Heimatbuch dokumentiert Ortsgeschichte
18.03.21
Eine aktualisierte Chronik von Heldsdorf 2020 in Stuttgart erschienen
Bekannt waren bisher die vor Jahren erschienen monographischen Arbeiten über diese Burzenländer Großgemeinde. Dr. Hans Moser veröffentlichte 1967 ebenfalls in Deutschland den Band "Heldsdorf -Chronik einer siebenbürgisch-sächsischen Gemeinde des Burzenlandes aus 700 Jahren". Im Kriterion Verlag von Bukarest ist zehn Jahre später eine neue Gemeindechronik und ebenfalls eines von da stammenden Autoren, Ernst Rothbächer, unter dem Titel "Heldsdorf - Chronik einer Burzenländer Gemeinde" erschienen. Nach Jahren unternommenen Forschungen, wobei ihm nun auch die bis zur Wende geheim gebliebenen Dokumente nun zur Verfügung standen, hat Karl-Heinz Brenndörfer im Vorjahr den Forschungsband "Heldsdorf - Eine aktualisierte Chronik" in Stuttgart, seinem Wohnort herausgebracht. Die rund 450 Seiten umfassende Chronik baut auch auf die Erkenntnisse seiner zwei Vorgänger, aber auch auf weitere Publikationen, die der Ortschaft gewidmet worden sind. 1997 hatte Karl-Heinz Brenndörfer gemeinsam mit Otto Liess eine "Kurzchronik von Heldsdorf" herausgebracht. 2007 erschien dann ein zweisprachiger Bildband, herausgegeben von der hiesigen Gemeindeleitung, einfach "Halchiu" betitelt. Die dazu ausgearbeitete Kurzchronik in rumänischer Sprache ist bisher noch nicht erschienen.
Karl-Heinz Brenndörfer ist ein guter Kenner der siebenbürgisch-sächsischen Geschichte, hat sich aber ganz besonderes der Zeitgeschichte gewidmet. Der 1944 in Heldsdorf geborene Autor hat bisher Bücher veröffentlicht, die sich in diese Zeitspanne eingliedern. Das erste trägt den Titel "Banditen, Spione oder Helden? - Bewaffneter antikommunistischer Widerstand in Rumänien 1948 - 1962". Es folgte ein zweites Buch, das von Kriminalfällen und Katastrophen berichtet und den Titel "Tatort Burzenland " trägt, und die Dokumentation "Die Elektrifizierung des Burzenlandes". In Kooperation mit der Kronstädter Honterusgemeinde veröffentlichte er 2011 eine weitere Dokumentation "Der Schwarze-Kirche-Prozess, Erlebnisberichte" . Die Vorgänger-Autoren haben Bleibendes geleistet. Dr. Hans Mooser (1907 - 1986) hatte Medizin in Deutschland studiert und ließ sich wieder in seiner Heimatgemeinde nieder um diese dann 1940 zu verlassen. Beruflich fand er in Deutschland schnelle Anerkennung. 1952 gründete er die Heimatgemeinschaft der Heldsdörfer. Ernst Rothbächer (1907 - 1974) war kaufmännischer Buchhalter. Nach seiner Rückkehr aus der Russland- Deportation widmete er sich der Geschichte seiner Heimatgemeinde. Das Ergebnis zeichnete sich in der Herausgabe der Heldsdorf gewidmeten Monographie ab. Besonderes Interesse zeigte er an der Namensforschung, die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Verhältnisse, den Trachten des Burzenlandes.
Im Vorwort zu der aufliegenden aktualisierten Chronik zu Heldsdorf, betont deren Autor Karl-Heinz Brenndörfer: "Diese Chronik soll der interessierten Jugend und den jüngeren Heldsdörfern als Information dienen. Für die Älteren sei es ein Nachschlagwerk, um ihre Kenntnisse und Erinnerungen aufzufrischen. Uns allen möge es eine Hilfe sein, unsere Identität und Herkunft zu dokumentieren und die wirtschaftlichen und kulturellen Leistungen unserer Vorfahren zu würdigen". Zum Geleit wird dann der Leser in die geschichtliche Vergangenheit Siebenbürgens eingeführt bzw. auf die Zeit als die Provinz Teil Ungarns war (1141 - 1570), dann als eigenständiges Fürstentum (1571 - 1690) nach der Niederlage des ungarischen Heeres bei Mohacs durch die Osmanen, dann als Teil des Habsburgerreiches (1690 - 1867), und als Siebenbürgen wieder unter ungarische Hoheit (1867 - 1918) gelangte bis dieses sich ab 1. Dezember 1918 an Rumänien anschloss. Als Anhang werden Übersichten bezüglich der ungarischen Könige seit der Einwanderung der Siebenbürger Sachsen, der Fürsten Siebenbürgens, der österreichischen Kaiser, der Könige Rumäniens, der Präsidenten Rumäniens nach dem Zweiten Weltkrieg und nach der Wende von 1989 geboten. Es folgen Angaben über die geographische Lage und Klima von Heldsdorf, Straßenplänen der Gemeinde und von Neudorf der dazu gehörenden Ortschaft. Über die geschichtliche Entwicklung am Ende der Bronzezeit im Burzenland, über die Schneckenberg-Kultur sind die von Alfred Prox hinterlassenen Aufzeichnungen aufgenommen worden. Über die Gründung der Gemeinde und deren Wappen werden einige Überlieferungen geboten, die sagenumwoben sind. Der Gründer sei der Haldeboatschi gewesen. Im engen Zusammenhang wird die Gründung der Ortschaft mit der Heldenburg gebracht wo viele "Helden und Knechte gewohnt haben". Über die Heldenburg und deren Geschichte ist ebenfalls eine Dokumentation von Alfred Prox vom ehemaligen Burzenländer sächsischen Museum hinzu gezogen worden. Schwere Folgen für Heldsdorf, wie auch für das Burzenland, hatte die erste Invasion der Mongolen 1241/1242. Die späteren Einfälle de Türken verursachten viel Leid und Schaden, nicht nur dieser Burzenländer Gemeinde, die Wehranalgen mussten somit ausgebaut werden, um sich vor dem Feind zu schützen.
