Riviera Maya: Eine Winterreise in Corona-Zeiten
18.02.21
Teil vier: Die Instagram-Ortschaft und eine abenteuerliche Fahrradfahrt
Das Beste kommt zum Schluss. Unser letztes Ziel auf der Riviera Maya, bevor wir nach Cancun zurückkehren, wo unsere Reise anfing, ist Tulum, wo wir vier Tage verbringen werden. Weißer Karibik-Strand, türkisfarbenes Meer, viele Palmen- eine Traumortschaft. Ähnlich wie Cancun ist Tulum zweigeteilt und besteht aus Tulum Pueblo, dem Ortszentrum und Tulum Beach, dem Strand. Im Ortszentrum, wo wir wohnen, und das sich fünf Kilometer vom Strand entfernt befindet, sind die Unterkünfte und Restaurants günstiger. Das heißt aber noch lange nicht, dass die Hotels schlechter sind- nur das Preis-Leistungs-Verhältnis ist viel besser. Auch gute Restaurants gibt es hier- zum Beispiel Burrito Amor, sehr nahe an der Fernbusstation gelegen, wo man besonders leckere Garnelen-Tacos genießen kann. Oder Mil Amores, direkt an der Hauptstraße, wo es die besten Hühnchen-Fajitas gibt. Der größte Nachteil, wenn man im Zentrum wohnt ist, dass der Strand so weit weg ist. Ein Taxi kostet, falls man gut verhandeln kann, 200 Pesos (40 Lei) bis hin. Am Abend jedoch steigen die Preise rasant in die Höhe- wer zu einem der angesagten Strandclubs fahren will, muss drei oder sogar vier Mal mehr bezahlen. Auch Colectivos fahren vom Zentrum in die Stadt, doch sie sind meistens zu voll und halten nicht an. Die günstigste Alternative bleibt das Fahrrad, das man für 150 Pesos pro Tag ausleihen kann.
Am Strand befinden sich die gehobenen Hotels, Shops und Restaurants. Doch statt riesigen Betonklötzen wie in Cancun liegen hier wunderschöne kleine Bungalows versteckt zwischen Palmen. Zwischen den Luxushotels gibt es hier und da auch schmale Wege zu öffentlichen Stränden.
„Folge dem Traum“
An den ersten zwei Tagen ist das Wetter perfekt für den Strand, also verbringen wir die meiste Zeit hier. Wir finden einen kleinen öffentlichen Strand, wo man Liegestühle und Sonnenschirme benutzen kann, wenn man etwas von der Bar oder aus dem Restaurant bestellt. Das Wasser ist 26 Grad warm, so dass man vergisst, herauszukommen. Das Gefühl gleicht dem aus Cancun: obwohl viele Touristen am Strand sind, ist es so, als ob man alleine wäre. Weil man so viel Platz für sich hat. Ich erinnere mich an die überfüllten Strände in Europa, wo ein Liegestuhl neben dem anderen steht und wo man, falls man nicht einen Platz in der vorderen Reihe erwischt hat, das Meer kaum sieht. Der Strand von Tulum ist wirklich ein kleines Paradies.
An der Hauptstraße jedoch ist es alles andere. Ganze Reihen von Autos fahren vorbei, es ist voller Touristen, die keine Maske tragen. Eine überteuerte Boutique, wo ein einfaches Leinenkleid über 30000 Pesos kostet, reiht sich an die andere. Mitten auf der Straße hat sich eine riesengroße Warteschlange gebildet. Wollen die Leute vielleicht in einem angesagten Restaurant essen? Warten sie an einem Geldautomaten? Nein. Sie warten alle darauf, sich vor einem grünen Schild fotografieren zu lassen. Auf dem grünen Schild steht: „Follow that dream“ (deutsch: Folge dem Traum). Es ist laut Internet eins der meistfotografierten Orte in Tulum, ein sogenanntes „Instagram-Hotspot“. Doch nicht nur dieses Schild ist für Fotografien heiß begehrt, sondern auch andere wenigstens 20 Orte in Tulum. Wer sich nicht ablichtet, während er auf einer Schaukel am Strand mit einem veganen Smoothie in der Hand aufs Meer blickt, war nicht in Tulum. Wer nicht auf Instagram ein Foto postet, das ihn vor dem Eingang ins Ahau Tulum Beach-Luxushotel zeigt, auch nicht. Natürlich mit den Hashtags #blessed und #mytulum. Wer kein Selfie mit der krummen Palme auf dem Paradise-Strand hat, auch nicht. Tulum ist ein Ort, wo man den Einfluss der sozialen Netzwerke auf die Menschen am besten beobachten kann. Laut Internet wurden mehr als 6 Millionen Fotos unter dem Hashtag #tulum gepostet. Bei manchen Touristen erreicht dieser Trend jedoch eher das Gegenteil: man versucht, soviel man kann, Instagram-Spots zu vermeiden.
