Fast 70 Jahre mit der Vorortbahn durch die Stadt
18.04.19
Eingehender Dokumentationsband über die Eisenbahn die Kronstadt mit Langendorf verband
Nun ist es schon ein dritter Band, den Architekt Gruia Hilohi in Kooperation mit anderen Autoren der Bau- und Transportgeschichte der Stadt unter der Zinne widmet. Kürzlich wurde die Dokumentation über die Vorortbahn Kronstadt – Langendorf einem zahlreichen und interessierten Publikum im Rahmen des Multikulturellen Zentrums im Rektoratsgebäude der Transilvania-Universität vorgestellt . Autoren sind Architekt Gruia Hilohi, der junge Elektrotechnikingenieur Alexandru Danes und der Projektionsingenieur Jonas Andras, der schon zweimal das Amt des Vizebürgermeisters des Munizipiums Sacele – 2000-2004, 2006-2012 -, ausübte. Der fast 300 Seiten starke, reich illustrierte Band ist zweisprachig in rumänischer und ungarischer Sprache nach einem Konzept und der technischen Gestaltung von Gruia Hilohi erschienen. Mehrere Förderer und Mitarbeiter haben die Herausgabe dieser ersten Auflage wie vermerkt wird, unterstützt und mit Archiv- und Fotomaterial aus eigenen Besitz beigetragen. Ergänzt wir der Band auch mit zwei Zusammenfassungen in englischer und deutscher Sprache die den Zugang aller interessierter Leser, vor allem der Eisenbahn-Nostalgiker erleichtern. Erschienen unter dem zweisprachigen Titel „Calea ferata suburbana Brasov – Satulung/Brasso – Hosszufalusi Közuti vasut“, kann der Band nur direkt vermittels von Architekt Gruia Hilohi (Telefon 0748 996 095, zum Preis von 270 Lei) erworben werden.
Zwei weitere sehr gute Dokumentationen sind zu verzeichnen, die nicht nur informativ, sondern auch besonderes nützlich sowohl für den Kronstädter als auch den Besucher sind. Gemeinsam mit Anca Maria Zamfir hat Architekt Gruia Hilohi 2010 im Verlag Pro Corona den Band „Brasov un secol der arhitectura 1885 – 1984“ (Kronstadt ein Jahrhundert Architektur 1885 – 1984), und kürzlich gemeinsam mit Dipl.-Ing. Alexandru Filipescu in gleichen Verlag die Baugeschichte des Schulerau-Straße „Drumul Poienii Brasovului“ herausgebracht.
Der aufliegende Bildband über die Vorortbahn Kronstadt – Langendorf ist all denen gewidmet die innerhalb von 68 Jahren den Verkehr der Eisenbahnzüge zwischen diesen beiden Ortschaften möglich machten, heißt es einleitend. Da muss man gleich betonen, dass zahlreiche Mitarbeiter, Angestellte, Lokführer, Instandhaltungsarbeiter in Gruppenbildern oder individuell zu sehen sind, Erinnerungen dieser wiedergegeben werden. Besonderes für Kenner sind die vielen Details über die Hersteller der Lokomotiven und Waggons die da verkehrt sind, Baujahre, technische Daten, Skizzen der Verkehrsruten, der vorgenommenen Änderungen bezüglich Trassen, Bahnhöfe oder Haltestellen, Architektur und Baujahre der Bahnhofsgebäude ansprechend. Auch gegenwärtig haben ältere Stadtbewohner ansprechende Erinnerungen über die Vorortbahn die mit viel Lärm, unter Rauch und Dampfschwaden durch die Klostergasse bis auf den Marktplatz, dann über der Rudolfsring fuhr.
