Für immer Honterianer
10.01.19
Vierte Auflage der Gala der Honterus-Absolventen
Was haben ein Schriftsteller, ein Architekt und eine Marketing-Doktorandin gemeinsam? Alle drei waren einmal Schüler des Kronstädter Honterus-Lyzeums. Am Freitag, dem 28. Dezember 2018, wurden Eginald Schlattner, Johannes Bertleff und Andrada Baba im Rahmen der Gala der Honteurs-Absolventen mit einer Honterusplakette für ihre hervorragenden Leistungen geehrt.
Man denkt gerne an die Schulzeit zurück
Die ehemaligen Honterianer sind eine riesengroße Familie, in der ganzen Welt verstreut. Auf ihrer Facebook-Gruppe „Honterus-Absolventen“ sind es fast 1500 Leute, eigentlich sind es aber viel mehr. Viele von ihnen haben erfolgreiche Karrieren in allen denkbaren Bereichen. Ob Star-Musiker, Informatiker, Top-Manager, Schriftsteller oder Universitäts-Dozenten, ob in Abu-Dhabi, Berlin, New York, Bukarest oder Kronstadt - die ehemaligen Honterianer denken gerne an ihre Schulzeit zurück. Das beweist auch die Gala der Honterus-Absolventen, deren vierte Auflage Ende des letzten Jahres im Kronstädter Opernsaal stattfand.
Auf die Bühne traten Absolventen verschiedener Jahrgänge. Sie wurden entweder für ihre Erfolge prämiert oder brachten ihr künstlerisches Können vor das Publikum. Die Gala der Honterus-Absolventen ist das größte vom Kronstädter Jugendforum selbst organisierte Projekt und wurde Ende 2013 auf die Beine gestellt. Hinter dem Projekt steckt Paul Binder, Leiter des Jugendforums und Robert Marian, Leiter des Honterus Alumni-Clubs. Die Gala 2018 wurde von Paul und Petra Antonia Binder organisiert. Förderer der Gala waren das Bayerische Staatsministerium und das Kronstädter Bürgermeisteramt, sowie verschiedene lokale Sponsoren.
Zugehörigkeitsgefühl zur Honterus-Gemeinschaft
„Die Honterus Alumni Gala will das Bewusstsein der Zugehörigkeit zur siebenbürgisch-sächsischen Kultur aller, die sich zur deutschsprachigen Gemeinschaft in Kronstadt zugehörig fühlen, fördern und weiterentwickeln. Jedem Teilnehmer soll die Möglichkeit gegeben werden, das Zugehörigkeitsgefühl zur großen Honterus-Gemeinschaft zu erleben. Dieses Anliegen gehört zu den Kernaktivitäten des Deutschen Jugendforums Kronstadt, da unsere siebenbürgisch-deutsche Kultur eine maßgebliche Grundlage für die Erfolge der einstigen Schüler darstellt und dies auch heute noch tut. Umso wichtiger erscheint dieses Vorhaben, da in der Zukunft verstärkt Personen anderer ethnischer Abstammung Träger der siebenbürgisch-deutschen Kultur sein werden“, meint Paul Binder, Initiator der Gala.
Bei der Honterusgala wurden ehemalige Schüler aus verschiedenen Generationen geehrt: der Schriftsteller Eginald Schlattner (der leider nicht anwesend sein konnte, von dem aber eine Videobotschaft gezeigt wurde), der Architekt Johannes Bertleff und Andrada Baba, Jugendvertreter Rumäniens bei der Generalversammlung der Vereinten Nationen (UNO) mit einer Honterusplakette geehrt.
Alumnis aus drei verschiedenen Generationen wurden ausgezeichnet
Über den erste Preisträger des Abends ist vieles bekannt, trotzdem war es für viele eine Überraschung, dass er einmal Schüler des Honterus-Lyzeums war. Eginald Schlattner wurde am 13. September 1933 in Arad geboren und hat drei angesehene Gymnasien besucht: die Brukenthalschule in Hermannstadt, das Radu-Negru-Lyzeum in Fogarasch sowie die Honterus-Schule (damals Liceul Mixt German) in Stalinstadt/Kronstadt, die er 1952 absolvierte. 1952/1953 studierte er evangelische Theologie in Klausenburg. Ab Herbst 1953 war er kurz Student der Mathematik an der Klausenburger Staatsuniversität. Nach einem Semester „purer Mathematik“ wechselte er zu einem neuen Fach: Hydrologie. Nach 9 Semestern wurde er auch von hier exmatrikuliert und am 28. Dezember 1957 wurde er im Rektorat der Klausenburger Universität verhaftet. Nach einem Vormittag in den Kellern der Securitate wurde er nach Stalinstadt/Kronstadt eskortiert: gefesselt, Blechbrillen um nicht sehen zu können. Es folgten zwei Jahre Untersuchungshaft in einer Zelle im Schei-Viertel. 1969 wurde ihm gestattet, die Staatsprüfung im Fachbereich Hydrologie abzulegen. Später hat er auch das Theologiestudium abgeschlossen.
Zwischen 1978 und 1999 bekleidete er das Pfarramt in Rothberg und Neudorf, später kam Burgberg hinzu. 1991 wurde er als Gefängnispfarrer eingesetzt.
