Gernot Nussbächer widmete sein Leben der Honterus- und Siebenbürgen-Forschung
22.08.19
Es war ihm nicht vergönnt heute seinen 80. Geburtstag im Kreise seiner Mitarbeiter und Freunde zu erleben
Anfang des Jahres 2018 sprachen wir noch miteinender über seine zahlreichen Projekte, die er verwirklichen wollte. Seit Jahren war er unser enger Mitarbeiter, besuchte uns fast täglich in der Redaktion- gleich wo diese ihren Sitz hatte- in der Goldschmiedgasse, dann in der Purzengasse und schließlich nun seit vier Jahren im Forums-Haus. Aber auch außerhalb anlässlich unserer Begegnungen, entstanden feste Bindungen, ein gegenseitiges vertrauensvolles Kennenlernen und Schätzen waren die Folge. Seine zahlreichen erschienen Bücher bat er mich zu rezensieren. Sein Wunsch war es auch die Laudatio anlässlich der Verleihung des Apollonia-Hirscher-Preises 2008, und ein Jahr später der Honterus-Medaille seitens des Siebenbürgen Forums 2009 zu verfassen und zu präsentieren. „Durch die heutige Preisverleihung, könnte man sagen, findet auch eine Wiedergutmachung statt, denn Gernot Nussbächer hat es schon längst verdient, dass ihm dieser Preis zugesprochen wird, der den Namen des Kronstädter Humanisten und Reformators trägt. Jahrzehnte hindurch hat Gernot Nussbächer in in- und ausländischen Bibliotheken und Archiven eingehende Forschungen unternommen, durch seine anschließenden Buch- und Studienveröffentlichungen Johannes Honterus den ihm gebührenden europäischen Platz eingeräumt, seine Verdienste als Reformator, Humanist, Schulmann, Buchdrucker aus einer neuen Sicht in das Bewusstsein der Gegenwart gerückt“ heißt es in der Laudatio anlässlich der Verleihung des Honterus-Medaille am 25. August 2009 in Kronstadt durch Dr. Paul Jürgen Porr, zu der Zeit Vorsitzender des Siebenbürgen-Forums, seit 2014 Vorsitzender des Landesforums. Er erfreute sich weiterer Ehrungen und öffentlicher Anerkennungen: 1998 erhielt er den Georg-Dehio-Preis der Künstlergilde Eßlingen, 2002 das Ehrendiplom des Kronstädter Kreisrates, 2004 wurde ihm die Festschrift „In honorem Gernot Nussbächer“ anlässlich seines 65. Geburtstages gewidmet, 2013 wurde ihm das Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich verliehen.
Er war ein geschätzter Mitarbeiter der deutschen, rumänischen, ungarischen Kronstädter Presse, aber auch auf Landesebene Berater verschiedener Verlage. Bis im März des Vorjahres hat er 45 Bücher und Broschüren, 83 Mitarbeiten an Bänden, insgesamt 1589 Titel veröffentlicht. 2017 erschien eine Bibliographie seiner Arbeiten, herausgegeben von Bernhard Heigl und Thomas [indilariu, die die Übersicht der zahlreichen Bücher, Studien, Beiträge , Artikel bietet. Wäre ihm die weitere Gesundheit gegönnt gewesen, hätte der unermüdliche Historiker weiter geschaffen. Besonders hatte er sich seiner Forschungsserie „Aus Urkunden und Chroniken“ verschieben, innerhalb derer er weitere Bände, zum Teil auch schon vorbereitet hatte. Band 19 sollte Nordsiebenbürgen, Band 20 einem kurzen Abriss der Geschichte von Kronstadt gewidmet werden. Ihm schwebte auch vor, zwei Bände Persönlichkeiten zu widmen.“Natürlich können diese Vorhaben nur sub conditione Jacobea verwirklicht werden“ betonte er immer wieder.
