Ein Mahnmal für Opfer von Krieg und Gewalt
22.10.09
Gedenkfeier beim Marienburger Studentendenkmal
Es ist zur Burzenländer sächsischen Tradition geworden, die nicht in Routine verkommen darf, Mitte Oktober an die Opfer der Schlacht bei Marienburg zu erinnern. Das 1913 errichtete Denkmal, das an die Studenten (das heißt damalige Schüler des von Honterus gegründeten Gymnasiums) erinnert, die am 16. Oktober 1612 ihr Leben im Kampf für die Freiheit Kronstadts gegen die Willkür eines despotischen Fürsten verloren hatten, erhielt nach 1989 eine umfassendere und (leider) weiterhin aktuelle Tragweite. Nicht allein an die toten Studenten und die gefallenen Kronstädter wird erinnert, sondern auch an die Opfer von Gewalt in all ihren totalitären Äußerungen – von Krieg und Haft bis Deportation und Flucht. Das Denkmal ist somit zum Mahnmal geworden: glorifiziert wird nicht (wie das leider in der Zwischenkriegszeit propagandistisch geschah) der Tod am Schlachtfeld sondern erinnert wird an die vielen, oft unbekannt gebliebenen Opfer, an ihr Leid und jenes ihrer Angehörigen.
In diesem Sinne verlief am Samstag, dem 17. Oktober, auch die Veranstaltung die das Kronstädter Forum unter Mitwirkung der evangelischen Honterusgemeinde und des Honteruslyzeums organisierten. Rund dreißig Teilnehmer versammelten sich um 14.30 Uhr beim Denkmal. Eingeleitet wurde die Feier von der Burzenländer Blaskapelle, die zu diesem Anlass auch das „Gebet“ von W.A.Mozart und „Ich hatte einen Kameraden“ spielte. Wolfgang Wittstock, Vorsitzender des Kronstädter Stadt- und des Kronstädter Kreisforums, beschrieb nicht nur den historischen Kontext der Marienburger Schlacht sondern unterstrich auch, dass mit dieser Feier alle Vorfahren geehrt werden, die unter Gewalt zu leiden hatten. Deshalb erhalte der 16. Oktober den Stellenwert eines Volkstrauertages für die Burzenländer Sachsen. Der Kronstädter Stadtpfarrer Christian Plajer schloss in sein Gebet all jene ein, die Diktatur und Willkür am eigenen Leibe erfahren mussten – in vergangenen Jahrhunderten aber auch im so bewegten vorigen Jahrhundert und leider selbst heute noch, in verschiedenen Teilen der Welt wo Krieg und Terror, Tod und Flucht zum Alltag gehören. Der Bürgermeister von Marienburg, Sorin Taus, äußerte seinen Respekt für die Art und Weise wie beim Kronstädter Forum an den Freiheitskampf und die damit verbundenen Opfer der Vorfahren erinnert wird. Gleichzeitig sagte er volle Unterstützung zu, um das sächsische Erbe in Marienburg zu pflegen – zumal 2011 acht Jahrhunderte seit Bestehen dieser Ortschaft gefeiert werden.
Bettina Boeriu und Norbert Illyes, beide Schüler der XII. Klasse am Kronstädter Honteruslyzeum, lasen abschließend aus Dokumenten vor - Gedicht, Brief und Rede -, verfasst vom Kronstädter Stadtrichter Michael Weiss, der bei Marienburg den Kronstädter Befreiungskampf anführte und dabei auch ums Leben kam. „Er tat, was er dem Vaterland schuldig war“ - dieser einfache Satz mit dem die Kronstädter ihren Stadtrichter würdigten, und seine lateinische Variante schmückten den Kranz den die Veranstalter zusammen mit dem Kranz seitens des Marienburger Bürgermeisteramtes beim Denkmal niederlegten.
Rund dreimal so viele Teilnehmer als bei der Feier beim Studentendenkmal beteiligten sich an dem anschließenden musikalischen Festgottesdienst der in der Marienburger evangelischen Kirche abgehalten wurde. Es traten auf: der Kirchenchor Zeiden und Heldsdorf (geleitet von Klaus Dieter Untch), das „Canzonetta“-Ensemble (Leitung Ingeborg Acker) und der Petersberger Kirchenchor, dirigiert von Diana Bâldea. An der Orgel spielten Eckart Schlandt und Steffen Schlandt. Die Festpredigt, die in Bezug zur Michael-Weiss-Gedenkfeier stand, hielt der Dechant des Kronstädter Kirchenbezirks, Christian Plajer.
Ralf Sudrigian
Foto 1
Der Vorsitzende des Kronstädter Forums, Wolfgang Wittstock (links), und der Bürgermeister von Marienburg/Feldioara), Sorin Taus, bei der Kranzniederlegung am Studentendenkmal.
Foto 2
Der vereinte Kirchenchor Zeiden und Heldsdorf (Dirigent: Klaus Dieter Untch) eröffnete den musikalischen Teil des Festgottesdienstes in der Marienburger Kirche.
Foto: der Verfasser
Die Kronstädter Wochenschrift "Karpatenrundschau" erscheint als Beilage in der "Allgemeinen Deutschen Zeitung für Rumänien".
Herausgeber: Demokratisches Forum der Deutschen im Kreis Kronstadt
Redaktion: 500.030 Braşov, Str. GH. Baiulescu 2,
Fernruf und Telefax: 0040 -(0)268/475 841,
E-Mail:kronstadt@adz.ro
Schriftleiter: Elise Wilk.
Redaktuere:Ralf Sudrigian, Hans Butmaloiu, Christine Chiriac (Redakteurin, 2009-2014), Dieter Drotleff (Redaktionsleiter 1989 - 2007)
Aktuell
Karpatenrundschau
19.04.24
Literarisch-musikalische Performance im Apolonia Kulturzentrum, Kronstadt
[mehr...]
19.04.24
Das Museum für Sport- und Bergtourismus öffnete seine Tore in Kronstadt
[mehr...]