Mit dem Fahrrad durch den Regen
Die zwei Tage am Strand waren die letzten sonnigen Tage auf der Riviera Maya. Obwohl es normalerweise im Januar wenig wahrscheinlich ist, dass es regnet, zeigt die Wetter-App für die gesamte nächste Woche Gewitter an. Und sie hat Recht. Am nächsten Tag regnet es in Strömen. Ich muss den halben Tag alleine verbringen und überlege, was ich tun kann, außer im Hotel ein Buch zu lesen. Gegen Mittag ist der Himmel noch immer dunkel, doch der Regen hat aufgehört. Ich beschließe spontan, zur Grand Cenote zu fahren. Das ist der Klassiker unter Tulums Cenoten. Ich rechne damit, dass es an diesem Tag keinen Besucherandrang geben wird und beschließe, an der Rezeption ein Taxi zu bestellen. „Was kostet eine Fahrt bis zur Grand Cenote?“, frage ich. „400 Pesos“, kommt die Antwort. „Das ist doch viel zu viel für fünf Kilometer!“ „Die Cenote liegt außerhalb der Stadt, deshalb ist der Preis höher. Aber warum mieten sie nicht ein Fahhrad? Das ist doch viel günstiger!“. Ich miete also ein hellgrünes Fahhrad und mache mich auf den Weg. Man kann sich nicht verirren, hatte der Mann an der Rezeption gesagt. Man fährt auf der Landstraße nach Coba einfach geradeaus, bis man zur Cenote gelangt“. Die Landstraße nach Coba ist eine Art DN1, es verkehren lauter LKWs darauf. In Rumänien wäre ich nie im Leben auf der DN1 Fahrrad gefahren. Doch in Mexiko tue ich es. Ein wenig Adrenalin schadet nicht. Der Eintritt in die Grand Cenote kostet 10 Mal mehr als bei der Zaci-Cenote in Valladolid: 300 Pesos. Und es gibt auch kein Restaurant oder Cafe in der Nähe. Bevor man die Stiegen hinab zur Cenote steigt, muss man komplett duschen, selbst die Haare müssen nass sein. Das wird von zwei Aufpassern streng kontrolliert. Eine Stunde lang schwimme ich im kristallklaren, smaragdgrünen Wasser. Bis es anfängt, in Strömen zu regnen. Alle Leute flüchten unter das Dach, wo sich die Toiletten befinden. Nach fast einer Stunde Wartezeit gibt es noch immer kein Anzeichen, dass der Regen anhält. Ich entscheide plötzlich, dass ich trotz strömendem Regen nach Hause ins Hotel fahren will. Es wird die abenteuerlichste Fahrradfahrt meines Lebens: mit dem Handtuch auf dem Kopf fahre ich auf der nassen Landstraße, die LKWs und Autos fahren vorbei und bespritzen mich. Die Sichtbarkeit ist gering, alles scheint verschwommen. Doch ich erreiche nach einer Zeit das Hotel. Meine Kleidung ist so nass, als ob ich damit gebadet hätte. Aber ich bin um ein Erlebnis reicher geworden. An den Nachmittag, an dem ich alleine in strömendem Regen auf einer mexikanischen Landstraße Fahrrad gefahren bin, werde ich mich ein ganzes Leben lang erinnern.
