Der Lehrer fürs erste Gleiten auf Skier
22.01.09
Toni Zakariás' „Arbeitsstelle“ ist die Skipiste
Der vierjährige Luca wartet kaum, dass ihm sein Vater die Skier anschnallt. Wenn es nach ihm ginge, würde er gleich den leichten Hang hinunterfahren, zumal er stolz auch die zwei Skistöcke vorzeigt, die ihm seine Eltern gekauft haben. Es ist seine dritte Skistunde mit Toni Zakariás und der Kleine hat schon genügend Vertrauen in seine Kräfte um allein loszufahren. Mit Stöcken fühlt er sich wohl auch sicherer. Toni bremst seinen Elan. Vorläufig müssen die Stöcke beiseite gelegt werden. Bei einem Sturz könnten sie für Luca gefährlich werden. Heute in den zwei Lehrstunden, steht das Fahren zwischen durch Skistöcke markierten Tore an. Dabei muss der kleine Skianfänger lernen, wie man das Körpergewicht verlagert. Wie bringt man das aber einem Vierjährigen bei? Toni fährt im Rückschneepflug den Hang hinunter und hält die rechte Hand zur Seite hoch. „Schau auf meine Hand und folge mir“, sagt er. Luca folgt voller Tatendrang. Genau so geht es dann in die linke Richtung. Die beiden kommen langsam ans Ende der Stadion-Skipiste an. Dort wird der Skilift zum Hochfahren benutzt um den 32m Höhenunterschied der 300m langen Skipiste schneller und leichter zu überwinden. Vor allem bei Kleinkindern sei es wichtig auf den Skilift zurückgreifen zu können, sagt Toni. Ansonsten wird es ihnen zu langweilig und wohl auch zu anstrengend. Wie bei jedem Lernen sind auch da Wiederholungen der Übungen angesagt - von einfacheren zu schwierigeren, anfangs in langsamen Tempo ausgeführt, dann immer schneller.
Heute ist Luca der einzige Schüler von Toni. Wären es mehrere, wäre eigentlich auch ein Assistent notwendig. Die „Ski-Kindergartengruppen“ auf der Piste arbeiten in der Regel zu zweit. Es gibt in Kronstadt Firmen die ihre kleine Kunden samt Skiausrüstung mit dem Kleinbus von zu Hause abholen und dann auch heimbringen. Zakariás unterrichtet aber auch Erwachsene. Manche kommen in Gruppen in die Schulerau angereist und haben gleich auch einen Skikurs gebucht. Das gilt in den letzten Jahren vor allem für Touristen aus England, aber auch aus der Ukraine und der Republik Moldova. Der ehemalige Maschinenbauingenier (heute Rentner) hat deshalb Englisch gelernt. Deutsch beherrscht er problemlos, wobei aber in seinem Beruf nicht so sehr Fremdsprachenkenntnisse gefragt sind, sondern pädagogisches Talent, Einfühlungsvermögen und die Gabe, Körperbewegungen und -stellungen einprägsam vorzuzeigen. Er selbst, als Kronstädter eigentlich keine Ausnahme, hat schon als Zehnjähriger von seinem Vater Skifahren gelernt. Seit damals sind 54 Jahre vergangen von denen Toni in den rund zwei letzten Jahrzehnten auch als Skilehrer tätig ist. Mehrere Fortbildungskurse verhalfen ihm einer der besten Skilehrer Kronstadts zu werden, einer der nun selbst Skilehrer ausbilden kann. Auf die Mitgliedschaft im internationalen Skilehrerverband ISIA ist er stolz, obwohl diese ihm in Rumänien eigentlich wenig nutzen kann.
Die Wende brachte leichtere Arbeitsbedingungen für alle Skilehrer. Früher, so Toni, war jeder Kontakt mit Ausländern argwöhnisch von dem Geheimdienst beobachtet worden. Nun ist das nicht der Fall. Aber nicht nur die politischen Verhältnisse sind heute anders. In der Skitechnik setzt sich verstärkt die Carving-Technik (Schnittschwung) durch. Der klassische Alpinski weicht immer mehr Skiern mit stärkerer Taillierung. Dabei geht es immer schneller, leider oft auch gefährlicher, auf den Skipisten zu. Beim Skilehrgang vergisst Toni nie auf die Grundregeln des Skifahrens (ein „Ski-Dekalog“) einzugehen. Nicht nur Spaß am Skifahren sollen die Skianfänger bekommen, sondern auch lernen, wie man sich am Skihang verantwortlich verhält. Das sei heute leider nicht mehr so selbstverständlich wie früher. Auf der Stadion-Skipiste (die leichteste der Schulerau) sind Unfälle praktisch ausgeschlossen. Aber auf schwierigeren Pisten gibt es „Raser“ die wie Hermann Maier oder Bode Miller schifahren wollen, dabei aber vergessen, dass die Piste nicht extra für sie abgesichert wurde. Toni selbst ist, neben dem Bergwandern, ein Fan des hierzulande weniger bekannte Tourenski mit denen man im Tiefschnee auch Extremtouren unternehmen kann.
In zwei-drei Tagen wird sich Luca allein auf die Skipiste wagen können. Ein weiterer Zakariás-Schüler wird vielleicht ein Ski-Fan. Neben den 50 Lei Grundpreis pro Stunde ist das wohl eine genauso große Genugtuung für den Ski-Hasen und -Lehrer Toni Zakariás.
Ralf Sudrigian
Die Kronstädter Wochenschrift "Karpatenrundschau" erscheint als Beilage in der "Allgemeinen Deutschen Zeitung für Rumänien".
Herausgeber: Demokratisches Forum der Deutschen im Kreis Kronstadt
Redaktion: 500.030 Braşov, Str. GH. Baiulescu 2,
Fernruf und Telefax: 0040 -(0)268/475 841,
E-Mail:kronstadt@adz.ro
Schriftleiter: Elise Wilk.
Redaktuere:Ralf Sudrigian, Hans Butmaloiu, Christine Chiriac (Redakteurin, 2009-2014), Dieter Drotleff (Redaktionsleiter 1989 - 2007)
Aktuell
Karpatenrundschau
31.05.24
Interview mit Bernhard Heigl, Vorsitzender des Demokratischen Forums der Deutschen im Kreis Kronstadt
[mehr...]
31.05.24
Das Andreanum - 800 Jahre Recht und Verfassung der Siebenbürger Sachsen (II)/ Von Dr.Harald Roth, Deutsches Kulturforum östliches Europa
[mehr...]
24.05.24
Das Andreanum - 800 Jahre Recht und Verfassung der Siebenbürger Sachsen (I)/ Von Dr.Harald Roth, Deutsches Kulturforum östliches Europa
[mehr...]