Ein Hoffnungsschimmer
29.04.21
Gedanken von Hermann Kurmes zu Taufe und Konfirmation in Weidenbach
Hermann Kurmes ist vielen unserer Lesern bekannt als Eigentümer, zusammen mit Ehefrau Katharina, des im Bergdorf Magura, am Fuße des Königsteins gelegenen Gästehauses „Villa Hermani“. Der Rückkehrer aus Deutschland ist in seinem Heimatdorf Wolkendorf Presbyter der evangelischen Kirchengemeinde. Die Taufe und Konfirmation seines Sohnes Julian, gleichzeitig mit der Taufe seiner Enkeltochter Ana Elisabeth und zwei weitere Erwachsenenkonfirmationen am 11. April in Weidenbach waren für ihn der Anlass zu einer Ansprache bei dem von Pfarrer Uwe Seidner geleiteten Gottesdienst. Da sie nicht nur für die Weidenbacher Kirchengemeinde interessant sein dürfte, stellen wir sie in leicht gekürzter Fassung auch unseren Lesern zur Verfügung. (RS)
Die Zeiten sind alles andere als leicht. Eine Pandemie bestimmt seit gut mehr als einem Jahr unseren Alltag. Voraussichtlich zu planen ist kaum möglich. Wenn wir einen Blick auf unsere Gemeindestatistik werfen, merken wir, dass die Zahl unserer Kirchenglieder abnimmt. Die Zahl der Todesfälle ist weitaus höher als die Zahl der Hochzeiten und Taufen. Wir atmen also auf, wenn es doch noch erfreuliche Ereignisse zu vermelden gibt!
Heute feiern wir gleich zwei positive Ereignisse hier in der Kirche zu Weidenbach, nämlich die Taufe von Frederik Laier, Julian Kurmes und Ana Elisabeth Kurmes, anschließend die Erwachsenenkonfirmation von Frederik Laier, Laurian Badea und Julian Kurmes. In dieser Form hat es das in Weidenbach wohl noch nie zuvor gegeben!
Bei Ana Elisabeth geht alles seinen gewohnten, traditionellen Gang. Die Eltern haben entschieden, dass sie, von Gott geschützt, Mitglied der evangelischen Glaubensgemeinschaft werden soll, doch bei den drei jungen Männern sieht es etwas anders aus! Hier steht eine bewusste Entscheidung von Erwachsenen im Vordergrund, die sich entschlossen haben zum evangelischen Glauben „Ja“ zu sagen und Mitglied in unserer christlichen Glaubensgemeinschaft zu werden. Auch fragen wir uns, warum sich junge - oder nicht mehr ganz so junge – Erwachsene konfirmieren lassen. Die Gründe können wir nur erahnen: Vielleicht etwas Versäumtes nachholen? Die Verantwortung als Pate übernehmen zu wollen? Eine anstehende kirchliche Trauung? Zunehmendes Interesse für die evangelische Kirche und ihre Besonderheit den christlichen Glauben zu leben?
Das Bedürfnis Mitglied der evangelischen Kirche zu sein, ist im Laufe der Jahre gewachsen. Das geschieht immer öfter im rumänisch-sprachigen Umfeld, also bei Menschen, die orthodox getauft wurden, sich in der evangelischen Kirche wohl fühlen und dem Kulturkreis der evangelischen Kirche näher sein möchten. Das sind oft Menschen, die einen entsprechenden Hintergrund haben, also z.B. den deutschen Kindergarten,die deutsche Schule besucht haben oder auch einfach Freunde aus dem „deutschen“ Umfeld haben. Nicht zuletzt kann es vielleicht auch an dem Pfarrer liegen, der Vorbildfunktion übernimmt und seinen Glauben überzeugend und begeisternd vertritt, wie es bei unserem Pfarrer der Fall ist. (Das kann ich auch aus vielen Gesprächen mit Besuchern bestätigen, von denen immer wieder der Satz zu hören ist: Bei eurem Pfarrer würde ich auch wieder in die Kirche eintreten!)
Wir freuen uns heute ganz besonders über die drei jungen Männer, die diesen Schritt bewusst vollziehen und so möchte ich die drei Konfirmanden bei dieser Gelegenheit vorstellen: Frederik Laier ist in Deutschland geboren, kam als Medizinstudent nach Neumarkt/Tg. Mures. Laurian Badea ist in Weidenbach und Neustadt aufgewachsen, er besuchte den deutschen Kindergarten und die deutsche Schule. Er wurde orthodox getauft, möchte aber nun evangelisch konfirmieren, weil er einen Sinn in der evangelischen Lebensweise sieht und sich da heimisch fühlt. Julian Kurmes kam als Neubürger mit sächsischen Wurzeln aus Deutschland nach Weidenbach. Vor 4 Jahren wurde er in dieser Kirche mit Monika Paiuc getraut und heute wird hier auch sein Töchterlein Ana Elisabeth getauft.
Unsere Konfirmanden wurden von Pfarrer Uwe Seidner auf dieses heutige Ereignis vorbereitet. Es war nicht immer leicht den Zugang zu den Konfirmanden zu finden – die Fragen der Erwachsenen sind doch anders als die der Kinder oder Jugendlichen. Für seine Geduld, Flexibilität und Umsicht möchte ich ihm an dieser Stelle ganz herzlich danken.
Angesichts der schrumpfenden sächsisch-evangelischen Gemeinden kann die Aufnahme in unsere Mitte dieser drei jungen Männer ein Hoffnungsschimmer sein. Das Gemeindeleben in Weidenbach kann daraus einen Gewinn ziehen. Es kann vielleicht dazu führen, dass aus der Diasporagemeinde Weidenbach einmal wieder eine eigenständige Gemeinde wird – aber das ist im Moment noch Vision. Trotzdem muss die Frage gestellt werden, was wir – die „alten“ Gemeindeglieder tun können, damit das geschieht und was kann die Kirche tun?
Tatsache ist, dass die meisten rumänischen Mitbürger uns immer noch als eine Art geschlossene Gesellschaft wahrnehmen, die zudem noch stark überaltert ist. Auch wenn wir nicht missionieren, dürfen wir gerne informieren. Und das ist wichtig!
Was heißt evangelisch sein in Rumänien? Weltoffenheit ohne Diskriminierung; Pflege sächsischer Traditionen; eine gelebte Gemeinschaft , die vor Resignation schützt; es heißt auch Anpassung an eine sich stetig verändernde Welt. Wir dürfen diese Welt mitgestalten, Sprache, Kultur und Religion können nicht mehr das Leben und den Wert eines Menschen bestimmen, sondern es geht um immer mehr Toleranz, Erleben von Vielfalt und Anerkennung von anderen Lebensweisen.
Diese Gedanken möchte ich heute an euch alle weitergeben, insbesonders aber an unsere Täuflinge und Konfirmanden: Es liegt an euch, inwiefern ihr euch nun auf diese Gemeinschaft einlasst und euch in sie einbringt und mitmacht. Ihr seid herzlich willkommen, in eurem neuen Zuhause!
Hermann Kurmes
Ein Anlass zur Freude in der Kirchengemeinde: im April wurde in Weidenbach Taufe, Erwachsenentaufe und Erwachsenenkonfirmation gemeinsam gefeiert. Foto: privat
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