Der Schlüsselbegriff am Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts war Modernisierung. Dabei wurde eine besondere Rolle des Eisenbahntransportes zugedacht. 1873 funktionierte schon die Eisenbahnverbindung zwischen Kronstadt, Budapest und Wien. Derartige Bahnen wurde auch als Straßenbahn eingeführt. Und für Kronstadt gab es nur die Lösung eine Dampftrambahn einzuführen da damals kleine von Dampf angetriebene Lokomotiven erzeugt, die als Kastenlokomotive bezeichnet wurden. Der Stadtarchitekt Christian Kertsch hatte 1889 eine Studie zu diesem Thema über die Dampfstraßenbahn und deren Einführung in Kronstadt veröffentlicht in der er genau Beschreibungen und Details eines solchen Projektes bot. Diese wurde auch in der „Kronstädter Zeitung“ veröffentlicht. Im aufliegenden Band werden dann die Schritte vorgestellt, die eingeleitet worden sind um eine Dampfstrassenbahn mit Anschluss an Langendorf zu bauen, der diesbezüglich benötigten Genehmigungen, und die Finanzierung zu sichern. 1890 wurde die Aktiengesellschaft Brasso – Haromszeker Local-Eisenbahnen mit dem Sitz in Budapest gegründet, die die Eisenbahnstrecken Kronstadt – Sankt Georgen und Kronstadt – Zernescht 1891 eingeweiht hat, und dann am 7. März 1892 die Kronstadt – Langendorf. Ausgang hatte diese vom Bahnhof Bartholomae, führte durch die Langgasse, bog dann auf den Rudolfsring in Richtung untere Burgpromenade ab. Eine Abzweigung ging bis auf den Marktplatz, eine weitere in Richtung staatlicher alter Bahnhof. Die Hauptstrecke ging aber auf der Landstraße in Richtung Predeal bis zur Honteruswiese und in die Noa. Von da führte sie in Richtung Dârste, von da wieder auf der Landstraße zu den Siebendörfer, machte einen Bogen nördlich von Batschendorf, und führte bis zum Endpunkt in Langendorf. Die Dampfstraßenbahn diente sowohl dem Personen- als auch dem Warentransport, verzeichnete im Lauf der Jahre auch mehrere Modernisierungen oder Umleitungen der Trassen. Die unterschiedlichen Betreiber haben Investitionen vorgenommen. 1938 hat das Kronstädter Bürgermeisteramt den Abschnitt zwischen der Unteren Burgpromenade und der Abzweigung abreißen lassen. Im Zweiten Weltkrieg erlitt die Straßenbahn auch beträchtlichen Schaden durch die Bombardierungen von 1944. 1948 wurde diese verstaatlicht und der Verwaltung der staatlichen Eisenbahngesellschaft CFR unterstellt. 1960 wurde der Personenverkehr eingestellt. Bis 2006 gab es nur noch einen Abschnitt für den Güterverkehr im Südosten der Stadt, dann wurde auch dieser eingestellt. Gegenwärtig ist die Straßenbahn aus dem Bewusstsein der Bevölkerung verschwunden, bloß erinnern noch daran die Gebäude der Bahnhöfe von Bartholomae, in der Noua, und Langendorf. Aber auch diese haben Veränderungen erfahren.
Die Geschichte dieser Vorortbahn ist auch mit mehreren tragischen Vorfällen verbunden wobei Personen in Unfällen ihr Leben verloren oder schwer verletzt wurden. Desgleichen wird sie in Zusammenhang mit der Schlacht in Bartholomae im Ersten Weltkrieg gebracht wo etwa 250 rumänische Soldaten von Angehörigen der 51. ungarischen Division entlang des Bahndamms in der Nacht vom 7. auf den 8. Oktober 1916 mit Maschinengewehren erschossen worden sind.
In dem sehr ausführlich gestalteten Band sind außer den geschichtlichen Angaben, die Skizzen der verschiedenen Bauabschnitte und Bauetappen der Vorortbahn angegeben, die Fotos der Bahnhöfe aus unterschiedlichen Jahren, zahlreiche Archivfotos ehemaliger Angestellter, Arbeiter , Eisenbahnpersonal von denen heutige Nachkommen sicher manche ihrer Vorfahren erkennen können. Eine besondere Rolle spielt diese Dokumentation auch als Ergänzung anderer Bezugnahmen auf diese Vorortbahn die in anderen der Stadt gewidmeten Studien erschienen sind, doch bei weitem nicht so ausführlich. So wie uns Architekt Gruia Hilohi erklärte, arbeitet er auch an anderen aufschlussreichen Dokumentationen über die Geschichte von Kronstadt und der Umgebung mit denen er Stadtbewohner, Leser und Geschichtsforscher überraschen wird.
Dieter Drotleff
Die Kronstädter Wochenschrift "Karpatenrundschau" erscheint als Beilage in der "Allgemeinen Deutschen Zeitung für Rumänien".
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