spielt in allen Straßen Brenndorfs. Diese Tradition wird nach der Wende eingestellt. Nach der Aussiedlung nach Deutschland finden sich die Musikanten bald wieder zusammen und spielen bei den großen Brenndörfer Treffen in Brackenheim oder bei Regionaltreffen.
Am 4. März 1977 wird die Kirche durch ein Erdbeben so heftig erschüttert, dass die Kirche und der Turm tiefe Risse bekommen. Dank der Spenden sowie des Einsatzes der Brenndörfer Gemeindeglieder und der Blasmusik kann die Kirche schon am 6. November 1977 durch Bischof Albert Klein wieder eingeweiht werden. Durch ein Erdbeben am 30. Mai 1990 wurde die Kirche erneut beschädigt, tiefe Risse an den Mauern und Fensterbögen werden sichtbar. Aus Mitteln der deutschen Bundesregierung sowie aus Eigenmitteln der „Dorfgemeinschaft der Brenndörfer“ (HOG Brenndorf) und der evangelischen Kirchengemeinde Brenndorf wird die Kirche im Inneren im Herbst 2013 renoviert. Der Kirchturm wird 2015, die südliche Außenseite 2017 instandgesetzt. Im Jahr 2019 wird wir die nördliche Außenfassade erneuert und die Kirchrenovierung damit beendet.
Brenndorf ist immer wieder aus den Trümmern der Geschichte auferstanden und hat sich zu einer wohlhabenden Gemeinde entwickelt, was auf den Fleiß und den Gemeinsinn der Bürger zurückzuführen ist, ebenso auf den göttlichen Beistand, den sie über Jahrhunderte erfahren haben. Um so tragischer ist ihr Schicksal, das in der Nachkriegszeit von Auswanderung geprägt ist. Die Siebenbürger Sachsen konnten ihre Geschichte nicht mehr als aktiv Handelnde bestimmen, sie fühlten sich während des Kommunismus in ihrer Gruppenexistenz bedroht und in ihrem Gerechtigkeitssinn verletzt, als sie schrittweise, jeder für sich, den Weg in die Freiheit wählten. Nach 1941, als in Brenndorf 1.400 Sachsen lebten, nahm ihre Zahl kontinuierlich ab, 1976 waren es tausend Seelen, 1985 800 Seelen, 1992 noch 195, heute zählt die evangelische Kirchengemeinde Brenndorf 43 Seelen, davon 19 bei der Zuckerfabrik.
Beispielhaft für das positive Verhältnis der rumänischen Bevölkerung zum siebenbürgisch-sächsischen Kulturerbe sei Ovidiu Teodor Cretu, der seit zehn Jahren Bürgermeister der Stadt Bistritz ist, zitiert. Es sei wichtig, die Geschichte, das geistige Erbe, die Zivilisation der Siebenbürger Sachsen zu kennen, um sie auch leben zu können. Die heutigen Bewohner der Stadt Bistritz sind nach Cretus Ansicht „die Erben der siebenbürgisch-sächsischen Kultur und Zivilisation“.
„So haben sich mir ungeahnte Eindrücke gefestigt, über die jahrhundertalte sächsische Zivilisation in Bistritz und Umgebung. Je mehr ich erfahren habe, umso mehr wuchs meine Achtung, Anerkennung und Sympathie für jene die:
- in unserer Stadt eine besondere, dynamische, fortschrittliche und herausragende Zivilisation geschaffen haben
- die eine wunderschöne, wertvolle Altstadt mit Häusern, Kirchen und Schulen uns als Erbe hinterlassen haben
- uns die Philosophie einer aktiven, sauberen und geordneten, auf der Grundlage von Kultur und Bildung beruhenden Lebensweise vermittelt haben“, so Ovidiu Teodor Cretu.
Wir stehen heute hier und verneigen uns vor unseren Vorfahren, vor unseren Eltern, den Mitmenschen, der Kirche, den Straßen und Häusern in Brenndorf, die unser Leben geprägt haben. Was ist Heimat, fragen wir uns. Was ist aus dem geworden, was fleißige Menschenhand hier über Jahrhunderte aufgebaut hat? Unsere Gedanken schweifen und finden einen Halt: Die Heimat sind wir selbst, Heimat sind die vielen Menschen, die uns auf unserem Lebensweg begleitet haben. Heimat ist die Essenz dessen, was wir sind. Wir sind aufgerufen, unsere Gemeinschaft weiterzupflegen und mitzuhelfen, dass unsere Gemeinschaft und unser Heimatort Brenndorf weiter gedeihen.
Die Kronstädter Wochenschrift "Karpatenrundschau" erscheint als Beilage in der "Allgemeinen Deutschen Zeitung für Rumänien".
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