Gesehenes, Gehörtes, Erdachtes
11.04.19
XXII. Internationale Tagung Kronstädter Germanistik
Vom 4. bis zum 6. April ging es erneut um die Auseinandersetzung mit Kultur, Literatur und Sprache als Gegenstand germanistischer Forschung. Zum 22. Mal veranstaltete die Germanistikabteilung der Philologischen Fakultät in Kronstadt in Zusammenarbeit mit der Gesellschaft der Germanisten Rumäniens, Zweigstelle Kronstadt, ihre Internationale Tagung. Anwesend waren Gäste aus Bukarest, Craiova, Hermannstadt/Sibiu, Kronstadt/Brasov, Suceava, Jassy/Iasi und Temeswar/Timisoara und Wien. Das Thema der diesjährigen Tagung lautete „Gesehenes, Gehörtes, Erdachtes. Literarische und sprachliche Paradigmen und Strategien der (rumänien)deutschen Postmoderne“. Einen Schwerpunkt bildete dabei das Werk des Schriftstellers Joachim Wittstock, der im August dieses Jahres seinen 80. Geburtstag feiert.
Am Abend des 5. April fand beim Kulturzentrum „Visssual“ im Rahmen der Tagung, vor einem gut besuchten Saal, eine neue Produktion des Studentenensembles „Die Gruppe“ unter der Leitung von Carmen Elisabeth Puchianu statt. Diesmal ging es um die szenische Lesung „Hades. Eine kollagierte Remineszenz in Form einer Carpatesca cum figuris“. Das Ensemble „Die Gruppe“ inszenierte Teile des vom Autor Joachim Wittstock selbst gelesenen Textes unter Spielleitung von Carmen E. Puchianu und der musikalischen Begleitung von Elena und Paul Cristian.
Die Erzählung „Hades“ von Joachim Wittstock wurde 2002 im Band „Scherenschnitt: Beschreibungen. Phantasien. Auskünfte“ veröffentlicht. Laut Herausgeber gehen in diesem Band Gegenwärtiges und Vergangenes, Siebenbürgisches und Außer-Transsilvanisches eine bezeichnende Kombination ein, die sowohl dem Wunsch nach Analyse als auch dem Streben nach Zusammenschau entgegenkommt. Die Realität aus den Jahren des kommunistischen Regimes ist in ein suprarealistisches Reich übertragen, das „Burebistum“, bzw. Hades Daciae genannt wird. Das ist der Ort, an den eine Gruppe Urlauber gelangt, die ihre Ferien an der Meeresküste verbringen wollen. Das Land, das sie finden, ist Teils ein historisches Reich mit jahrhundertealter Tradition, andererseits ein Gelände, wo Erdölforderung unternommen wird und wo große politische Ambitionen existieren. Eigentlich handelt es sich um eine Distopie, in der die Urlauber für einen unbegrenzten Zeitraum leben müssen und eine Arbeit suchen müssen. Die Hölle, in die die Touristen gelangen, sieht wie ein absurder Vergnügungspark aus, in dem eine Reihe von Verboten herrschen. Die Machtmaschine versteckt sich in diesem scheinbar spielerischen Raum, und die Menschen werden zu Marionetten.
Nach der Vorführung gab es für die Teilnehmer der Germanistik-Tagung einen Empfang des deutschen Konsulats; am Samstag eine außerordentliche Landeskonferenz der Gesellschaft der Germanisten Rumäniens.
Laura Capatana Juller
Die Vorführung hat viel Applaus geerntet. Foto: die Verfasserin
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