Eine Leidenschaft, die Menschen zugute kommt
28.01.21
Ana Sestacova vertritt die Kronstädter Hausärzte
Mit entschlossenem Blick und sicherer Stimme spricht Ana Sestacova über ihre Arbeit. Sie ist Hausärztin in Marienburg und hat Mitte Januar das erste Impfzentrum in einem ländlichen Gebiet aus dem Kreis Kronstadt eröffnet. Dieses befindet sich im Erdgeschoss des Kulturhauses der Ortschaft. Der große Raum, wo einst Kulturveranstaltungen stattfanden, dient jetzt als Impfzentrum. Schon beim Eingang riecht es hier stark nach Desinfektionsmittel. Eine Frau wäscht den Fußboden. Junge Männer in blauen Arztkitteln und mit Einweghandschulen begleiten zwei Senioren in die Impfkabinen. Musik ertönt aus einem Radio.
“Jede Stunde werden fünf Patienten gegen den neuartigen Coronavirus geimpft” sagt die Leiterin des Zentrums. “Wir könnten drei- bis fünfmal mehr impfen, aber wir haben leider keinen Impfstoff. Wir hoffen, in Zukunft mehrere Dosen zu erhalten”. Sestacova ist stolz in kürzester Zeit, mit Unterstützung des Bürgermeisteramts aus Marienburg, ein modernes Zentrum auf die Beine gestellt zu haben, das über alles Nötige verfügt. Dass allerdings viele Leute hier geimpft werden, die nicht zu Marienburg zugestellt sind, findet sie unfair, zumal ihre eigenen Patienten, viele davon Senioren, in dieser zweiten Impf-Etappe keine Chance auf die Impfung haben.
Engagierte Ärztin
Ana Sestacova arbeitet seit 2017 in Marienburg. Mit dem eigenen Geld und Spenden hat sie ihre Praxis nach west-europäischem Modell eingerichtet und ausgestattet und betreut mittlerweile rund 1.300 Patienten. “Am Dorf mache ich mehr Medizin, von kleiner Chirurgie bis zu intravenöser Behandlung“, begründet die Ärztin die Entscheidung, ihren Traumberuf im ländlichen Raum auszuüben. Auch die enge, vertrauensvolle Beziehung zu den Patienten, deren Familien und Pathologien sie kennt, seien ihr wichtig. Davor hat die nun 43-jährige acht Jahre lang eine Praxis in Bodendorf geleitet.
Die einwandfreie Zusammenarbeit mit den wesentlichen Gliedern der Gesellschaft, sprich Bürgermeisteramt, Polizei, Schule und Pfarrer, ermutigen sie weiterzumachen, auch wenn das Pendeln aus Kronstadt, die ärztlichen Wachen und Einsätze, wie auch das Impfzentrum sehr viel Zeit und Energie in Anspruch nehmen. Dass die Familie in ihrem Leben zu kurz kommt, bedauert sie, doch sei ihre Leidenschaft für Medizin, die sie schon seit der Kindheit pflegt, prioritär. “Edy (anm.d.Red Edmond Hermel) ist ein wunderbarer Mensch, er hat unsere Tochter fast alleine großgezogen. Für Myriam ist die Großmutter, Astrid Hermel, wie eine Mutter“ sagt Sestacova mit Begeisterung über ihre Familie.
Schirmherrschaft der Kronstädter Hausärzte
Um die professionellen, wissenschaftlichen, rechtlichen, und wirtschaftlichen Interessen der Hausärzte zu verteidigen, aber auch um klarzustellen, dass Familienmedizin der Grundstein des Gesundheitssystems ist, der mit mehr Achtung behandelt werden muss, gründete die in der Republik Moldau geborene Sestacova gemeinsam mit ihrem Ehemann Edmond Hermel, im Jahr 2018 die Schirmherrschaft der Kronstädter Hausärzte. Die unabhängige Nichtregierungsorganisation hat bereits den für ein gutes Funktionieren des medizinischen Prozesses den wesentlichen Dialog zwischen Hausärzten und Ärzten verschiedener Spezialisierungen, aber auch zu den Patienten, zur Zivilgesellschaft, zu lokalen und nationalen Behörden, wie auch zu weiteren NROs oder Schirmherrschaften im In- und Ausland eingeleitet. „Unser Hauptempfänger ist der Patient” erklärt Hermel, Manager und Verwalter der Organisation. Die Tätigkeit der beiden wird von den Ärzten der knapp 315 in der Organisation eingeschriebenen Praxen geschätzt, zumal sie professionell vertreten und gesetzlich beraten werden. Die angestrebte Unterstützung für Hausärzte würde viele Medizin-Absolventen oder junge rumänische Ärzte überzeugen, nicht auszuwandern und vielleicht sogar im ländlichen Gebiet zu arbeiten. In absentia ist es kein Wunder, dass mehr als 300 Dörfer und Ortschaften landesweit über keinen Hausarzt verfügen, mehr als 1.000 unzureichend bedient werden können.
Ärztlicher Bereitschaftsdienst
Um die Stetigkeit der medizinischen Versorgung zu sichern hat die Hausärztin das Programm ihrer Praxis verlängert, sodass dieses rund um die Uhr ärztliche Betreuung gewährleistet. Der von ihr in Marienburg geleitete ärztliche Bereitschaftsdienst empfängt Patienten mit nicht lebensbedrohlichen gesundheitlichen Problemen auch in der Nacht, an Wochenenden und an Feiertagen. Der Dienst ist kostenfrei und steht sowohl krankenversicherten, wie auch unversicherten zur Verfügung. Dank dieses Dienstes wird die Notfallaufnahme stark entlastet.
11 ärztliche Bereitschaftsdienste gibt es im gesamten Kreis Kronstadt, drei davon bedienen das Munizipium, weitere 12 verschiedene Dörfer und Ortschaften. Die von Sestacova geleitete NRO setzt sich dafür ein, dass in jedem Wohnviertel aus dem Munizipium Kronstadt Praxen medizinische Wachen anbieten. Diesbezüglich gab es Besprechungen mit dem neuen Team des Bürgermeisteramts. “Angenommen der Tatsache, dass die Gesundheit grundlegend ist, wäre es an der Zeit, zu handeln” sagt sie kategorisch. Ohne Unterstützung von den Lokalbehörden, die für Miet- und Nebenkosten der Praxen aufkommen, sind die wenigsten Hausärzte motiviert, ihre Freizeit für einen guten Zweck, dem Behandeln von Patienten, zu opfern.
Laura Capatana Juller
Ana Sestacova und ein Assistent im Impfzentrum aus Marienburg. Foto: die Verfasserin
Die Kronstädter Wochenschrift "Karpatenrundschau" erscheint als Beilage in der "Allgemeinen Deutschen Zeitung für Rumänien".
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