Die Geschichte verschonte die Heldsdörfer nicht vor Widrigkeiten in den späteren Jahrzehnten bis hin in die kommunistische Zeit als 1945 insgesamt 339 arbeitsfähige Männer und Frauen nach Russland deportiert wurden, im März 1945 die Sachsen enteignet wurden, die Verstaatlichungen 1948 eingeleitet worden sind, 1952 die Evakuierungen einsetzten, die Kollektivisierung stattfand. Die Wende von 1989 brachte mit sich vor allem den Auswanderungsdrang bei den sächsischen Bewohnern. Zwar wurden positive Aktionen und Investitionen gestartet, Modernisierungen vorgenommen, die Gemeinde entwickelte sich positiv,doch ohne die zum Großteil ausgewanderten sächsischen Ortsbewohner. In den weiteren Kapiteln der Monographie wird auf die Baugeschichte in der Gemeinde eingegangen, auf die Architektur der Gebäude. Zu den Gemeinschaftsbauten zählt natürlich die evangelische Kirche deren ursprünglicher Bau einer gotischen Hallenkirche in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts weichen mußte. Der Turm der Kirche musste mehrmals repariert werden in Folge von Erdbeben, beispielsweise 1533. Eine Zeittafel bietet die wichtigsten Arbeiten die an der Kirche und den Ringmauern im Laufe der Jahre vorgenommen wurden bis auf die letzten 2015 als der Kirchturm überholt und gestrichen worden ist, was 2016 auch mit der Kirche gemacht werden konnte. Die Abbildungen, einschließlich Archivfotos sind sprechend für alle dokumentierten Teile der Monographie. Eingegangen wird auf das Pfarrhaus und die Predigerwohnung, auf den evangelischen Friedhof, auf die orthodoxe Kirche die vormals griechisch-orientalisch war. Vorgestellt werden die Schulgebäude, der Große Saal, der Kindergarten, die Feuerwehrunterkunft, das Rathausgebäude. Zu diesen historischen Bauten gehört auch die Kaserne die den da stationierten kaiserlich-österreichisch Einheiten diente, im Zweiten Weltkrieg einschließlich deutsche Einheiten beherbergte. Später zogen da rumänische Gebirgsjäger ein die da bis nach 1990 blieben.Vorgestellt werden die Mühlen der Gemeinde, die Gasthäuser, das Volksbad das 1909 gebaut worden ist und auch heute noch einen großen Anziehungspunkt darstellt.
Das Heldsdorf oft von Feuerkatastrophen betroffen wurde ist ebenfalls dokumentiert. 1236 soll es ganz abgebrannt worden sein. Aber es gab auch Brandstifter. Das Beispiel von Michael Roth ist in die Geschichte eingegangen wobei 1817, durch das von ihm gelegte Feuer 238 Wirtschaften vollständig abbrannten. Er wurde zum Tode verurteilt und in Kronstadt am 21. August 1818 am Marktplatz hingerichtet. Verschont blieb die Gemeinde nicht auch von Erdbeben, Überschwemmungen, Hagelschlag, große Dürreperioden, Heuschreckenplage.