Gernot Nussbächer wurde am 22. August 1939 in Kronstadt als Sohn des Diplomkaufmanns Kurt Nussbächer und der Werklehrerin Era Nussbächer (geb.Dieners) geboren. Nach zwei Jahren kam seine Schwester Ute, die kürzlich in Deutschland verstarb, dann 1944 der Bruder Ulf zur Welt. Den Kindergarten besuchte Gernot in der Waisenhausgasse, anschließend die Innerstädtische Evangelische Volksschule am Kirchhof. Seine Liebe zur Heimatkunde wurden ihm von Lehrer Carl Lang erweckt und dann von Maja Philippi, Franz Killyen und Rudolf David weiter gefördert. Im Jahr 1953 kam Gernot Nussbächer an das Deutsche Lyzeum, das in den Jahren im Andrei-[aguna-Lyzeum untergebracht war. Entdeckungen an der Schwarzen Kirche führten dazu, dass er 1955 die erste Fassung eines Führers durch die Schwarze Kirche ausarbeitete, die aber erst nach vier Jahrzehnten mit Illustrationen von Peter Simon erscheinen konnte. 1956 bestand er die Aufnahmeprüfung an der Klausenburger Babe{-Bolyai-Universität im Fach Geschichte. Aktiv war er da im Deutschen Studentenkulturkreis, wobei Gernot auch in einem Roman von Joachim Wittstock erkennbar ist. In den Studienjahren wirkte er auch an der Renovierung der Michaelskirche mit. Sein erster Beitrag in der deutschsprachigen Presse erschien in der Vorgängerin unserer Wochenschrift, der „Volkszeitung“ wo der Aufsatz „Was die Große Glocke erzählt“ 1957 erschien. Seither zählte er zu dem konstanten Mitarbeiter unsere Publikation bis zu seinem Tod. Sein letzter Beitrag „Die Honteruslinde“ erschien in der „Karpatenrundschau“ gerade an seinem Todestag, dem 21. Juni 2018.
Nach Abschluss seines Studiums wurde er 1961 in Klausenburg und dann 1962 am Staatsarchiv in Kronstadt angestellt. Kurz nach seiner Staatsprüfung hatte er Ada Schiel geheiratet, mit der er schöne Jahre bis zu deren Tod am 21. Juni 2015, drei Jahre vor ihm, verbracht hat. Nach der Geburt ihrer Tochter Brigitte Ada am 12.März 1970 begann Gernot Nussbächer voll mit seinen Honterus-Forschungen anlässlich der 475.Feier seit der Geburt des Kronstädter Reformators und Humanisten. Da sein Bruder in den Westen gezogen war, wurde er vom Staatsarchiv 1986 in die Kreisbibliothek versetzt, und arbeitete kurze Zeit dann im Jahre 1989 als Bezirksanwalt beim Kronstädter Evangelischen Bezirkskonsistorium A.B. Unter den neuen politischen Voraussetzungen konnte er wieder an seinen alten Arbeitsplatz im Staatsarchiv ab dem 1. März 1990 zurückkehren. Die eingetretene Reisefreiheit ermöglichte Gernot Nussbächer seine Honterus-Forschungen an berühmten Archiven und Bibliotheken im Ausland aufzunehmen. Fast jährlich besuchte er Fachinstitutionen in Deutschland, 1992 war er in New York. Hier lernte er den Präsidenten des Bundesarchivs in Koblenz, Prof. Dr. Friedrich Kahlenberg, kennen. 1995 erhielt er ein Forschungsstipendium in Wien vermittels Prof. Dr. Dr. h.c. Harald Zimmermann. Er führte Studenten und Historiker in die Kenntnisse der Paläographie ein, war Verlagsberater. Sieben Aufenthalte in Budapest und Szeged ermöglichten ihm weitere Forschungen über das Wirken und Schaffen von Honterus. Auch nach seinem Rentenantritt 1999, war er weiterhin aktiv. Er arbeitete im Staatsarchiv, dann im Gedenkhaus „Casa Mure{enilor“, ab 2008 im Archiv der Honterusgemeinde. Nach dem Umzug der Familie aus dem Martinsberger Pfarrhaus in das Haus der ehemaligen Honterusbibliothek von 1547 auf dem Hof der Schwarzen Kirche, konnte er aus seinem Musenstübchen wie er immer am Schluss seiner Manuskripte vermerkte, das Honterus-Denkmal das am 21. August 1898 enthüllt worden war, sehen. 1978 hatte er in seiner Monographie über Johanes Honterus vermerkt, die Forschungen waren ein „saurer Apfel“ der sich später als „süße Frucht“ erwies.
Gernot Nussbächer hat sich stets als Vermittler zwischen Vergangenheit und Gegenwart, zwischen Rumänen, Sachsen und Ungarn gesehen. Er selbst bezeichnete sich als ein sehr kleiner Brückenbauer, als „Pontifex minimus“. Dieses in seiner Bescheidenheit die ihn kennzeichnete. In Wirklichkeit war er ein großer und bleibender Brückenbauer.
Dieter Drotleff
Unser Freund und Mitarbeiter Gernot Nussbächer den wir stets ehren werden. Foto: KR Archiv
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