...deutsche Armeeangehörige im Ersten Weltkrieg
19.03.09
Wie deutsche Armeeangehörige im Ersten Weltkrieg Rumänien erlebten (II)
Vor 93 Jahren trat Rumänien in den Krieg gegen die Mittelmächte ein / Von Dr. Michael Kroner
Ausgeführt wurden aus Rumänien vor allem Nahrungs- und Futtermittel sowie Erdöl. Die Besatzungstruppen fanden in Rumänien die Überschüsse zweier guter Ernten vor, die Rumänien als Folge des Krieges nicht hatte ausführen können. Die Sommerernte 1917 erbrachte indessen nur geringe Überschüsse, während die totale Missernte des folgenden Jahres kaum für die Versorgung der Bevölkerung und der Besatzungstruppen ausreichte.
In der Zeit vom 1. Dezember 1916 bis zum 10. Oktober wurden 2.267.484 Tonnen Nahrungs- und Futtermittel ausgeführt. Davon erhielt Deutschland 32,8 , Österreich - Ungarn 46,6 , die Türkei 6,7 , Bulgarien 5 und die Etappe 4,5 Prozent. Außerdem gingen 267.879 Tonnen an die Front.
Die Erdölförderung wurde in kürzester Zeit wieder in Gang gesetzt, so dass, bis Oktober 1918, 1.098.192 Tonnen Erdöl und Derivate exportiert werden konnten. An die Front wurden 53.523 Tonnen geliefert.
Exportiert wurden ferner eine Reihe von Rohstoffen wie Leder, Felle, Metalle und Holz.
Dass die Besatzungsmacht nicht Höchstpreise bezahlte, liegt auf der Hand. Es trifft aber nicht zu, dass die Exportgüter geraubt wurden. Die vom Wirtschaftsstab aufgebrachten Waren wurden verrechnet und bezahlt. Ihr Wert belief sich auf etwa eine Milliarde Lei.
Nicht erfasst sind in diesen Lieferungen die Pakete, die Angehörigen der Armee und der Verwaltung in die Heimat schickten. Die Militärangehörigen in der Etappe hatten es in Rumänien „reichlicher und besser" als ihre Lieben daheim, konstatierte Mackensen. Ihre Paketsendungen in die Heimat waren aber sowohl zahlen- als auch quantitätsmäßig limitiert. An diese Bestimmungen hielt sich auch der Oberkommandierende. Seiner Frau schrieb er beispielsweise am 15. März 1918, er könne ihr jetzt kein Paket schicken, da er eine Proviantkiste an Verwandte und Bekannte gesandt habe, und er könne das im zustehende Quantum nicht überschreiten.
Die Requirierungen und Ankäufe haben die rumänische Bevölkerung nicht ausgeraubt und zum Hungern verdammt, obwohl es an Druck und Übergriffen sicherlich nicht gefehlt hat. Der Publizist und Dichter Kurt Tucholsky stellte fest, dass sich die Deutschen von der im Land herrschenden Korruption auch anstecken ließen. Anschaulich beschreibt der bereits zitierte A. Reich die Ankunft im „Schlaraffenland": „Während im Gebirge /gemeint ist der Marsch über die Karpaten/, neben großen Strapazen auch noch Schmalhans Küchenmeister war, wurden in den Dörfern, die wir jetzt durchzogen, reichliche Vorräte und zahlreiches Federvieh vorgefunden, von dem gar manche fette Henne, manch zäher Gänserich abends in der requirierten Pfanne protzelte und schmor. Feiste Schweine und Ferkel trieben sich in Fülle umher, von denen das eine oder andere mit Anweisung von Br²tianu /rumänischer Premierminister/ oder sonst einem rumänischen Heiligen, eingezogen wurde und in den ewig hungernden Soldatenmagen verschwand".
