Fotografien als wertvolle Zeitdokumente
30.04.09
„Brechungen – Willy Pragher: Rumänische Bildräume 1924-1944“
Die vom Institut für donauschwäbische Geschichte und Landeskunde in Tübingen und dem Landesarchiv Baden Württemberg, Staatsarchiv Freiburg, veranstaltete Wanderausstellung mit Fotografien von Willy Pragher (1908-1992) wurde in den vergangenen Wochen auch im Kronstädter Geschichtsmuseum gezeigt. Die Besucher hatten die Gelegenheit Aufnahmen aus zwei Jahrzehnten einer Zeitspanne zu sehen, in der Rumänien tief greifende Umwandlungen erlebte. Auch darauf bezieht sich das als Ausstellungstitel gewählte Wort „Brechungen“ (rum. „refract²ri“). „Dabei handelt es sich einerseits um Brechungen der 'Wirklichkeit' – die Epochenumbrüche der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts vor deren Hintergrund auch die biografischen Brüche verständlich werden, kulturelle und territorialpolitische Bruchlinien der rumänischen Zeitgeschichte – andererseits um Brechungen im Medium Bild – der von Pragher vollzogene Bruch in der fotografischen Wahrnehmung des Landes und die Brechungen im Bild dargestellter Gegenstände“, heißt es im Ausstellungskatalog.
Die Ausstellung ist in fünf Teilen gegliedert: „Räume, Kulturlandschaften, Menschen“, „Siegeszug der Moderne“, „Gemeinsam leben“, „Vom Frieden zum Krieg“, „Fotografie und Wirklichkeit“. Dank seiner Familiengeschichte (Praghers Vater ist in Bukarest geboren) und der wiederholten Rumänien-Reisen und der hierzulande verbrachten Jahre (1939 -1944) ist Willy Pragher ein sehr guter Kenner der rumänischen Gesellschaft, der hiesigen Lebensweise und Geschichte. Er hat in allen Landesteilen Aufnahmen gemacht, wobei ihm vor allem die Menschen wichtig waren mit ihrer Arbeit, ihrem Brauchtum, ihren Lebensverhältnissen. Ein besonderes Kapitel ist dabei den ethnischen Minderheiten gewidmet (Deutsche, Juden, Lipowaner, Zigeuner). Seltenheitswert dürften heutzutage die Aufnahmen über die Deutschen an der rumänischen Schwarzmeerküste, im Dorf Costine{ti, haben. Immer wieder findet man in Praghers Fotografien Bauern in Volkstrachten, selbst in den Großstädten, oder Pferdewagen neben Autos – Kontraste die vor allem in den Bukarest-Bildern wiedergegeben werden. Armut und Reichtum finden sich in dem Straßenleben der rumänischen Hauptstadt wieder. Fotos der Erdölsonden belegen den wirtschaftlichen Umbruch vom typischen Agrarland zu einer neuen Etappe der Industrialisierung. Neue Hochhäuser verändern das Stadtbild. Eisenbahnbrücken und Asphaltstraßen stehen für Fortschritt im Verkehrswesen.
Willy Pragher hat wesentlich dazu beigetragen, dass in Deutschland ein wirklichkeitsnäheres Rumänienbild vermittelt wurde, dass „neue Perspektiven“ auf dieses Land zustande kamen. „Brechungen“ wurde mit Recht als „europäische Ausstellung“ bezeichnet die Einblick gewährt auf einen Teil des „alten Europa mit seiner Vielfalt“, auf eine Gesellschaft im Aufbruch die aber in starken Traditionen verhaftet bleibt. Nach der letzten Rumänien-Station, in Sathmar, soll die Ausstellung auch im Herzen des vereinten Europa, in Brüssel, zu sehen sein.
Ralf Sudrigian
Foto 1Braga-Verkäufer. Bukarest 1932Foto 2Deutsches Dorf am Schwarzen Meer: Kinder, Bauer und Lehrerin. Costine{ti 1937Foto 3Straße mit Geschäftsläden. Bukarest, 1932Fotos: Willy Pragher (Ausstellungskatalog „Brechungen. Rumänische Bildräume 1924-1944“)
Die Kronstädter Wochenschrift "Karpatenrundschau" erscheint als Beilage in der "Allgemeinen Deutschen Zeitung für Rumänien".
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