Michael Teutsch (1855 - 1940)
14.05.09
Ein Pionier in den sächsisch-rumänischen Sprachbeziehungen
Michael Teutsch (1855 - 1940), der Verfasser des Rumänischen Sprachbuchs
Die diesjährige wissenschaftliche Tagung „Tara Bârsei" des Gedenkmuseums der Familie Muresianu in Kronstadt war dem Unterrichtswesen und der Erziehung im 19. und 20. Jahrhundert gewidmet. Als Beitrag dazu haben wir das Leben und Werk des Verfassers des ersten Kronstädter Lehrbuches der rumänischen Sprache für Deutsche vorgestellt.
Es ist dies Michael Teutsch, der am 8. Januar 1855 in Schirkanyen als Bauernsohn geboren wurde und in Kronstadt das mit dem Honterus-Gymnasium verbundene theologisch-pädagogische Seminar besuchte, das er im Jahre 1875 absolvierte.
Ab dem Schuljahr 1875/1876 wirkte er dann an der innerstädtischen evangelischen Knabenvolksschule, wo er Lehrer der dritten und später der vierten Klasse war.
Nach dem Tod des Rumänischlehrers am Honterusgymnasium, Andreas Tontsch, am
15. Oktober 1888, übertrug das evangelische Presbyterium als Schulerhalter den rumänischen Sprachunterricht am Gymnasium und an der Realschule dem Elementarlehrer Michael Teutsch. Michael Teutsch unterrichtete in der Tertia und in der Quarta von Gymnasium und Realschule jeweils zwei Wochenstunden Rumänisch bis zum Schuljahre 1902/1903, danach nur noch an der Realschule bis zum Schuljahr 1914/1915. Ebenso unterrichtete Michael Teutsch Rumänisch auch an der Kronstädter evangelischen Mädchenschule.
Im Schuljahr 1906/1907 unterrichtete er auch Magyarisch in der 5. und 6. Klasse, ab dem Schuljahr 1908/1909 wurde er auf eigenen Wunsch als Klassenlehrer in die zweite Klasse versetzt.
Als solcher trat er am 1. Februar 1916 in den Ruhestand, unterrichtete aber danach noch kurze Zeit weiter. Nach dem ersten Weltkrieg finden wir ihn wieder als Hilfslehrer für den rumänischen Sprachunterricht am Gymnasium und an der Realschule in den Schuljahren 1921/1922 und 1923/1924. Ebenso wirkte er auch als Privatlehrer.
Michael Teutsch starb am 27. Mai 1940 im 86. Lebensjahre und wurde am 29. Mai 1940 am Innerstädtischen evangelischen Friedhof beigesetzt. Die „Kronstädter Zeitung" vom 4. Juni 1940 veröffentlichte einen schönen Nachruf über sein gemeinnütziges Wirken.
Michael Teutsch war seit dem Jahre 1881 mit Charlotte, geborene Klöckner, verheiratet, mit der er drei Töchter hatte, von denen zwei Lehrerinnen wurden. Die älteste heiratete den bekannten Buchhändler Heinrich Zeidner. Als jüngstes Kind wurde Teutsch später noch ein Sohn geboren, der im Ersten Weltkrieg starb.
Das Kronstädter Adressenbuch bringt interessante Angaben über Michael Teutsch. Er erscheint zuerst im Adressenbuch für das Jahr 1877, als Lehrer und wohnhaft in der Heiligleichnamsgasse (heute Waisenhausgasse) Nr. 127. Die nächsten Wohnungen - fast alljährlich eine neue - waren: Flachszeile 27 (1878), Purzengasse 495 (1879), Purzengasse 537 (1880), Klostergasse 13 (1881), Burggasse 216 ( 1882 - 1883, hier wurde die erste Tochter geboren), Burggasse 250 (1884, hier wurde die zweite Tochter geboren), Burggasse 233 (1885 - 1890, hier wurde die dritte Tochter geboren), Burggasse 4 (1891), Burggasse 44 (1892 - 1893), Burggasse 47 (1894). Nach diesen langen Wanderjahren erscheint der Lehrer Michael Teutsch ab dem Jahre 1895 als Eigentümer des Hauses Burggasse 55 (heute Nr. 51), das ihm und nachher seinen Töchtern bis zur Enteignung im Jahre 1950 und Evakuierung im Jahre 1952 gehörte.
Das große Verdienst von Michael Teutsch ist die Ausarbeitung und die Veröffentlichung eines Lehrbuches zur Erlernung der rumänischen Sprache, das zuerst im Jahre 1897 erschien. Sein Mitarbeiter dabei war Professor Ioan Popea (1839 - 1903) vom rumänischen Gymnasium, der selbst das Honterusgymnasium besucht und anschließend in Leipzig studiert hatte.
Wir wollen nur kurz die Struktur dieses Lehrbuches vorstellen. Sein Titel lautet: „Lehrbuch der rumänischen Sprache zum Schul- und Selbstunterricht".
Im Vorwort werden die pädagogischen Grundsätze erläutert, nach denen das Lehrbuch aufgebaut ist. Es beginnt mit einer Vorstufe, wo Laute, Buchstaben, Rechtschreibung und Betonung behandelt werden.
