Meinungen
11.03.21
Für und Wider Kronstädter Straßenbahn
Gute zwanzig Jahre nach ihrer Abschaffung kommt die Straßenbahn in Kronstadt erneut ins öffentliche Gespräch. Es sei eine umweltfreundliche Variante für den öffentlichen Verkehr ganz im Sinne einer nachhaltigen Stadtmobilität so wie sie auch die EU unterstützt, einschließlich über Fördergelder. Heute gebe es moderne Trambahnen die ohne viel Lärm und Vibrationen auf den Schienen gleiten und die auf Dauer durch die größere Transportkapazität auch günstiger als Busse oder Trolleybusse seien. Der westeuropäische Trend Pro Trambahn müsse auch in Kronstadt umgesetzt werden, fordern auch Kronstädter Initiativgruppen und hoffen auf Unterstützung seitens des USR-Bürgermeisters Allen Coliban.
Dieser ruft zu Besonnenheit und Geduld auf. Eine Machbarkeitsstudie sei notwendig; Experten sollen sich äußern und erst nachher sollte eine öffentliche Debatte über die Notwendigkeit der Straßenbahn in Kronstadt folgen. Noch einmal wird ersichtlich, dass es zur Zeit noch keine Vision für die Zukunft Kronstadts gibt, keine Strategie über die Grundlinien der Stadtentwicklung oder über Prioritäten die allgemein akzeptiert werden.
Die Straßenbahn in einer Variante mit zwei Trassen (Bartholomä – Noua-Viertel und Rulmentul – Innere Stadt mit Schnittpunkt beim ehemaligen Hidromecanica-Platz) würde die Stadt mindestens 200 Millionen Euro kosten. So viel Geld hat die Stadt nicht, weiß der Bürgermeister, aber es gebe jetzt auch die einmalige Chance, für solche oder ähnlich grüne und nachhaltige Investitionen Gelder von der EU und der rumänische Regierung zu beantragen und zu erhalten. Alles muss aber mit Ruhe abgewogen werden denn die Straßenbahn muss sich ins Nahverkehrsnetz eingliedern wo schon Hybridbusse eingesetzt und weitere bestellt wurden. Parallel dazu soll das existierende Trolleybuss-Netz erhalten bzw. ausgebaut werden.
Die Straßenbahn benötigt ihre Infrastruktur: Schienen und Depots. Der in Kronstadt bevorzugte Kreisverkehr aber auch enge Straßen sind eher Gegenargumente für die Straßenbahn. Monatelange Grabungen mit den damit verbundenen Verkehrsbehinderungen müssten die Kronstädter in Kauf nehmen. Fraglich ist auch, ob das Fahren mit der Straßenbahn so „chic” wird, dass viele Kronstädter der Trambahn zuliebe auf den eigenen Pkw verzichten, wenn sie in der Stadt unterwegs sein wollen. Denn nur eine entsprechend große Belastung macht die Straßenbahn auf Dauer rentabel. Tausende Pendler als Arbeiter des Lkw-, des Tractorul- oder des Rulmentul-Werkes für die die Straßenbahnlinie 101 (Rulmentul – Astra-Viertel) hauptsächlich gedacht war, gibt es nicht mehr weil diese Großbetriebe für immer verschwunden sind.
Im Sommer sollte dann eine Entscheidung auf Grund der Machbarkeitsstudie, der Expertise von Fachleuten und weniger nach Umfragen oder öffentlichen Debatten getroffen werden. Denn das Thema sorgt bereits für Kontroversen und wird für politischen Auseinandersetzungen missbraucht. Kurz zusammengefasst heißt es in den nächsten Monaten auf folgende Fragen zu antworten: Brauchen wir (noch einmal) noch eine Straßenbahn und lohnt es sich, dafür viel Geld zu beantragen?
Ralf Sudrigian
Die Straßenbahnlinie 101 verband die Stadtviertel Rulmentul und Astra. Foto aus dem Jahr 1994. Foto: Wikipedia
Die Kronstädter Wochenschrift "Karpatenrundschau" erscheint als Beilage in der "Allgemeinen Deutschen Zeitung für Rumänien".
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