Ältestes rumänisches Sprachdokument
17.06.21
Vor 500 Jahren wurde der Kronstädter Stadtrichter Johannes Benkner auf die Türkengefahr aufmerksam gemacht
Zu verdanken ist dieses wichtige Dokument dem ehemaligen Stadtarchivar Friedrich Stenner (1851 - 1924) der auf dieses gestoßen ist, und im Jahre 1894 mehrere Urkunden und Abschriften der Rumänischen Akademie zur Verfügung stellte die eine Sammlung wichtiger Dokumente herausbrachte. Zu den rumänischen Forschern zählte auch der Historiker Nicolae Iorga der die Bedeutung diese Briefes der in die Geschichte als Neacsul-Brief eingegangen ist, sofort erkannte und nachdem die Veröffentlichung andauerte, druckte er diesen 1920 ab. Der aus dem Jahre 1521 stammende Brief der Ende des Monates Juni von dem Kaufmann Neacsul aus Câmpulung jenseits des Törzburger Passes an den Kronstädter Stadtrichter Johannes Benkner gesendet wurde, ist das bisher älteste rumänische Sprachdokument das in kyrillischer Schrift verfaßt wurde. Der Absender hatte jahrelange geschäftliche Beziehungen zu der Stadt jenseits der Karpaten, aber wies auch politische Interessen auf, vor allem wegen der osmanischen Gefahr der sowohl die Walachei als auch Siebenbürgen ausgesetzt waren. Neacsul ist wiederholt in den Kronstdter Stadtregistern sowohl als Käufer als auch als Verkäufer angegeben. Er importierte beispielsweise Stoffe, Teppiche, Kleidung aber auch Gewürze die er in der Stadt unter der Zinne einkaufen konnte. Den ältesten Vermerk seines Namens findet man auch in den Törzburger Rechnungen im Jahre 1534. Neacsul unterhielt Beziehungen auch zu den Fürsten der Walachei die wiederum Bindungen zu Kronstadt, zu deren Stadtrichtern hatten. Diese Beziehungen zeugen von von den Verbindungen die zwischen der Walachei und Siebenbürgen, zwischen Sachsen und Rumänen bestanden die sich gegenseitig gegen die Türkeneinfälle unterstützten. Der Brief ist undatiert konnte aber von Nicolae Iorga historisch eingegliedert werden und stellte fest, daß sich dieser auf den Feldzug Suleimans des Prächtigen bezieht der auf die Eroberung Belgrads es abgesehen hatte. Nach einer Einleitung mit den besten Wünschen für Gesundheit, betont Neacsul in seinem Brief u.a.:“Weiter gebe ich kund Deiner Herrschaft über den Stand der Türken, wie ich gehört habe, das der Sultan aus Sofia herausgekommen ist, und anders ist es nicht. Und sie sind an der Donau flußaufwärts gezogen. Weiter soll Deine Herrschaft wissen, daß ein Mann von Nicopole gekommen ist, der mir gesagt hat, daß er mit eigenen Augen gesehen hat, daß die Schiffe von denen auch Deine Herrschaft weiß, auf der Donau fußaufwärts gezogen sind. Weiter sollst Du wissen, daß die Türken aus allen Städten je 50 Menschen nehmen, die beim ziehen der Schiffe helfen sollen... Weiter soll Deine Herrschaft wissen, daß sich der Fürst der Walachei Neagoe Basarab vor jenem Räuber von Machamet-Beg sehr fürchtet, und besonderes für Eure Herrschaften." Der erwähnte Machamet-Beg war der türkische Pascha von Nikopolis, der im Jahre 1479 ebenfalls einen Raubzug nach Siebenbürgen organisiert hatte. Nicolae Basarab, Fürst der Walachei (1512 - 1521) hatte 1517 einen Vertrag mit Ungarn, den Kronstädtern und dem Burzenland abgeschlossen, so daß die Türken ihm dieses besonderes übel nahmen und somit mit einem Racheakt wann immer gerechnet werden konnte. Dem Forscher Matei Cazacu ist es nach eingehenden Einsichten in die Dokumente und dem Tagebuch Sultan Suleimans über den Feldzug nach Belgrad gelungen, den Neacsul-Brief für den 29 oder 30 Juni 1521 zu datieren. Der Empfang des Schreibens ist in den Stadtrechnungen von Kronstadt nicht festgehalten wie auch keine Vorbereitungen auf einen möglichen Einfall.
Der Empfänger diese Schreibens Johann Benkner ist erstmals 1494 erwähnt als Eigentümer des Hauses seines Vaters, und neuen Jahre später wird auch seine Handelstätigkeit mit der Walachei hervorgehoben. Handel trieb er auch mit dem Markt von Debreczin. Als Kronstädter Ratsherr wird er erstmals 1505 erwähnt. 1510 wurde er zum Stadthannen ernannt und 1511 zum ersten Mal zum Stadtrichter von Kronstadt gewählt. Dieses höchste Amt belegte er auch mehrmals in jeweils fünf Jahresabständen, 1512/1513, 1515-1518, 1521, 1523 und 1525/1526. Seinen Tod fand er bei einem Überfall am 22. Juli 1528 als er mit einer Abordnung unter der Führung des Stadtrichters Lukas Hirscher heimkehrte nach dem diese von Ferdinand von Habsburg empfangen worden war bei welchem Anlaß die alten Privilegien der Stadt bestätigt wurden. Der Überfall ereignete sich bei Baia de Cris.
Der Neacsul-Brief, ist eines der wertvollsten Dokumente aus der Landesgeschichte und wird im jeweiligen Unterricht immer wieder als solches hervorgehoben. Zu dem ist es ein besonderes Schatz in den Beständen der Kronstädter Kreisdirektion des Nationalarchivs. Die nun 500 Jahre alte Urkunde muß für die kommenden Generationen bestens aufbewahrt und gesichert bleiben.
Dieter Drotleff
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