„Im idealen Kronstadt lächeln die Leute auf der Straße“
19.05.16
Interview mit Christian Macedonschi, Bürgermeisterkandidat des Deutschen Forums bei den Kommunalwahlen 2016
Bei den Kommunalwahlen im Juni schickt das Kronstädter Ortsforum den Unternehmer Christian Macedonschi ins Rennen um das Bürgermeisteramt. Macedonschi (Jahrgang 1972) ist gebürtiger Kronstädter und verbrachte Kindheit und einen Teil seiner Jugend in der Stadt unter der Zinne, bevor er nach der Wende nach Deutschland auswanderte. Der zukünftige Unternehmer begann ein Wirtschaftsstudium an der Nürnberger Friedrich Alexander Universität, das er an der Kronstädter Transilvania-Uni beendete. Er kehrte nach Rumänien zurück, wo er als Mitglied des Deutschen Wirtschaftsklubs und als Vorsitzender des Verbands zur Förderung und Entwicklung des Tourismus im Kreis Kronstadt (APDT) bekannt wurde. Bei den Lokalwahlen 2012 wurde er als DFDR-Kandidat in den Kronstädter Stadtrat gewählt.
„Mit der ihn auszeichnenden Willenskraft verfolgt er sein Ziel, einem Perpetuum mobile gleich, ohne je zu ermüden, ist auf den unterschiedlichsten Ebenen tätig und einer der aussichtsreichsten Kandidaten auf den Posten des Bürgermeisters von Kronstadt“. So wurde Macedonschi vom Vorsitzenden des Ortsforums Thomas Sindilariu charakterisiert. Mit geradezu ansteckendem Optimismus, überdruchschnittlichem Tatendrang und hunderten von Ideen geht Macedonschi zusammen mit seinem Team in den Wahlkampf. Über sein Wahlprogramm, seine Ziele und Projekte, aber auch über die vielen Probleme der Stadt sprach der Unternehmer mit KR-Redakteurin Elise Wilk.
In diesem Jahr feiern wir den 150. Geburtstag von Dr. Carl Ernst Schnell, der lezte deutsche Bürgermeister der Stadt. Warum wäre es Ihrer Meinung an der Zeit, dass die Kronstädter wieder einen deutschen Bürgermeister haben? Was unterscheidet Sie von den anderen 14 Kandidaten?
Das Deutsche Forum ist keine politische Partei. Unser Team unterscheidet sich komplett von der jetztigen politischen Klasse, die sich durch Korruption und Vetterwirtschaft auszeichnet. Wir sind eine europäische Organisation. Im Team des Deutschen Forums sind unter anderen auch deutsche Staatsbürger und Rückkehrer, die ein gutes Beispiel aus dem Ausland bringen. Es handelt sich teilweise um Investitoren, um Experten aus den unterschiedlichsten Bereichen, keine Karriere-Politiker. Mit ihnen kann man eine korrekte und transparente Administration schaffen. Wir alle verfolgen ein gemeinsames Ziel, und zwar dass Kronstadt als wichtige europäische Stadt angesehen ist. Leider haben wir durch die korrupte Administration viel Image verloren. Wir müssen unseren Respekt in Europa zurückgewinnen.
Sie werben auch mit dem Slogan „Das europäische Kronstadt“.
Ein „europäisches Kronstadt“ bedeutet eine korrekte und transparente Administration, wo die Bürger respektiert sind und die alles tut, um die Lebensqualität zu verbessern.
Wie stellen Sie sich das ideale Kronstadt vor?
Im idealen Kronstadt lächeln die Leute auf der Straße. Wenn die Menschen lächeln bedeutet es, dass es ihnen gut geht. Damit sie sich in ihrer Stadt wohl fühlen braucht die Stadt eine gute Infrastruktur, einen effizienten Personentransport, Wohnungen mit günstigen Wasser- und Stromrechnungen. In Kronstadt sind Wasser, Strom und Gas unter den teuersten im Land. Leute können nicht lächeln, wenn sie tagelang kein warmes Wasser haben, wie es neulich mit über 10.000 Kronstädter Familien vor den orthodoxen Ostern passiert ist. Leute lächel, wenn sie in einer sicheren Stadt leben, wenn ihre Kinder in eine gute Schule gehen, wenn sie einen gut bezahlten Job haben, wenn sie hier unterschiedliche Angebote zur Freizeitgestaltung finden. Zur Lebensqualität gehört auch, einen Flughafen zu haben. Dann muss man nicht immer nach Bukarest oder Hermannstadt fahren, um ins Ausland zu fliegen. Wenn man seine Verwandten in Deutschland besuchen will, sollte man die S-Bahn nehmen und zum Flughafen fahren- das ist das ideale Kronstadt.
Sie erwähnen in Ihrem Wahlprogramm, dass sie Erfolgsmodelle aus dem Ausland nach Kronstadt importieren wollen. Nennen Sie ein paar dieser Erfolgsmodelle.
