Fokus auf die jüngere Geschichte Rumäniens
13.11.14
Doppelnummer 2014 der Halbjahresschrift für südosteuropäische Geschichte, Literatur und Politik
Die von Dr. Johann Böhm und vom „Arbeitskreis für Geschichte und Kultur in Ostmittel- und Südosteuropa e.V.“ herausgegebene diesjährige Doppelnummer der „Halbjahresschrift“ bietet auch dieses Mal eine interessante und vielseitige Auswahl an Beiträgen zu Geschichte, Literatur und Politik. Titel dieser Ausgabe ist „2014: Jahr der Erinnerungskultur“. Der Schwerpunkt der Zeitschrift wird auf die jüngere Geschichte Rumäniens gelegt mit dem Ziel „auch Wege abseits der etablierten Historiographie zu beschreiten“, wie es der Herausgeber im Editorial hervorhebt.
Über den kommunistischen Geheimdienst „Securitate“ geht es in drei Beiträgen. William Totok berichtet im zweiten Teil seiner Studie („Mit tückischer Durchtriebenheit. Durchsetzung der offiziellen Geschichts- und Kulturpolitik im national-kommunistischen Rumänien mit nachrichtendienstlicher Unterstützung“) weitere Einzelheiten über die Zusammenarbeit als inoffizieller Mitarbeiter der Securitate von Fritz Cloos (geb. 1909 in Kronstadt – gest. 2004 in Waakirchen, Deutschland). Gabriel Andreescu schreibt im ersten Teil seiner Arbeit über „Institutionalisierter Misserfolg. Der Beitrag der Securitate-Akten-Behörde und des Verfassungsgerichtes zur Aufarbeitung in Rumänien“. Ein mit Zitaten und Zahlenbeispielen gut dokumentierten Beitrag verfasst Georg Herbstritt über Fluchtversuche aus dem kommunistischen Rumänien in der Zeitspanne 1969-1989 wobei auch Vergleiche mit der in der DDR herrschenden diesbezüglichen Situation gezogen werden. Interessant und überraschend weil sie Ausnahmecharakter haben, sind zum Beispiel die Äußerungen des Innenministers von 1969, Cornel Onescu, bei einer Sitzung des RKP-Zentralkomitees über Nichtrückkehrer von Westreisen die zu jener Zeit, probeweise, leichter zugelassen wurden : „Onescu ging davon aus, dass viele Nichtrückkehrer eigentlich nur für einige Jahre im Ausland arbeiten, Geld verdienen und vielleicht ein Auto kaufen wollten und danach gerne zurückkehren würden. Er regte an, Rumänien solle dem Beispiel Jugoslawiens oder Ungarns folgen, die ihren Bürgern diese Möglichkeit einräumten. Rumänien würde davon mehrfach profitieren: Die Fachkräfte wären nicht dauerhaft für Rumänien verloren, sie kämen sogar mit zusätzlichen Kenntnissen und Erfahrungen zurück, und in der Zwischenzeit schickte jeder monatlich mehrere hundert D-Mark nach Hause. Doch Nicolae Ceausescu und andere Sekretariatsmitglieder sprachen sich gegen diese Idee aus. Sie befürchteten, dies würde den Auswanderungsdrang noch verstärken, anstatt ihn einzudämmen.“ Selbstverständlich wird auch auf die Auswanderung der deutschen Minderheit eingegangen. Ein Securitate-Zitat zu diesem Thema aus dem Beitrag: „Oberst Ioan Coser von der Securitate-Kreisdienststelle Arad sprach 1975 von einer 'Auswanderungshysterie' unter den Rumäniendeutschen, die von den Landsmannschaften der Siebenbürger Sachsen und Banater Schwaben gefördert werde.“
Auch anlässlich der 100 Jahre seit beginn des Ersten Weltkrieges wird dieses Ereignis in zwei Beiträgen widerspiegelt: Marie Sophie Hingst schreibt über die Erfahrungen des bekannten Journalisten Egon Erwin Kisch an der serbischen Front in den Jahren 1914-15; Björn Opfer-Klinger schildert die Lage der Dobrudscha aus militärstrategischer Hinsicht („Eine kleine Region spaltet den Vierbund“).
Klaus Popa liefert einen weiteren Beitrag über die nationalsozialistische Tätigkeit in Rumänien und schildert den Aufstieg und Niedergang seines bekanntesten Vertreters von hierzulande - „Volksgruppenführer“ Andreas Schmidt („Wie das System, so der Exponent“). Mit der Nazi-Propaganda beschäftigt sich auch Dr. Josef Böhm - „Die Anfänge der NS-Presse im deutschen Siedlungsraum von Rumänien seit 1922“.
In der Rubrik „Dokumente“ stellt Klaus Popa Berichte vor die vom Reichssicherheitshauptamt über deren Pressestelle in Wien verfasst wurden über die Lage in Rumänien vor und nach dem 23. August auf Grund von Pressemitteilungen und Einschätzungen rumänischer und ausländischer Politiker.
Ein Übergang zur aktuellen politischen Lage bietet der Beitrag von Heinrich Bienmüller „Europa, was nun?“ mit Überlegungen zur gegenwärtigen EU und ihren Perspektiven.
Der Literaturteil ist diesmal Christian Morgenstern gewidmet der vor 100 Jahren verstarb. Zu einer Auswahl seiner Gedichte schreibt Wolfgang Knopp eine kurze Einleitung in der er Morgenstern als „Vorläufer der konkreten Poesie“ beschreibt.
Weitere Beiträge sowie Buchrezensionen sind in dieser Ausgabe zu finden die auch online (www.halbjahresschrift.homepage.t-online.de) monatlich aktualisiert wird.
Ralf Sudrigian
Die Kronstädter Wochenschrift "Karpatenrundschau" erscheint als Beilage in der "Allgemeinen Deutschen Zeitung für Rumänien".
Herausgeber: Demokratisches Forum der Deutschen im Kreis Kronstadt
Redaktion: 500.030 Braşov, Str. GH. Baiulescu 2,
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Schriftleiter: Elise Wilk.
Redaktuere:Ralf Sudrigian, Hans Butmaloiu, Christine Chiriac (Redakteurin, 2009-2014), Dieter Drotleff (Redaktionsleiter 1989 - 2007)
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