Im ersten Teil des Lehrbuches ist der Stoff in 50 sogenannte „Übungen" gegliedert, die jeweils ein Sachgebiet betreffen. Am Ende des ersten Teiles befindet sich eine Zusammenfassung der Deklination und der Konjugation sowie ein Kapitel über die Wortbildung.
Der zweite Teil enthält Sprechübungen, Lesestücke und Gedichte sowie Beispiele von Geschäftsbriefen.
Der dritte Teil enthält zwei Wörterverzeichnisse - eines nach den Übungen und ein zweites allgemeines in alphabetischer Ordnung.
Das Lehrbuch von Teutsch und Popea fand rasch Anklang unter der Lehrerschaft und wurde von Nándor (Ferdinand) Szabó auch in die ungarische Sprache übersetzt . Michael Teutsch war selbst auch an dieser Bearbeitung mitbeteiligt.
Nach anderthalb Jahrzehnten erschien die zweite, vollständig umgearbeitete Auflage des Lehrbuches von Michael Teutsch mit dem geänderten Titel: „Rumänisches Sprachbuch. Ein Leitfaden zur leichten Erlernung der rumänischen Sprache zum Schul- und Selbstunterricht" im Jahre 1913. Der rumänische Teil war von Professor Alexandru Bogdan (1881 - 1914) durchgesehen und erweitert worden.
Auch diesmal enthält das Lehrbuch eine Vorstufe, gefolgt vom ersten Teil: Wort- und Satzlehre. Der zweite Teil bringt Übungsstücke, zuerst Gespräche aus dem praktischen Leben. Wir finden unter den Lesestücken und Gedichten Texte von Eminescu, Co{buc, Slavici, [t. O Iosif, Sadoveanu, Goga und Ecaterina Piti{ u.a. Der dritte Teil enthält die beiden Wörterverzeichnisse, mit je über 2000 Wörtern, die ein Taschenwörterbuch ersetzen konnten.
Als Folge der Vereinigung Siebenbürgens mit Altrumänien auf Grund der Karlsburger Beschlüsse vom 1. Dezember 1918 wurde dringend eine neue Auflage des Rumänischen Sprachbuchs von Michael Teutsch notwendig. Sie erschien im Frühjahr 1919 und wurde in vier Monaten fast ausverkauft, weil die Schüler und die Leute sich mit der neuen Staatssprache vertraut machen wollten und mußten. Bis jetzt konnten wir in Kronstädter Bibliotheken noch kein Exemplar dieser Auflage feststellen. Die dritte Auflage wurde vom Landeskonsistorium der Evangelischen Landeskirche als Schulbuch empfohlen.
Die vierte, erweiterte und verbesserte Auflage, deren Vorwort aus dem August 1919 stammt, wurde im rumänischen Teil von Professor Dr. Ioan Baciu (1888 - 1956) durchgesehen und erweitert und erschien im Jahre 1920. Der Leitende Regierungsrat in Klausenburg als rumänische Regierung für Siebenbürgen bestätigte dies Buch als Lehrbuch für die Schulen mit deutscher Unterrichtssprache.
Die fünfte erweiterte und verbesserte Auflage des Rumänischen Sprachbuchs erschien in zwei Teilen. Der erste Teil als Lehrbuch für die Unterstufe, wurde 1923 in Hermannstadt gedruckt. Der zweite Teil - für die Oberstufe - erschien im Jahre 1924.
Dazu wurde als eigenes Heft ein „Wörterverzeichnis zum Rumänischen Sprachbuch von Michael Teutsch" unter großen technischen Schwierigkeiten herausgegeben, das auch von Dr Ioan Baciu durchgesehen wurde.
Im Jahre 1925 genehmigte das Unterrichtsministerium das Rumänische Sprachbuch von Teutsch und Baciu als Lehrbuch für die Volksschulen mit deutscher Unterrichtssprache in Großrumänien. Die sechste Auflage des ersten Teiles wurde im Jahre 1925 von der Markus-Druckerei in Schäßburg gedruckt, fast drei Jahrzehnte nach der ersten Auflage.
So war Michael Teutsch ein Pionier in den sächsisch-rumänischen Sprachbeziehungen und hat durch sein Rumänisches Sprachbuch viel zur besseren Kenntnis der rumänischen Sprache und damit der Rumänen durch die Siebenbürger Sachsen nicht nur in Kronstadt sondern im Landesmaßstab beigetragen, ebenso zur besseren Eingliederung der Sachsen in den neuen Staat Großrumänien nach 1918.
Wegen seiner Verdienste schlagen wir vor, daß an seinem Hause in der Burggasse Nr. 51 eine zweisprachige Gedenktafel angebracht werde, wozu vielleicht das DFDKK die nötigen Schritte unternehmen könnte.
Gernot Nussbächer
Bildtext: Das Wohnhaus von Michael Teutsch von 1894 – 1940 in der Burggasse Nr. 51.
Foto: Hans Butmaloiu
Die Kronstädter Wochenschrift "Karpatenrundschau" erscheint als Beilage in der "Allgemeinen Deutschen Zeitung für Rumänien".
Herausgeber: Demokratisches Forum der Deutschen im Kreis Kronstadt
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