Ich bin der Meinung dass man das Rad nicht immer neu erfinden muss, wenn man ein gut funktionierendes Modell hat. Aus den Erfahrungen dieses „Vorbilds“ kann man viel lernen.
Ein gutes Beispiel für ein Erfolgsmodell ist der Nürnberger Flughafen. Es ist ein kleiner Flughafen, der in unmittelbarer Nähe zweier Großflughäfen liegt (München und Frankfurt), aber er hat zur Steigerung der Lebensqualität von Nürnberg beigetragen. Ähnlich wird es auch mit dem Kronstädter Flughafen sein, eines meiner wichtigsten Projekte und eine absolute Priorität.
Ein anderes Modell, das ich importieren will, ist das Netz der Fahrradwege aus Wien. Kronstadt soll eine grüne Stadt sein und deshalb muss man die Emmissionen so viel wir möglich reduzieren, damit die Luft sauber bleibt. Deshalb sind Fahrradwege wichtig.
Ein drittes Erfolgsmodell ist die restaurierte Innenstadt aus Hermannstadt. Wir haben im Stadtzentrum ein warhhaftiges Juwel, das leider zusammenfällt, wenn nichts dagegen unternommen wird.
Erwähnen Sie die wichtigsten 3 Punkte aus Ihrem politischen Programm.
Erstens ist der Bau eines Flughafens lebenswichtig. Zweitens muss man das Problem der Parkplätze lösen. Ein Parkplatz kostet in Kronstadt mehr pro Jahr als die Steuer für eine Wohnung. Ich habe verschiedene Lösungen für moderne Parksysteme identifiziert. Ein anderer wichtiger Punkt im Programm, den ich auch früher erwähnt habe, ist das Fahrradwegnetz. Momentan sind die Fahhrradwege eine Lebensgefahr für Radfahrer. Moderne und effiziente Fahrradnetze entlasten den Verkehr und sind gut für die Umwelt. Als zusätzlichen vierten Punkt würde ich unbedingt erwähnen, dass ich die Initiative der Zivilgesellschaft „Das neue Krankenhaus für Kronstadt“ unterstütze.
Ein wichtiges Thema aller Wahlprogramme in diesem Jahr ist der Kronstädter Flughafen. Die Bürger sind aber skeptisch und meinen, es sei nur ein Wahlversprechen. Was haben Sie konkret getan, um dieses Projekt zu verwirklichen?
Mein Ziel war, Erfolgsmodelle zu zweigen: Wien, Nürnberg, München, Salzburg.
Alle 4 Flughäfen haben eine Gemeinsamkeit, und zwar die Partnerschaft zwischen Stadt und Region. Am Anfang dieses Jahres wurde auf meinen Vorschlag hin eine Partnerschaft zwischen dem Kreisrat und dem Stadtrat unterzeichnet, so dass sich beide Seiten in die Finalisierung des Projektes implizieren können. Ich habe diese Vision also greifbar gemacht. Jetzt ist mein Weg sozusagen geebnet.
Was ist der nächste Schritt?
Der nächste Schritt ist der Bau des Terminals, Verbindungsstraßen zur Piste und der Bau des Kontrollturms.
Wir sind im Gespräch mit dem Architekt des Münchner Flughafens, Wolfgang Voigt. Er hat im Herbst 2015 einen Besuch nach Kronstadt unternommen und hat einen guten Überblick auf das Wirtschaftspotential Kronstadts bekommen. Er konnte auch die schon fertige Start- und Landebahn des Flughafens besichtigen und empfahl gleich von Anfang, einen Komplex vorzusehen, der nach Bedarf erweitert werden kann. Herr Voigt wird in diesem Jahr erneut nach Kronstadt kommen.
Wann glauben Sie, dass das erste Flugzeug von hier abfliegen wird?
Das wird Ende 2018 geschehen.
Welches sind Ihrer Meinung nach die größten Probleme der Stadt?
Korruption und Vetterwirtschaft sind Basis von allen Problemen. Ich unterstütze das Projekt der Städtepartnerschaft zwischen Nürnberg und Kronstadt. Aus Nürnberg wurde uns jedoch mitgeteilt dass keine Städtepartnerschaft geschlossen werden kann solange ein korrupter Bürgermeister die Stadt regiert.
Ein anderes Problem sind die Straßen. Man hört die Leute sagen: Kronstadt hat gute Straßen. Das mag so sein, aber bei Regen verwandelt es sich in eine Katastrophe. Bei Regen entstehen Seen,nicht Pfützen. Man braucht ein gutes Wasserabflussmanagement, das ist sehr wichtig.
Die Presse hat ihren überdurchschnittlichen Tatendrang oft kritisiert und gemeint, sie hätten viel versprochen und wenig getan. Viele Ideen der Projekte, die sie vorgeschlagen haben, sind gut. Man stoßt leider auf Schwierigkeiten, wenn es darauf kommt, sie umzusetzen. Nennen sie 3 Projekte, die sie als Gemeinderat in der Zeitspanne 2012-2016 durchgeführt haben. Was haben Ihnen die Kronstädter zu verdanken?