Es kann Probleme an der Grenze geben
Knapp zwei Wochen nach der Rückkehr aus Mexiko arbeite ich an einem Vormittag im Wohnzimmer. Der Fernseher läuft, ist jedoch auf lautlos geschaltet. Plötzlich erscheint ein großer Titel mit schwarzen Buchstaben auf einem gelben Band: 80 Rumänen stecken am Flughafen von Cancun fest. Ich schalte sofort den Ton ein. In den ersten Februartagen wurden mehrere Touristengruppen, die mit verschiedenen Fluggesellschaften in Cancun ankamen, an der Grenze angehalten und ihre Einreise wurde verweigert. Insgesamt sind es über 200 Touristen, viele davon Kinder oder Rentner. Deren Reisepässe, Mobiltelefone und Bankkarten wurden ohne Begründung beschlagnahmt. Die Touristen wurden dann in mehrere Räume des Flughafens eingesperrt, ohne Wasser und Nahrung. Nach ein paar Tagen werden einige von ihnen wieder zurück nach Rumänien geschickt, andere wiederum dürfen den Flughafen verlassen, nachdem die rumänische Botschaft eingreift. Die meisten von ihnen mussten drei oder vier Nächte am Flughafen verbringen. Bis heute haben die mexikanischen Behörden den Grund nicht genannt, weshalb die Einreise rumänischer Touristen verweigert wurde. Die Presse hat spekuliert, dass es vielleicht wegen einer rumänischen Bande ist, die auf der Riviera Maya Geldautomaten sprengt und auch Menschenhandel verübt. Andere wiederum meinen, dass in der letzten Zeit zu viele Rumänen versucht haben, durch Mexiko illegal in die USA zu gelangen.
Es ist anscheinend nicht das erste Mal, dass Rumänen ohne einen Grund die Einreise verweigert wird, doch es waren bisher nur Einzelfälle, die nicht in die Presse gerieten.
Ich erinnere mich auch, dass man mich bei der Einreise sehr lange befragt hat. Unter anderen, was ich in Rumänien arbeite und warum ich drei China-Visa in meinem Pass habe. Ich erinnere mich vage, dass ich sehr erleichtert war, als ich gehen konnte. Aber aus lauter Freude, dass ich in Mexiko bin, habe ich es vergessen.
Eins ist jedoch klar: man muss alle Dokumente, die eventuell nötig sein könnten, bei sich haben- wie etwa Hotelreservierungen, den Beweis eines Rückflugs, eine Reiseversicherung und einen Kontoauszug. Man findet die Liste auf der Webseite des rumänischen Außenministeriums, mae.ro.
Sollte man in der nächsten Zeitspanne auf Mexiko-Reisen verzichten? Es gibt ein Risiko.
Man spart, man freut sich, nach einem schwierigen Jahr endlich ein wenig Strand und Sonne zu genießen und dann wird man einfach nach Hause geschickt. Viele werden es sich wohl zwei Mal überlegen, bevor sie eine Mexiko-Reise buchen. Doch die Riviera Maya lohnt sich auf jeden Fall. Vielleicht nicht in diesem Jahr, aber im nächsten.
Elise Wilk
Der traumhafte Strand von Tulum. Foto: die Verfasserin.
Die Kronstädter Wochenschrift "Karpatenrundschau" erscheint als Beilage in der "Allgemeinen Deutschen Zeitung für Rumänien".
Herausgeber: Demokratisches Forum der Deutschen im Kreis Kronstadt
Redaktion: 500.030 Braşov, Str. GH. Baiulescu 2,
Fernruf und Telefax: 0040 -(0)268/475 841,
E-Mail:kronstadt@adz.ro
Schriftleiter: Elise Wilk.
Redaktuere:Ralf Sudrigian, Hans Butmaloiu, Christine Chiriac (Redakteurin, 2009-2014), Dieter Drotleff (Redaktionsleiter 1989 - 2007)
Aktuell
Karpatenrundschau
01.11.24
Interview mit Edith Schlandt anlässlich ihres 80 jährigen Geburtstags
[mehr...]
25.10.24
Abschluss der Restaurierungsaktion im Rahmen der Vortragsreihe „Kulturerbe hautnah“ öffentlich vorgestellt
[mehr...]