Mackensen - der ungekrönte König Rumäniens
„In den vier Fünfteln Rumäniens, die jetzt in unseren Händen sind, vertrete ich also zur Zeit den König Ferdinand", schrieb Feldmarschall Mackensen am 18. Januar 1917 aus Bukarest an seinen Sohn Hans Georg. Seiner Stellung verlieh er dadurch sichtlichen Ausdruck, dass er in den königlichen Schlössern von Bukarest und Sinaia residierte. In militärischen und politischen Kreisen der Mittelmächte stellte man zudem Überlegungen an, den „verräterischen" rumänischen König zu beseitigen. Bei Begegnungen mit den in Bukarest verbliebenen germanophilen Führern der Konservativen Partei, Alexandru Marghiloman und Petru Carp, äußerte Mackensen die Meinung, der König habe sich als Angehöriger des Hauses Hohenzollern-Sigmaringen gegenüber dem Vermächtnis seines Vorgängers Karl I. und durch seinen Treubuch gegenüber dem Bündnisvertrag von 1883 in solchem Maße diskreditiert, dass er nicht mehr zu halten sei. Macksensen rechnete natürlich mit dem Sieg der Mittelmächte, wobei Rumänien im Einflussbereich Deutschlands bleiben werde. Die genannten rumänischen Politiker stimmten ihm zu. In einem Immediatbericht an Wilhelm II. unterbreitete Mackensen einen konkreten Vorschlag - der rumänische Monarch sollte durch den Sohn des Kaisers, Prinz Oskar, ersetzt werden. Einen Erzherzog des Hauses Habsburg hingegen, der auch im Gespräch war, lehnte er ab, da er der Ansicht war, dass das österreichisch - ungarische Wesen eine gesunde, innere Wiedergeburt Rumäniens ausschließe. Wie aus einer Notiz am Rande des Schreibens hervorgeht, zog der Kaiser als Thronkandidaten seinen Schwager Friedrich Karl von Hessen vor.
Über die Art wie Ferdinand abgesetzt werden sollte, gab es Meinungsverschiedenheiten. Während Petre Carp dafür plädierte, die Dynastie kurzweg durch einen von Deutschland bestimmten Herrscher zu ersetzen, sprach sich Marghiloman für die Abhaltung von Parlamentswahlen aus, wobei die neugebildeten Kammern Ferdinand absetzen und einen Nachfolger wählen sollten. Das neugewählte Parlament sollte auch eine neue Regierung bilden und sofort Friedensverhandlungen mit den Mittelmächten einleiten. Marghiloman hingegen wünschte nicht die Beseitigung der rumänischen Hohenzollern-Dynastie, sondern bloß des schwachen und von seiner Frau, der anglophilen Königin Maria, beherrschten Monarchen Ferdinand. Er schlug vor, Prinzessin Elisabeth (geboren 1894) mit einem Prinzen aus deutschem Fürstenhause zu verheiraten und beide als Königspaar einzusetzen. In Frage kamen nach ihm aber auch die Söhne Ferdinands, Karl und Nicolae (letzterer war noch minderjährig).
Die deutsche Regierung zögerte den beabsichtigten Thronwechsel zu forcieren, nachdem sich herausstellte, dass Ferdinand in dem unbesetzten Teil Rumäniens an Popularität gewann, das besonders unter den Soldaten, denen er nach Kriegsende eine weitgehende Bodenreform und andere soziale und demokratische Umgestaltungen versprochen hatte. Hinzu kam, dass Österreich - Ungarn gegen einen Machtzuwachs Deutschlands an der unteren Donau mittels eines von ihm eingesetzten Monarchen war. Prinzipiell waren sich die deutschen und österreichisch-ungarischen Politiker auch im Sommer 1918 darüber einig, dass Ferdinand nicht auf dem Thron bleiben dürfte; sie hofften, dass nach Unterzeichnung des Friedensvertrages Ferdinand als einer der Hauptschuldigen am Desaster des Landes vom rumänischen Volk beseitigt werde. Die Hoffnungen entsprachen aber eher einem Zweckoptimismus als einer gegen Ferdinand gerichteten allgemeinen Volksstimmung. So blieb Ferdinand auf dem Thron.
Nichtsdestoweniger residierte Mackensen selbstherrisch weiter in Bukarest. Im Sommer floh er vor der großen Hitze aus der Hauptstadt nach Sinaia, wo sich im Schloß Pele{ die Sommerresidenz der Königsfamilie befand. In Bukarest hielt er sich bloß drei Tage von Samstag bis Montag auf. Sonst leitete er über Fernschreiber und Fernsprecher das Verwaltungsoberkommando. „Alle diese Einrichtungen hat der Verlauf des Krieges wesentlich vervollkommnet. Wir können uns mit dem großen Hauptquartier unterhalten wie zwei Menschen", staunte er über den technischen Fortschritt.
(Fortsetzung folgt)
Foto:
Generalfeldmarschall August von Mackensen (1849-1945)
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