I t a l i e n i s c h e R e i s e b r i e f e
02.07.15
Von Prof. Friedrich Lexen (Auszüge/5)
Diesem Umstande ist es zu verdanken, dass die Ziele solcher wissenschaftlichen Anstalten immer mehr gewürdigt werden und diesen wesentliche Förderung zu teil wird. Gerade jetzt baut man an der Erweiterung dieser Anstalt, die in ihrer gesamten Einrichtung einzigartig dasteht. Ich ließ mich auch in den Arbeitsräumen dieser Anstalt umherführen und hatte die Freude, einen meiner früheren Studienkollegen Leipzigs, den ich fast 20 Jahre nicht gesehen hatte, hier wieder zu sehen. Nach längerem Aufenthalte verließ ich hoch befriedigt das zoologische Institut. Meine Reisegenossen waren
inzwischen in die Antikensammlung gegangen, auf die ich zu Gunsten der früher erwähnten Anstalt im eigenen Interesse gerne verzichtete.
XVI.
Neapel, 16. Juli 1905
Die Neapolitaner sind recht lebhafte und leidenschaftliche Menschen, was sie machen, geschieht mit Eifer und Leidenschaft. In ihrem Fleiße und in ihrer Arbeit scheint das passive Widerstreben gegen die aktive Betätigung zu überwalten. Mit lebhaftem Geschrei schreiten sie an uns vorüber, die einen bieten Zeitungen zum Verkaufe aus, die andern Obst und Gemüse, die dritten Fische u. a. m. Man sollte glauben, dass in Italien gutes Obst zu finden sei. Dies ist hier eben so wenig der Fall wie auf dem südlichen Teil der Balkanhalbinsel.
Das feil gebotenen Obst ist im Verhältnis zu dem auf unserem Markte in der Heimat angebotenen minderwertig, es schmeckt nicht süß und aromatisch genug. In Rom schon fanden wir reife grüne Feigen vor. Hier finden wir schon herrliche große Pfirsiche, grüne Mandeln und Haselnüsse, reife Melonen, schön
bläulichrote Pflaumen, die Weintrauben sind noch nirgends zu sehen. An Zitronenbäumen sahen wir recht schöne gelbe Zitronen hängen. Der Nachmittag war der Besichtigung Neapels und einer Fahrt nach Bagnoli gewidmet. In Gruppen standen die Neapolitaner da, heftig gestikulierend, hie und da tritt einer an uns heran und will uns anbetteln um einen Soldo. Da steht ein Alter mit zwei kleinen Seepferdchen und bietet uns diese zum Verkaufen an. Ihr Sprechen ist ein förmliches Singen, das uns lebhaft an die Bewohner Zeidens erinnert, nur sprechen die Neapolitaner noch mehr in singender Weise als die Zeidner. Mit der Trambahn fuhren wir nach Bagnoli durch den fast 1 Kilometer langen Tunnel. Bevor wir einstiegen, gab es lange Verhandlungen mit einzelnen Schaffnern der Trambahn, auf welcher, wie bei uns verschiedene Klassen und anscheinend für Ausländer höheren Preise zu sein scheinen als für Inländer. Einmal wurde uns für dieselbe Strecke 20 Centissimi und dann gleich 35 verlangt. In Bagnoli, das herrlich im Golf von Neapel liegt, badeten wir, die Wellen gingen etwas bewegter, und wir wurden von den Wellenbergen immer wieder in die Höhe gerissen oder von ihnen übergossen. Das Bad sollte mit samt der Wäsche 50 Zent kosten. Wir zahlten diese gleich anfangs, doch begehrten nach dem Bade die Leute eine besondere Taxe für die Wäsche, was wieder zu Verhandlungen führte. Unsere Wertsachen häuften wir alle in einem Badekabinette an, wo einer von unserer Gesellschaft sie bewachte, um nicht bestohlen zu werden. Es heißt hier recht acht geben, da man allerlei fragliche Elemente um sich hat. Wechselt man Geld, so heißt es wieder recht acht geben, um nicht zu wenig zurückzubekommen oder durch falsches Geld geprellt zu werden. Nun geht´s zur Anhöhe des Posilip, wo wir eine herrliche Aussicht genießen. Eben geht die Sonne in herrlichem Purpur, unter und feenhaft erglänzt das Meer. Wir haben einen Anblick, wie wir ihn uns schöner nicht denkenkönnen. Gegen Abend sahen wir bei der Heimfahrt den Vesuv mit seiner jetzt schön rot glühenden Lava, die wieder an seinem steilen Abhange hinab gleitet.
Die herrliche Glut dieser Lavamassen nimmt unsere Aufmerksamkeit ganz in Anspruch, alles ist entzückt über das wunderbare Bild. Ja wir sehen sogar eine Feuergarbe aus dem Schlunde dieses grimmigen Alten emporsteigen, und rings umher war alles in hingebende Bewunderung versetzt. Am Abend fanden wir in Neapel das geschäftige Leben und Treiben der Leute. Auf einem mächtig großen Platze, so groß wir unser Marktplatz, saßen an zahlreichen Tischen die Leute und verzehrten ihr Gefrorenes oder tranken ihren Kaffee. Zwei Musikkapellen spielten schöne Weisen. Einzelne Gassen waren prächtig illuminiert, es galt einem Heiligen irgend einer Kirche. In manchen Gasthäusern waren außer der Kapelle auch Sänger und rings um die sitzenden Gäste derselben eine große Schar von Leuten, die ihren Weisen lebhaft zuhörten und Beifall klatschten. Auf den Stufen mancher Häuser lagen ärmlich gekleidete Jungens, die schon zur Nachtruhe sich hier bequem gemacht hatten. Ein echt neapolitanisches Bild. Heute Früh erklangen Mörserschüsse zu Ehren des gefeierten Heiligen, ähnlich wie dies am Ostertage der Rumänen bei uns geschieht.
XVII.
Capri, 16. Juli 1905
Heute ging´s der kleinen, durch Scheffel und Kopisch so bekannt gewordenen Insel Capri zu. In den bereit stehenden Kähnen wurden wir dem entfernt vom Meerufer stehenden Schiffe zugerudert. Eine bunte Menge von Ausflüglern hatte sich schon hier versammelt. Einheimische Italiener, Reichsdeutsche in größerer Zahl, dazu noch unsere Reisegesellschaft, oder wie die Italiener uns oft benennen, unsere Karawana. In herrlichstem Blau erstrahlte das Meer, es war ein bezaubernder Anblick. Stellenweise sahen wir ein lebhaftes Grün. Es war, wie wenn unter uns sich eine weithin sich erstreckende Menge von schönen Saphiren und Smaragden vor uns ausbreiten würde. So schön hatten wir uns das Blau und Grün der Meereswogen nicht gedacht. Diese schöne Meeresfärbung wird wohl dem schönen Tag zuzuschreiben sein, der eben seinen Anfang genommen hatte.
(Fortsetzung folgt)
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