Burzenländer Sagen und Ortsgeschichten
22.02.18
Burzenländer Sagen und Ortsgeschichten
Friedrich Hensel
„Jeder rühmt Andreas Hofer und das mit Recht. Aber jeder Sachse sollte mit derselben Begeisterung auf unsern Friedrich Hensel blicken. Schon das kleine Sachsenkind müsste sich an Bildern erwärmen, wie: Hensel stirbt als Held bei der Verteidigung der von ihm erbauten Festung Malborghetto.“
(Stefan Ludwig Roth)
Von dem Geburtshause unseres Reformators Honterus nur zwei Häuser aufwärts wurde 1781 Friedrich Hensel geboren. In der Kinderzeit war er ein unbändiger, spielfroher Knabe, der gar manchen Kampf mit den Burggässer Buben bestand. Da sein Vater frühe starb, gab die Mutter den 15jährigen begabten, kecken Sohn in die Ingenieur-Akademie nach Wien. In der festen militärischen Zucht entwickelten sich seine guten Eigenschaften. Schon nach vier Jahren wurde er Offizier, zwei Jahre darauf Oberleutnant. 1807 wurde er Ingenieur-Hauptmann und baute in einem wichtigen Passe zwischen dem österreichischen Kärnten und Italien die kleine Festung Malborghetto.
1809 führte Kaiser Franz von Österreich Krieg gegen Napoleon, den Kaiser der Franzosen. Die Franzosen wollten auch von Süden aus Italien unter der Führung des Stiefsohnes Napoleons nach Österreich vordringen. Die Österreicher kämpften in Italien siegreich gegen die Franzosen. Als aber Napoleon in Bayern gegen Österreich vordrang, und so Wien bedroht war, musste sich das österreichische Heer aus Italien eiligst zurückziehen, um die bedrohte Heimat zu schützen. Malborghetto wurde dazu bestimmt, die Feinde aufzuhalten. Hensel wurde im voraus geschickt, um die kleine Festung, die er als Erbauer am besten kannte, zur Verteidigung vorzurichten. Er war fest entschlossen, seine Festung bis zum Tode zu halten.
Aber man brauchte den tüchtigen Ingenieur-Hauptmann noch zu andern Arbeiten und wollte ihm den Posten nicht lassen. Da bat Hensel denn den Bruder des Kaisers, den Erzherzog Johann, um dies Ehrenamt. Der Erzherzog drückte ihm die Hand und sagte: „Sie haben die Festung gebaut. Sie werden sie auch am besten zu verteidigen wissen.“
Nun wurden in aller Eile noch 20 Geschütze (Kanonen) in die Festung geschafft, und 300 tapfere Soldaten rückten in Malborghetto ein, das übrige Heer aber zog in Eilmärschen nach Österreich weiter.
Am 14. Mai 1809 kamen die ersten Franzosen in der Passhöhe an, wurden aber von Hensel durch Kanonenschüsse aufgehalten. Der Stiefsohn Napoleons, der Vizekönig Eugen Beauharnais, versuchte es, Hensel durch einen Unterhändler zum Abzug zu überreden. Doch Hensel antwortete: „Ich habe den Befehl, meine Festung zu verteidigen und nicht zu unterhandeln!“
Am 15. Mai wurde Malborghetto von drei Seiten bestürmt, doch vergeblich. Die Feinde umkrümmten die Festung und stürmten nun von allen Seiten. Doch auch dies war nutzlos. Da befahl Eugen, Kanonen herbei zu schaffen. Er versuchte auch, die Festung in der Nacht zu überrumpeln. Aber Hensel schickte einen besonders mutigen Kanonier, der bei dem Bau mitgeholfen hatte, ins Tal, wo dieser eine Scheune anzündete, so dass man aus der Festung alles sehen konnte, was die Franzosen unternahmen. So konnten denn die Österreicher mit ihren Geschützen die Stürmenden niedermähen.
Am 3. Tage versuchte der Vizekönig nocheinmal, Hensel zur ehrenhaften Ergebung der Passfestung zu überreden. Aber Hensel gab nicht nach und antwortete: „Wir werden uns bis zum Tode wehren!“
Am 4. Tag, am 17. Mai, früh morgens suchte Friedrich Hensel alle Posten auf, sprach allen Mut zu, nahm von seinen Offizieren letzten Abschied, stellte sich an die beste aber auch gefährlichste Übersichtstelle. Beim ersten Sonnenstrahl begannen die französischen Geschütze zu donnern. Gegen Mittag schickte der Vizekönig seinen Soldaten mehrere Fässer Brantwein und dann begann der letzte Sturm. Zwar wurden sie zurückgeworfen und viele Hunderte mussten ihr Leben lassen, aber endlich gelang es ihnen dennoch, die Burg zu ersteigen. Von zwei Seiten drangen sie ein und so fand Hensel den Heldentod. „Mut, Kameraden!“ waren seine letzten Worte.
Durch sein heldenhaftes Ausharren und die Verteidigung seiner Festung hatte Hensel dem österreichischen Heere den Rückzug gesichert und die Franzosen vier Tage aufgehalten. Dadurch hatte er den Österreichern den berühmten Sieg bei Aspern (in der Nähe von Wien) ermöglicht.
Nach der endlichen Unterwerfung Napoleons wurde das zerstörte Malborghetto wieder aufgebaut und erhielt den Ehrennamen „Hensel“. Ein schönes Denkmal, eine Pyramide aus Gußeisen mit einem sterbenden Löwen der des Kaisers Schild verteidigt, und eine ehrende Aufschrift schmücken die Passhöhe und erinnern an den unvergesslichen Heldentod unseres Landsmannes Friedrich Hensel. Sein Geburtshaus ist hundert Jahre nach dem Heldentod mit einer Ehrentafel ausgezeichnet worden.
(Aus: „Burzenländer Sagen und Ortsgeschichten“ von Friedrich Reimesch)
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