Zu schreiben hat Eginald Schlattner erst 1990 begonnen. 1998 bis 2005 erschienen drei Romane. »Der geköpfte Hahn« hat es jüngst auf 14 Auflagen gebracht. »Rote Handschuhe« stieg auf der Süd-West-Rundfunk Bestenliste auf Rang 5. Das GoetheInstitut und Inter Nationes zählen ihn zu den 100 besten in deutscher Sprache geschriebenen Romanen der Zeitspanne 1999–2001. Vom Roman »Das Klavier im Nebel«, wurden bisher sieben Auflagen gedruckt. Die drei Romane sind in mehrere Sprachen übersetzt worden und wurden verfilmt. Sein neuestes Buch, der Band „Wasserzeichen“ wurde letztes Jahr bei der Leipziger Buchmesse vorgestellt. 2004 erhielt er das Österreichische Ehrenkreuz litteris et artibus I. Klasse. Die rumänische Regierung hat ihm den Titel „Kulturbotschafter Rumäniens“ verliehen. Eginald Schlattner ist Ehrenbürger von Rothberg und Fogarasch. Im Mai 2018 wurde ihm vom Senat der „Babes Bolyai“ Universität der Ehrendoktortitel verliehen. Heute lebt Schlattner in Rothberg, auf dem evangelischen Pfarrhof.
Johannes Bertleff, der zweite Preisträger des Abends, hat 1995 das Honterus-Lyzeum absolviert. Der Wunsch, Architekt zu werden, kam relativ spät. Erst träumte er davon, Schriftsteller und dann Astrophysiker zu sein. Schließlich entschied er sich, Architektur an der Universität für Architektur und Urbanistik Ioan Mincu in Bukarest zu studieren. Die Leidenschaft für diesen Beruf ist auch nach 17 Jahren genau so groß wie am Anfang. Er aht sich im Rahmen des Rumänischen Architektenordens engagiert und war in der Zeitspanne 2014-2018 Vorsitzender der Filiale Kronstadt-Covasna-Harghita.
Gegenwärtig liegt sein beruflicher Schwerpunkt auf den Projekten, welche von seinem Team im Rahmen des Architekturbüros JBA umgesetzt werden.
Johannes Bertleff hat zahlreiche Architekturpreise gewonnen und eine Vielzahl von Projekten geleitet, darunter die Sanierung und Einrichtung des Kirchhofes der Honterusgemeide, die Humanitas-Büchereien in Kronstadt, Temeswar, Jassy und Hermannstadt, die Zentralbibliothek der Universität Klausenburg, die Sanierung und Neueinrichtung des öffentlichen Geländes um die Statue von Ciprian Porumvescu aus dem Kronstädter Stadtpark usw.
Rahmenprogramm mit guter Musik
Die jüngste der drei Preisträger, Andrada Baba, absolvierte das Honterus-Lyzeum im Jahr 2013. Schon seit ihrer Schulzeit war sie Mitglied in verschiedenen NGOs. Nach dem Abitur folgte ein Studium in Betriebswirtschaftslehre in Bukarest. Zurzeit ist Andrada Doktorandin an der Marketing-Abteilung der Akademie für Wirtschaftsstudien. Dank ihres Engagements im sozialen Bereich und ihrer Erfahrung mit Jugendarbeit wurde bei der Generalversammlung der Vereinten Nationen als Jugendvertreterin Rumäniens für das Mandat 2018-2019 gewählt. Sie arbeitet mit dem Außenministerium, den UNO-Agenturen in Rumänien und verschiedenen Jugendorganisationen zusammen. Bei den internationalen Sitzungen der Jugendvertreter der UNO aus allen Mitgliedstaaten ist sie Rumäniens Wortführer.
Außer den drei Preisträgern gab es drei Ehrengäste der Gala: Adrian Lacatus, Dekan der Fakultät für Philologie und Gründer des multikulturellen Zentrums an der „Transilvania“-Universität, Artur Arvay, ehemaliges Mitglied des Presbyteriums der Honterusgemeinde und Gabriela Adam, Schulinspektorin für den deutschsprachigen Unterricht im Kreis Kronstadt. Auch Thomas Sindilariu, Vorsitzender des Kronstädter Ortsforums, hielt eine Rede. Auf die Bühne traten auch die Musiker Michael Acker, Albert Tajti und Ioan Dragos Dimitriu auf, die das Publikum mit ihrem künstlerischen Können begeisterten. Die Honterusgala 2018 hat wieder einmal bewiesen, dass die Angehörigkeit zur Gemeinschaft der Honterusschüler nicht nach dem Abitur aufhört. Honterianer ist man ein ganzes Leben lang.
Elise Wilk
Organisatoren und Freiwillige der 4. Auflage der Honterusgala. Facebook "Gala Honterus"
Die Kronstädter Wochenschrift "Karpatenrundschau" erscheint als Beilage in der "Allgemeinen Deutschen Zeitung für Rumänien".
Herausgeber: Demokratisches Forum der Deutschen im Kreis Kronstadt
Redaktion: 500.030 Braşov, Str. GH. Baiulescu 2,
Fernruf und Telefax: 0040 -(0)268/475 841,
E-Mail:kronstadt@adz.ro
Schriftleiter: Elise Wilk.
Redaktuere:Ralf Sudrigian, Hans Butmaloiu, Christine Chiriac (Redakteurin, 2009-2014), Dieter Drotleff (Redaktionsleiter 1989 - 2007)
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