I t a l i e n i s c h e R e i s e b r i e f e
20.08.15
Von Prof. Friedrich Lexen (Auszüge/12)
Und vorbei in schnellem Flug, kaum gegrüßt, gemieden, flog eine Stadt nach der andern vorbei, am Abend waren wir glücklich in Budapest angelangt, wo uns eine unangenehme Überraschung, die erste während unserer ganzen Reise, zu teil wurde. Der Stationschef in Fiume, der uns in entgegenkommender Weise einen separierten Waggon zur Verfügung gestellt hatte, hatte sich gerne bereit erklärt, ein amtliches Telegramm nach Budapest zu senden, um uns auch dort einen separierten Wagen zu sichern. Unterwegs wurde durch den Stationschef einer anderen Station noch ein zweites Telegramm in derselben Angelegenheit abgeschickt. Wie groß war unsere Verwunderung, als wir in Budapest ankamen und für uns gar keine Vorkehrungen fanden. Der funktionierende Stationschef erklärte etwas kühl, von derartigen Telegrammen keine Kenntnis bekommen zu haben. Wir suchten nun, so gut es ging, unterzukommen, kamen aber überall an versperrte und verdunkelte Abteile, so dass wir ratlos dastanden. Im dringendsten Augenblick trat nun der Stationschef in Wirksamkeit und ließ die Abteile öffnen, in denen sich bereits ein bis zwei Reisende es sich recht bequem gemacht hatten, unbekümmert um das Ungemach der übrigen Reisenden. Jetzt hatten wir´s aber mit dem Schaffner gründlich verdorben, dem gewiss manches Trinkgeld der dankbaren Passagiere entgangen sein wird, die wieder unwirsch über uns waren, dass wir sie in der erträumten Bequemlichkeit gestört hatten.
So hatten wir allerlei Plackereien mit in Kauf zu nehmen, die aber ein Nachspiel haben werden, da die Direktion sich ganz gewiss gedrungen fühlen wird, hierüber bei der maßgebenden Behörde Beschwerde einzulegen. Im übrigen suchten wir es uns, so gut es ging, bequem zu machen und dampften freudigen Herzens unserer geliebten Heimat zu. Hier langten wir glücklich an und wurden von den in reicher Zahl erschienenen Angehörigen mit besonderer Freude und Herzlichkeit empfangen. Dankerfüllten Herzens standen die Eltern da, deren Söhne eine solch schöne Reise mitmachen konnten, dankerfüllten Herzens nahmen die Schüler Abschied von ihren Professoren. Und nun sitzen sie in ihrem trauten Heim und berichten von dem schönen Lande Italien. Aber jedem einzelnen Herzen wird gerade durch die Reise so recht zum Bewusstsein kommen, wie schön auch sein eigenes Heimatland ist.
S c h l u s s w o r t
Am Schlusse meines Reiseberichtes angelangt, muss ich noch einige Bemerkungen zu diesem machen. Wie bei der Schulreise Konstantinopel – Athen im Jahre 1898, so hatte ich es mir auch diesmal zur Pflicht gemacht, gelegentliche Berichte zu schreiben, sofern mein Gesundheitszustand und meine jedesmalige Stimmung es ermöglichte. Sie waren in erster Linie für meine Frau bestimmt, die seit einer Reihe von Jahren in geschäftigem Fleiße um drei liebe Kinderchen sich bemüht und ihnen treue Mutter ist, so dass sie selbst zu solchen Reisen nicht kommen konnte. Eines aber wollte sie sich nicht nehmen lassen, nämlich ausführliche Berichte über all das Schöne, das ich jeweilig bei meinen Reisen sehen konnte. Wenn diese Berichte gleichzeitig auch den Weg in die Zeitung fanden, so hatte dieses seinen Grund darin, dass die Väter und Mütter bei solchen Schulreisen in den seltensten Fällen durch eingehende Berichte erfreut und ihre Sorge gemildert wurde. Sieht man aber auch nur eine Mutter beim Scheiden von ihrem durch lange Jahre in treuer Liebe erzogenen Sohn in angstvolle Tränen aufgelöst, dann wird in jedem mitfühlendem Herzen leicht der Gedanke wachgerufen, dass man zur Linderung dieser unnötigen Sorge seinen Teil dazu beitrage und die geängstigten Herzen erfreue. Und es ist wohl auch anzunehmen, dass auch die Übrigen, die voll Zuversicht und Freude ihre Söhne in weite Ferne ziehen sahen, die anspruchslosen Berichte gerne gelesen
haben.
(Fortsetzung folgt)
Die Kronstädter Wochenschrift "Karpatenrundschau" erscheint als Beilage in der "Allgemeinen Deutschen Zeitung für Rumänien".
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