Deutsche Armeeangehörige im Ersten Weltkrieg
02.04.09
Wie deutsche Armeeangehörige im Ersten Weltkrieg Rumänien erlebten (IV)
Vor 93 Jahren trat Rumänien in den Krieg gegen die Mittelmächte ein / Von Dr. Michael Kroner
Den Feldzug gegen Rumänien hat auch der Kunsthistoriker Günther von Pechmann als Kommandeur eines Sturmbatallions mitgemacht. Seine „Kriegserlebnisse 1914 - 1918" sind unseres Wissens nicht veröffentlicht worden. Ein Typoskript davon sowie ein Tagebuch über die Teilnahme am Ersten Weltkrieg befinden sich in seinem Nachlaß, der ebenfalls im Germanischen Nationalmuseum von Nürnberg verwahrt wird. In den Erinnerungen heißt es: „Eine wunderbare Bahnreise durch das südliche Ungarn, durch Siebenbürgen; ein mehrtägiger Aufenthalt in Hermannstadt, die Fahrt in meinem kleinen Wagen bis in die Transsylvanischen Alpen; dann noch Herbstritt durch den Roten Turmpaß, der kurz vorher vom Alpenkorps genommen worden war, - so kam ich zum Regiment, das in fortwährenden Kämpfen sich auf den Höhen weiterarbeitete mit der offenen Walachei als Ziel vor sich... Die nächsten Wochen brachten uns einen spannenden, sehr anstrengenden, aber immer erfolgreichen Bewegungskrieg. Fast täglich wurde angegriffen, dazwischen kamen rumänische Gegenangriffe. Tags über wurde gekämpft und marschiert, nachts in Schnee und Regen biwakiert".
Um die an der Westfront geübte Ausbildung der Sturmtrupps, insonderheit nach den Erfahrungen der Sommeschlacht, kennenzulernen, wurde Pechmann Ende 1916 für vier Wochen zu einem Jägerbatallion nach Frankreich kommandiert. Ende Januar 1917 kehrte er nach Rumänien zurück: „Über München fuhr ich nach Wien, Budapest, Hermannstadt. Inzwischen war die Weihnachtsschlacht von Rîmnicul-S²rat geschlagen worden, das Oberkommando war in Buz²u. Ich versuchte über Kronstadt hinzugelangen; auf der Paßhöhe von Predeal sperrten Schneemassen die Bahn, auch zurück nach Kronstadt ging es nicht. Am folgenden Tag kam ich bis Sinaia. Hier hatte ich Zeit, die sinnlosen Verwüstungen zu sehen, die dort eingedrungene Truppen - es sollen ungarische Regimenter gewesen sein - angerichtet hatten. Die Häuser waren zum Teil für die Truppen unbewohnbar, alle Fenster zertrümmert, im Inneren ein Chaos von zerschlagenen Möbeln, Spiegeln, durchstochenen Bildern..." Und er fährt dann fort: „Mit einer Lastkraftwagenkolonne konnte ich weiterfahren über Cîmpina nach Ploe{ti. Die ersten rumänischen Bauernhäuser erschienen blendend weiß. Mit Holzsäulen vor der Hausfront. Vor Ploe{ti die ersten Petroleumquellen, riesige Behälter, die vor dem Einmarsch der deutschen und österreichisch - ungarischen Truppen von den Engländern in Brand gesetzt worden waren, groteske Formen angenommen hatten, und zerstörte Gebäude. Ploe{ti bot das heitere Bild einer weitläufig gebauten Landstadt, in deren Kern sich ein neues, reiches Stadtviertel entwickelt hatte. Ringsum um den neuen Kern schloß sich ein Gewirr von Gärten mit bäuerlichen Wohnhäusern, die interessanter sind als die charakterlosen ´Villen' der Reichgewordenen. Alte, kleine Kirchen von byzantinischem Charakter standen dazwischen".
In einem Brief an einen „Bruder" des Militär-Max-Joseph-Orden vom 7. August 1920 erinnerte sich Pechmann an das Kriegsjahr, das sie gemeinsam in Rumänien verbracht hatten: „Ich habe in jenem Kriegsjahr unvergeßlich schöne Eindrücke von dem Land und seiner Bevölkerung erhalten, und meine Gedanken gehen oft in jene Zeit zurück. Vielleicht können Sie mir einiges sagen, wie der Krieg auf das Land gewirkt hat, wie jetzt die Stimmung dort gegen Deutschland ist, wie es den Familien geht, die uns Deutsche damals oft gastfreundlich aufgenommen haben".
Rudolf Heß, der spätere nationalsozialistische Spitzenpolitiker und Stellvertreter Adolf Hitlers, hat als Leutnant desgleichen am Feldzug gegen Rumänien teilgenommen. Einige an seine Frau, Klara Heß, gerichtete Briefe von der Südfront sind aus dem Nachlass von Wolf Rüdiger Heß herausgegeben worden. Wir zitieren daraus einige Stellen. Am 13. Dezember 1916 ließ er seine Ehefrau wissen: „Die Rumänen hatten Stellung hinter Stellung mit anerkennenswertem Fleiß ausgebaut. Lauter überdeckte Gräben mit Schießscharte neben Schießscharte. An einer wichtigen Stelle waren sogar Panzertürmchen mit Maschinengewehren eingereiht. Hinter dieser Sperrlinie kamen wir dann an ziemlich zerstörten Ortschaften vorbei, nur die moscheenartigen griechisch-katholischen (richtig müsste es heißen orthodoxen) Kirchen standen noch und blinkten mit den goldenen Kuppeln herüber. Es lag Sonne auf der Landschaft und nahm den verkohlten Heimstätten unglücklicher Menschen das Harte und Kalte. Friedlich erhoben sich dahinter die leuchtenden Berge..." (gemeint sind die Karpaten)
(Fortsetzung folgt)
Die Kronstädter Wochenschrift "Karpatenrundschau" erscheint als Beilage in der "Allgemeinen Deutschen Zeitung für Rumänien".
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