Die Zeidner Orgel, ein Kulturbarometer der Gemeinschaft (II)
06.07.17
Vortrag zur Zeidner Tagung in Bad Kissingen am 1. April 2017
3. Begegnungsplatform für Kultur, Erbauung und Pflege
Was bewirkt und bewegt denn heute eine Orgel in uns ? Ist das nicht doch zu langweilig ? Alte sakrale Musik statt Spass und Unterhaltung ?! Dumpfe Orgel Musik im tiefen finsteren Tal der Tränen anstatt, Show und Extravaganz ?! Wieso übersehen wir heute so leicht den unschätzbaren Wert einer gut klingenden, historischen Orgel ?! Das Überangebot von Überflutungen einer Spassgesellschaft überfordert. Es führt zu einer passiven Sättigung und Abstumpfung. Für wahre tiefe Werte, die man nicht mit Geld bezahlen kann, fehlt es an Orientierung, Offenheit und vor allem Zeit. Es ist schwer Menschen für Kunst und Kultur zu begeistern solange sie taub sind vom Lärm der Ablenkungen. Es ist schwer Menschen dazu zu bewegen, den Wert und die Qualität einer historischen Orgel kennen zu lernen, solange sie in der Banalität des Alltages, gefangen sind als Sklaven ihrer Unbeholfenheit. Wer begreift schon den Wert eines Klanges von einem Instrument das über 230 Jahre alt ist ? Wer erahnt schon, dass gerade eine Orgel wie die in Zeiden lebendige ergreifende Klänge erzeugt , welche das Herz, die Seele und den Verstand erreichen? Wer spürt daß der Klang der Zeidner Orgel eine direkte Verbindung nicht nur zur Dimension Gott herstellt, sondern zu den kostbaren Wurzeln unserer Ahnen, Väter und deren Mütter ? Wer ergreift die Chance in Zeiden den Orgelklang als Echo der Gemeinschaft zu erleben ? Was nutzt kultivierte Orgelmusik ohne dankbare Empfänger ? Es lohnt sich diese Fragen zu stellen, um nach Antworten zu suchen. Dazu verhilft die Magie einer erfüllenden Klangresonanz der Orgel . Sie ist wie eine aufgehende Sonne die dem Moment einen besonderen Reiz der Dankbarkeit verleiht. Sie kann Kräfte erzeugen, die sie sich bündeln lassen. Und das als Begegnungsplatform für Kultur , Erbauung und Pflege. Das erfodert stets neues Erwecken an Interesse. Es ist eine Herausforderung, das Interesse der Menschen für eine Kulturinsel zu erwerben, gerade wenn sie im Meer der Verantwortungslosigkeit nach Orientierung suchen.
8. Aktuell
Das gute Funktionieren der Zeidner Orgel und die positive Verbindung mit Gemeinschaft und Konzertpublikum bilden einen wichtigen Segment im Zeidner Wunderkreis und das ist keine Selbstverständlichkeit. Dafür sind stets neue kreative Ideen erforderlich, um das Interesse der Zuhörer zu aktivieren.
So hatte Pfarrer Andreas Hartig, mit beherzter Initiative eingeführt, daß die Gemeinschaft auch zum Orgelnachspiel sitzen bleibt, um dem Orgelklang nach zu lauschen. Zur andächtigen Stimmung nach dem Segen, wird eine Klangresonanz zu Gemüte gelegt. Die Reaktionen dazu sind ermutigend, anerkennend, dankbar und positiv. Ähnlich hat sich die regelmäßige Orgelmeditation nach der Lesung eingependelt. Meditative Klänge helfen die biblischen Gedanken in Ruhe zu verarbeiten. Mal ist es einfach nur die Stille die man mit wohltuender Musik erlebt, mal spürt man über den Orgelklang eine Musik die tröstet, oder die Geborgenheit, Liebe, inneren Frieden und die Nähe Gottes schenkt. Das sind schöne Bereicherungen für die Zeidner Gemeinschaft. Sie helfen den Wert des Orgelklanges zu sensibilisieren.
Dann gibt es stets Besucher, Delegationen , Gruppen , Reisende , Kulturfreunde welche den Genuss eines Orgelklanges zu schätzen wissen. Für sie darf ich stets unzählige Male den Zeidner Orgelklang zum Leben erwecken. Die Orgel wird zur Oase tiefster Empfindungen. Zum musikalischen Höhepunkt der Musica Sacra in Zeiden gehören die alljährliche Orgelkonzerte. Seit 17 Jahren wirke ich nun in Zeiden und durfte dazu beitragen, dass die Stadt Zeiden stets Gastgeber war, für zahlreiche hochkarätige Orgelkünstler aus Rumänien und aus vielen Ländern Europas. So setzt die Kirchengemeinde Zeiden mit Konzertveranstaltungen für die Stadt Zeiden einen sehr hohen kulturellen Maßstab. Inzwischen hat sich auch die Musica Barcensis von Forum Arte Kronstadt eingeschaltet. Zeiden gehört nun mit ihrer Orgel auch zum Kulturmagneten des zahlreichen Publikums aus Kronstadt, sowie der Region Burzenland.
9. Perspektive
Durch die Zeidner Orgel werden folgende Fragen als Aufgabe als permanente Herausforderung gestellt: Wie können wir für die Zeidner Orgel ein breites Publikum erreichen, begeistern und neugierig machen? Wer ist bereit diese Aufgabe zu unterstützen? In der allgemeinen Stadtbevölkerung ist eine gewisse Kulturpassivität deutlich spürbar. Diese Problematik muss erst analytisch erfasst werden. Erst sollte man begreifen statt bejammern. Das lässt sich nicht von heute auf morgen lösen, sondern erfordert perspektivische Entwicklung. Es gibt den ganz bescheidenen Kreis der treuen Bewunderer, für die sakrale Orgelmusik in Zeiden. Dieser Kreis erfordert hohe Aufmerksamkeit. Es macht Sinn dafür hochkarätige Kunstmusik anzubieten. Qualität ist wichtiger als Quantität. Neulichst existiert an der Burgmauer das neue Zeidner Stadtmuseum. Zahlreiche Besucher strömen hinzu. Sie entdecken die Kirchenburg. Dann entdecken sie die Kirche und dann auch die Orgel. Sie werden über die Orgel und stattfindende Konzerte vom jungen Kirchenführungspersonal als auch über die Museumsleiter informiert. Es entsteht Neugier und es erfolgt das Staunen.
Oft genug erscheinen ganze Schulklassen zur Kirche um die Orgel zu hören. Das ist besonders schön und das gibt Hoffnung. Oft genug hören diese Kinder zum ersten Mal eine echte Kichenorgel. Sie staunen dass es etwas gibt, das sowas von alt ist, und für einen Moment vom Handy völlig ablenken kann. Und so entsteht rund um das Geschehen der Zeidner Orgel ein Kulturbarometer der Stadt. Wir alle die wir uns angezogen fühlen von der Faszination der Zeidner Orgel, bilden zum Kulturbarometer der Stadt Zeiden, den Messwert der nach Oben zeigt. Wenn eine Orgel erklingt, dann sind die Sinne nach Oben gerichtet: wie die Flamme einer Kerze, wie der Klang einer Orgelpfeife, wie die Herzen, wenn sie höher schlagen, zur Dimension der Erhabenheit Gottes.
Klaus Dieter Untch
Die Kronstädter Wochenschrift "Karpatenrundschau" erscheint als Beilage in der "Allgemeinen Deutschen Zeitung für Rumänien".
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