Der wirtschaftlichen Entwicklung der Gemeinde und ihrer Bewohner wird ausführlicher Raum geschenkt. Der landwirtschaftliche Verein Heltia der da nach der Wende gegründet worden ist, macht Schule. Nicht zu übersehen die ausführliche Vorstellung der Ausstattungen der evangelischen Kirche, der Vorstellung des bekannten Flügelaltars, der Glocken, der Kirchturmuhr, der Orgel, der Kirchenschätze. Bevölkerungsstatistiken bieten einem die Übersicht bezüglich der diesbezüglichen Entwicklung der Ortschaft. Eine Analyse des Gesundheits- und Krankenwesens wird mit einer Übersicht der diesbezüglichen Katastrophen in der Gemeinde eingeleitet. Pestepidemien, große Kindersterblichkeit wurden in der Geschichte der Ortschaft verzeichnet. Hier ist sogar ein Venerisches Spital 1787 vermerkt. Auch soll es andere Krankenhäuser da gegeben haben. Gemeindeärzte wie Dr. Friedrch Neustädter (1861 - 1941), Dr.Otto Neustädter (1903 - 1970) sind da nicht in Vergessenheit geraten. Auch andere Namen müßte man da erwähnen, doch sein der Zahnarzt Dr. Hans Depner (1890 - 1969), Dr. Wilhelm Depner (1873 - 1950), Dr. Franz Melzer (1895 - 1972) zu nennen. Brauchtum und Sitte sind weitere Themen die in den Band aufgenommen worden sind. Das Gesellschaftsleben, die Rolle der Nachbarschaften, der verschiedenen Vereine, die Freiwillige Feuerwehr, der in Deutschland gegründete Förderverein Heldsdrf e.V., das Bildungswesen sind eingehend vorgestellt. Heldsdorf war auch immer eine bekannte Ortschaft für das Kulturleben und den Sport, von denen aus bekannte Persönlichkeiten ausgegangen sind. Da wurde der Komponist Johann Lucas Hedwig geboren der bekannt vor allem für die Vertonung des Liedes "Siebenbürgen Land des Segens" bekannt ist, da gab es Blaskapellen, Chöre wobei Namen wie Alfred Slapnicar, Ernst Rothbächer, Hartfried Depner, Georg Franz u.v.a. nicht zu vergessen sind. Von da stammte auch Generalleutnant Dumitru Eremia (1910 - 1976) Leiter des Musikensembles der Armee. Turnen wurde in Heldsdorf schon 1876 gepflegt. Doch die da bestehenden Handballmannschaften gehörten zu den besten landesweit, lieferten Spieler für die Landesauswahlen. Trachten, Fahnen der Heldsdörfer Vereine, die da vorgenommenen Visitationen von den evangelischen Bischöfen runden den Band ab in dem eine jahrelange Arbeit des Autoren steckt. Auch der dazugehörenden Ortschaft Neudorf wurde im Inhalt gebührender Platz geschenkt.
Als Anhang werden dem Leser mehrere Tabellen sowie eine CD geboten. Übersichtlich ist die Zeittafel zur Geschichte von Heldsdorf, die Liste der evangelischen Pfarrer die da im Laufe der Zeit gewirkt haben, der anderen kirchlichen Funktionsträger, aber auch die der orthodoxen Pfarrer. Dokumentiert sind die Listen der Opfer der beiden Weltkriege, der Russlanddeportation, der rumänischen Kolonisten die nach der Agrarreform von 1945 in Besitz von sächsischen Wirtschaften kamen, die derer die 1952 evakuiert worden sind, ein reicher Bildanhang zu dem wesentlich im Band auch Günter Reiner, andere Autoren beigetragen haben und die in einem separaten Verzeichnis angegeben werden. Karl-Heinz Brenndörfer hat es verstanden in den Band den Beitrag der Autoren der vorangehenden Monographien aufzunehmen, den der Historiker Alfred Prox, Michael Kroner, Gernot Nussbächer der in seiner Serie "Aus Urkunden und Chroniken" mehrere Forschungsergebnisse zur Geschichte von Heldsdorf veröffentlicht hat. Dem Autoren und Herausgeber ist verdiente Anerkennung für seine langjährige vorgenommene Dokumentation auszusprechen die auf eingehende Nachforschungen auch vor Ort, in dem Gemeindearchiv, bei Institutionen baut. Die aufliegende Heldsdorf-Chronik kann in der Bibliothek des Kronstädter Forums eingesehen werden. Bestellungen nimmt Karl-Heinz Brenndörfer, Werner-Haas-Weg 5, 70469 Stuttgart, Telefon 0711 85 02 89, E-Mail: khbrenndoerfer@gmx.de entgegen.
Es bleibt zu hoffen, dass dieses Heimatbuch im Geschichtsunterricht in der Schule der Gemeinde Verwendung findet, auch wenn es in deutscher Sprache vorhanden ist. Auch kann dieses bestens von der Gemeindeverwaltung beratend bei verschiedenen Projekten zu Rate gezogen werden besonderes wenn es um den Erhalt der Bausubstanz geht, aber auch wenn es sich um die Zukunft handelt wobei auf da bestehende Traditionen geachtet werden sollte.
Dieter Drotleff
Die Kronstädter Wochenschrift "Karpatenrundschau" erscheint als Beilage in der "Allgemeinen Deutschen Zeitung für Rumänien".
Herausgeber: Demokratisches Forum der Deutschen im Kreis Kronstadt
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