Ein halbes Jahrhundert „Club of Rome“ (2)
28.01.21
von Uwe Grün (Bergisch Gladbach)
Pecceis Initiative fand sofort große Zustimmung innerhalb des „Club of Rome“. Man hatte sowohl in Amerika als auch in Deutschland Stiftungen zur finanziellen Unterstützung der Projekte verpflichten können. In Deutschland bot die Volkswagen Stiftung ihre Unterstützung an. Besonders hervorgetan hatte sich Prof. Dr.- Ing. Dr. h.c. Eduard Pestel, Leiter des Instituts für Mechanik der Technischen Universität Hannover, seit 1969 Mitglied im Exekutiv-Komitee des „Club of Rome“ und seit 1969 auch Mitglied im Kuratorium der Stiftung Volkswagenwerk. Er hatte in kürzester Zeit alle sehr anspruchsvollen und zeitraubenden bürokratischen Formalitäten erledigt. Prof. Forrester hatte das „Weltmodell“ (World3)durch seine langjährige Erfahrung in sehr kurzer Zeit im Laufe der Jahre 1970/1971 zusammengestellt. Durch ein kluges Aggregationsverfahren konnten die mehreren Tausend anfallenden Gleichungen auf etwa 3000 Gleichungen begrenzt werden, zu deren Lösung drei Großrechner, zwei in den USA und einer in Hannover, parallel geschaltet werden konnten. Nach mehreren Wochen Rechenzeit waren erste Ergebnisse verfügbar.
Man hatte im Modell fünf wichtige Trends in der weltweiten Entwicklung berücksichtigt:
1. die beschleunigte Industrialisierung
2. das exponentielle Bevölkerungswachstum
3. die weltweite Verknappung der Ernährung in Entwicklungsländern
4. die beschleunigte Ausbeutung von nichtregenerativen Rohstoffen
5. das kontinuierliche Fortschreiten der Zerstörung der Umwelt. Ziel des von Forrester erstellten ersten Weltmodells war es, eine Antwort auf folgende Fragen zu erhalten: Wie wird sich das Weltmodell als komplexes System verhalten, wenn das Wachstum in den wesentlichen Bereichen sich den Maximalgrenzen nähert? Welche heute vorherrschenden Beziehungen und Verhalten müssen sich ändern, damit ein exponentielles Wachstum in einen Gleichgewichtszustand übergehen kann? Wie sieht eine Weltwirtschaft mit begrenztem, kontrolliertem Wachstum aus? Welchen Einfluss nehmen möglicherweise neue technologische Entwicklungen auf das Wachstum unterschiedlicher Größen?
Forresters Weltmodell „World3“ gestaltete sich als ein Simulationsprogramm, welches es zuließ, dass mehrere Alternativen im System durchgespielt wurden und man unterschiedliche Trends als Funktion der Zeit dazu erhielt.
Man hatte die Zeitspanne der Studie auf zweihundert Jahre beschränkt, von 1900 bis 2100 . Unter den berechneten Größen wurden die Geburtenrate, die Todesrate und die Dienstleistungen pro Kopf ($ pro Kopf und Jahr) zusätzlich berücksichtigt. Bis zum Jahr 1970 wurden die aus Statistiken bekannten Daten eingegeben. Forrester und sein MIT-Team machten die Feststellung, dass der Verlauf der Prognosen weniger von den eingegebenen Daten abhing als von der Art, wie die über hundert unterschiedlichen Kausalketten im Weltmodell aufgebaut waren. Es ergab sich aus der Komplexität des Modells, dass die verschiedenen Größen, welche die Trends darstellen, in vielfältiger Wechselwirkung stehen.
Trotz der hohen Komplexität des Forrester-Weltmodells, das zur praktischen Durchführung durch viele Vereinfachungen und Abstraktionen umgestaltet werden musste, war das MIT- Team um Forrester der Auffassung, dass das Modell in erster Näherung die Realitäten in der Weltwirtschaft doch recht gut abbilde und belastbar sei.
Dabei waren die Ergebnisse aus dem Weltmodell ohne Korrekturen oder stabilisierende Einflüsse gelinde gesagt schockierend: Es zeigte sich, dass die ständige Hochschaukelung des Kapitals und der Bevölkerung, getrieben durch ständiges Wachstum der Industrieprodukte, noch vor dem Jahr 2100 bei begrenzten Rohstoffreserven zu einem Kollaps des Bevölkerungswachstums führen würde. Selbst wenn die Rohstoffreserven verdoppelt würden, wäre der Kollaps mit etwas Verzögerung dank der dramatischen Umweltverschmutzung unausweichlich. Angesichts dieser Voraussagen nahmen Forrester und seine Mitarbeiter das Weltmodell nochmals genauer unter die Lupe. Dabei enthielten die Simulationen des Weltmodells auch Lösungen für ein stabiles und harmonisches Wachstum der entscheidenden Größen im Modell; die Erfahrung zeigte jedoch, dass solche Lösungen kaum praktisch durchführbar schienen.
Forrester veröffentlichte die ersten Ergebnisse im Jahr 1971 in dem Buch „World Dynamics“. Die deutsche Ausgabe erschien unter dem Titel „Der teuflische Regelkreis. Das Globalmodell der Menschheitskrise“ bei der Deutschen Verlagsanstalt Stuttgart. Es beleuchtet in allgemeinverständlicher Art und Weise, wie Forrester das Modell entwickelt hat. Sein Kollege Prof. Dr. Meadows (MIT) bearbeitete mit einer Gruppe von Studenten vom MIT das gesamte Material für den wissenschaftlich nicht vorgebildeten Leser und veröffentlichte es unter dem Originaltitel „The Limits to Growth“, Universe Books, New York (1972). In deutscher Sprache erschien dies Buch wie folgt: Dennis Meadows, Donella Meadows, Erich Zahn , Peter Milling: „Die Grenzen des Wachstums. Bericht des Club of Rome zur Lage der Menschheit“. Das Buch erschien in Deutschland nur ein Jahr später als RORORO Sachbuch in einer Auflage von über einer halben Million Exemplaren und erhielt 1973 den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels.
Fortsetzung folgt
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