Ich bin Gründungsmitglied des Deutschen Wirtschaftsklubs und Initiator des Projekts „Berufsschule Kronstadt“. Eines der Projekte auf das ich stolz bin ist das Oktoberfest, das seit acht Jahren in Kronstadt stattfindet und letztes Jahr fast 300.000 Besucher hatte.
Meine größte Errungenschaft als Stadtrat ist die Verhinderung des Straßen- und Tunnelbauprojekts im Naherholungsgebiet „Hinter der Graft“/Dupa Ziduri. Stets habe ich mich für die Sicherheit und Effizienz des Straßenverkehrs eingesetzt.
Für den Flughafen Kronstadt habe ich bereits seit 2012 Aktionen unternommen.
An zahlreichen internationalen Tourismusmessen, an denen ich teilgenommen habe, wurde für Kronstadt als Reiseziel Werbung gemacht. Das war nicht ohne Effekt: im Jahr 2015 haben eine Million Touristen die Zinnenstadt besucht. Ich habe meine Bekanntheit dafür eingesetzt, um ausländhische Investitoren auf Kronstadt aufmerksam zu machen. Ich habe Veranstaltungen organisiert, die Kronstadt im internationalen Rahmen bekannt gemacht haben. Auch habe ich dazu beigetragen, dass Arbeitsplätze geschaffen werden, habe Jobbörsen organisiert und bin Initiator des Projektes „Fit for Future“. In diesem Jahr hatten über 150 Schüler die Chance, ein Praktikum in deutschen Firmen zu absolvieren. Ich hatte die Initiative, Peter Maffay zum Ehrenbürger Kronstadts zu ernennen.
Ich glaube nicht, dass es einen Stadtrat gibt, der mehr für Kronstadt geleistet hat. Einer unserer Slogans für die diesjährigen Wahlen ist „Cu noi mergi la sigur“/Mit uns gehst du auf Nummer sicher, jedoch gibt es auch einen unoffiziellen Slogan, der in den sozialen Medien verkehrt, und zwar: „Mace face si nu tace“ (etwa: Mace tut und schweigt nicht).
7,57% der Kronstädter, die bei den Kommunalwahlen 2012 teilgenommen haben, schenkten ihr Vertrauen ins Team des Deutschen Forums. Welches ist Ihr Ziel für die Wahlen am 5. Juni 2016?
Dieses Mal zielen wir auf 15-20%. Das würde bedeuten, dass wir 6 bis 9 Stadträte haben werden.
Viele junge Leute meinen, in Kronstadt würde nichts passieren. „Was soll ich hier tun?“ meinen sie, wenn sie gefragt sind, warum sie nicht hier bleiben, sondern in andere Großstädte oder ins Ausland ziehen. Hier gäbe es zu wenig Perspektiven, meinen viele von ihnen. Mit welchen Argumenten würden Sie einen jungen Kronstädter überzeugen, in seiner Stadt zu bleiben?
Ich komme gerade vom Event „AFCO“ (Absolventi in fata companiilor, wo Hochschulabsolventen das Jobangebot für Einsteiger von mehreren Großunternehmen vorgestellt wird. Es gibt zur Zeit über 1000 Jobs für Absolventen, davon sind 20% Hightech-Jobs mit Super-Einstigesgehältern. Für die vielen jungen Leute müsste man günstige Wohnungen bauen, aber die Stadt muss dazu beitragen. Eine moderne Stadt muss eigene Wohnungen haben.
Dem jungen Kronstädter würde ich also sagen: Wir bieten Lebensraum, eine gute Zukunft, gute Gehälter und Freizeitangebote in der Natur wie keine andere Stadt.
Mit welchen Argumenten würden Sie einen unentschiedenen Wähler überzeugen, Sie zu wählen?
Mit uns gehen Sie auf sicher. Es gibt keine Parteiinteresse, also sollte man uns vertrauen.
Nennen Sie drei ihrer Lieblingsplätze in Kronstadt
Ich liebe die Straßen der Oberen Vorstadt, wo ich aufgewachsen bin. Sehr gerne verbringe ich meine Freizeit auf dem Marktplaz in der inneren Stadt. Auch Bartholomäe in der Gegend der Langgasse ist wunderschön. Eigentlich gefällt es mir überall.
Die Kronstädter Wochenschrift "Karpatenrundschau" erscheint als Beilage in der "Allgemeinen Deutschen Zeitung für Rumänien".
Herausgeber: Demokratisches Forum der Deutschen im Kreis Kronstadt
Redaktion: 500.030 Braşov, Str. GH. Baiulescu 2,
Fernruf und Telefax: 0040 -(0)268/475 841,
E-Mail:kronstadt@adz.ro
Schriftleiter: Elise Wilk.
Redaktuere:Ralf Sudrigian, Hans Butmaloiu, Christine Chiriac (Redakteurin, 2009-2014), Dieter Drotleff (Redaktionsleiter 1989 - 2007)
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