Enteignung und wirtschaftliche Entmachtung der Deutschen Rumäniens
02.04.20
75 Jahre seit der kommunistischen Bodenreform (I) / Von Michael Kroner
Nach dem 23. August 1944 wurden die Deutschen Rumäniens als angebliche Kollaborateure Deutschlands für das Desaster mitverantwortlich gemacht, in welches das Land als Folge seines Bündnisses mit Hitler-Deutschland und der Teilnahme am antisowjetischen Krieg geraten war. Es stimmt zwar, dass die deutsche Volksgruppe mit der Politik des Dritten Reiches gleichgeschaltet worden war, die Zustimmung zur Einreihung der waffenfähigen Sachsen und Schwaben in die reichsdeutsche Armee hatte aber die rumänischen Regierung gegeben. Auf das Bündnis Rumäniens mit Deutschland hatten die Deutschen Rumäniens keinen Einfluss gehabt. Die Teilnahme Rumäniens am Krieg gegen die UdSSR geschah in eigenem Interesse unter Staatsführer Antonescu, um in einem sogenannten „heiligen Krieg“ Bessarabien und die Nordbukowina zu befreien, die es auf Grund eines Ultimatums 1940 der Sowjetunion hatte abtreten müssen.
Als „Hitleristen“ und „Faschisten“ wurden die Sachsen und Schwaben kollektiv, ohne dass nach dem Schuldmaß des Einzelnen gefragt wurde, verschiedenen Repressions- und Strafmaßnahmen unterzogen. Die schwerste davon war die Deportation der arbeitsfähigen Frauen und Männer in die Sowjetunion im Januar 1945. Während die Deportation auf Befehl der Sowjets erfolgte, sind hingegen alle sonstigen Verfolgungsmaßnahmen gegenüber der deutschen Bevölkerung des Landes sowie ihre Entrechtung und Enteignung das Werk rumänischer Regierungen und Parteien, insonderheit der Kommunistischen Partei. Wir wollen uns in diesem Beitrag hauptsächlich auf die vor 75 Jahren erfolgte Enteignung der rumäniendeutschen Bauernschaft beschäftigen.
Pressekampagne gegen Deutsche
Bereits am 24. September 1944 verlangte die Plattform der von der Kommunistischen Partei gegründeten linken „National Demokratischen Front" die Enteignung und Internierung der sächsischen und banatschwäbischen „Hitleristen" sowie die Nationalisierung der deutschen Betriebe. In diesem Sinne beschäftigte sich die rumänische Regierung am 27. September und 10. Oktober mit der Frage der Internierung, Ausweisung und Enteignung der Rumäniendeutschen. Das Vorhaben wurde mit angeblichen Sicherheitsmaßnahmen begründet und um die ärmere rumänische Bevölkerung in den Siedlungsgebieten der Deutschen „entschädigen" zu können. Dass die beabsichtigten Enteignungs-, Internierungs- und Vertreibungs-maßnahmen zunächst nicht durchgeführt wurden, hing mit den laufenden Regierungskrisen und der Tatsache zusammen, dass der Krieg nicht beendet war und somit eine Vertreibung der Deutschen nicht möglich war. Warum die Rumäniendeutschen am Ende des Krieges nicht auch vertrieben wurden wie die Deutschen aus Ungarn, Jugoslawien, Polen ist nicht eindeutig geklärt. Es gibt die Meinung, die Sowjets seien gegen die Zwangsausweisung gewesen, weil sie die Deportation der Rumäniendeutschen für Zwangsarbeit in der Sowjetunion eingeplant hätten, die dann auch im Januar 1945 erfolgte.
Der kommunistische Justizminister Lucrețiu Pătrășcanu äußerte in seinem Anfang Oktober 1944 erschienenen Buch „Probleme de bază ale României" (Hauptprobleme Rumäniens) die Meinung, dass nach der erfolgten Auflösung der Führungsgremien der „Deutschen Volksgruppe“ das Problem der Sachsen noch nicht aus der Welt geschafft worden sei, es müsste vielmehr deren Groß- und Kleinbürgertum zerschlagen werden, bevor bei ihnen eine neue Gesellschaft aufgebaut werde.
Mittlerweile lief in der rumänischen Presse eine Kampagne gegen die Deutschen Rumäniens. Die antideutsche Hysterie wurde von verschiedenen Seiten geschürt. Die kommunistische Zeitung "Scânteia" forderte am 24. November 1944 in einem Artikel unter dem Titel „Rumänen und Sachsen in Tartlau", die ungleiche Bodenverteilung zwischen Rumänen und Sachsen durch Enteignung der letzteren zu beseitigen, um, wie es hieß, einer „jahrhundertelangen Ungerechtigkeit ein Ende zu setzen". Dieses Beispiel zeigt, wie die Kommunisten das Bauernproblem zu „lösen" beabsichtigten, um sich Einfluss und Anhänger zu verschaffen. Die sozialdemokratische „Libertatea" (12. September) und die kommunistische "România libera" (1. Oktober) forderten die sofortige Internierung, Enteignung und Ausweisung der Deutschen. In welchem Ton die Kampagne verlief, verdeutlicht folgende Anschuldigung des letztgenannten Blattes: „Der deutsche Besitz, der dem rumänischen Arbeiter und Bauern entzogen wurde, muss unverzüglich enteignet werden und jenen zurückgegeben werden, denen er geraubt wurde. Im freien und demokratischen Rumänien darf es weder für die Sachsen, noch für die Schwaben, als auch für ihre Helfershelfer keinen anderen Platz als in Lagern sein. Demokratie und Freiheit können nicht durch solche Kanaillen entweiht werden". Es war dies sicherlich nicht die allgemeine Stimmung unter den Rumänen, aber sicherlich weit verbreitet. Sogar Iuliu Maniu, der Führer der Nationalen Bauernpartei, die vor allem in Siebenbürgen beheimatet war, sprach sich für eine Aussiedlung und damit Enteignung der Deutschen und Magyaren aus.
Kaum war die von den Sowjets erzwungene, so genannte „volksdemokratische" Regierung unter dem Vorsitz von Dr. Petru Groza am 6. März 1945 an die Macht gelangt, dekretierte sie am 23. März 1945 ein Bodenreformgesetz, das sie als eine „nationale, wirtschaftliche und soziale Notwendigkeit" ausgab. In Wirklichkeit sollte dadurch vor allem die landlose und landarme rumänische Dorfbevölkerung für die kommunistische Politik gewonnen werden. Das ließ sich in Siebenbürgen und im Banat auf Kosten der deutschen Bevölkerung verwirklichen, indem man diese insgesamt zu Kollaborateuren Hitler-Deutschlands und zu Faschisten erklärte.
(Fortsetzung folgt)
Durch die Agrarreform von 1945 ausgeteilter Urkundentitel.
Die Kronstädter Wochenschrift "Karpatenrundschau" erscheint als Beilage in der "Allgemeinen Deutschen Zeitung für Rumänien".
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