Tiefgarage unter dem Park?
11.07.19
Ein umstrittenes Projekt des Bürgermeisteramtes
Unter einem Teil des Kronstädter Zentralparks „Nicolae Titulescu“ soll eine Tiefgarage entstehen. Der Park selber soll darunter wenig leiden denn Bäume werden versetzt und die Grünflächen wiederhergestellt. Es ist mehr als nur ein Vorschlag der vom Bürgermeisteramt kommt. Machbarkeitsstudien wurden bestellt, durchgeführt und bezahlt. Das Projekt, das bereits 2007 in einer ersten Phase ausgearbeitet wurde, stößt auf Widerstand in der Öffentlichkeit. Zu massiv ist dieser Eingriff ins Stadtbild und zu wichtig ist vielen Kronstädtern ihr Park um ihn so leichtfertig in Gefahr zu setzen. Deshalb war die Initiative zu einer öffentlichen Debatte über den Sinn und die Folgen dieses Vorhabens für viele Kronstädter sehr willkommen.
Unterirdische Passage als Alternative
Die Debatte die den Titel „Park oder Parkplatz?“ trug, wurde von der Kronstädter Filiale der „Union zur Rettung Rumäniens“ (USR) in einem Konferenzsaal des „Aro“-Hotels veranstaltet. Dazu wurden Architekten, USR-Abgeordnete, Experten und auch Vertreter des Bürgermeisteramtes eingeladen. Das Erfreuliche dabei: das Bürgermeisteramt stellte sich dieser Gesprächsrunde und wurde von Vizebürgermeister László Barabás, von Kronstadts Chefarchitektin Marilena Manolache sowie vom persönlichen Berater des Bürgermeisters George Scripcaru, der Unternehmer Bogdan Micu, vertreten. Es waren drei Stunden mit Kurzreferaten, mit Fragen und Antworten, mit Wortmeldungen aus denen klar hervorging, dass das Projekt, selbst wenn dessen Endvariante weiterhin unklar bleibt, gar nicht gut ankommt.
Die Vertreter des Bürgermeisteramtes wollten von Anfang an Zeichen einer Entwarnung setzen. Man gehe die Sachen an, als ob bereits im Park die Bagger an der Arbeit seien, behauptete Vizebürgermeister Barabás der gleich zu Beginn hinzufügte, er sei eigentlich ein Umweltschützer und gehöre also zum selben Lager der Parkverteidiger. Chefarchitektin Manolache, die, wie auch bei anderen Gelegenheiten (siehe Schulerau-Bebauungspläne) behauptete, dieses Amt eigentlich gar nicht gewünscht zu haben, versicherte, nie ihre Unterschrift auf eine Zerstörungs-Genehmigung zu setzen. Am besten sei ein Architekten-Wettbewerb zum Thema Tiefgarage, selbst wenn so eine Vorgangsweise leider vor wenigen Jahren klar gescheitert sei. Sie bezog sich dabei, auch wenn sie es nicht namentlich erwähnte, auf die Umgestaltung des Honterushofes der aus der Projektphase nicht weiterkommt. Der junge Bürgermeisterberater Bogdan Micu kam mit einer Überraschung: beim Bürgermeisteramt sei man auch für alternative Lösungen offen. Scripcaru selber hätte angedeutet, er sehe keine andere Option als die Tiefgarage unter dem Park. Da habe Micu mit dem Alternativ-Projekt einer unterirdischen Passage entlang des Rudolf-Ringes (b-dul Eroilor) vorgeschlagen. Der Ein-Bahn-Verkehr auf zwei Spuren verläuft unterirdisch; dort können seitlich rund 600 Parkplätze eingerichtet werden; der Park wird sogar breiter und die alte Promenade kommt besser zur Geltung. Oben sollen auf einer Spur nur Busse und Fahrräder verkehren.
Zufällig oder nicht: dieselbe Alternative gibt es auch bei manchen der Tiefgarage-Gegnern, z.B. bei Forums-Stadtrat Christian Macedonschi, der, wie auch der unabhängige Stadtrat Serban Sovaiala, der Debatte beiwohnte. Genannt wurden auch weitere Standorte für unterirdische Tiefgaragen: in der Nähe des Bürgermeisteramtes, hinter dem Dramentheater (gedacht für Beamte die per Pkw zum Dienst fahren, für Delegationen, für Einzeltouristen) unter dem Johannis-Platz (Rückfront des Aro-Hotels), bei der Postwiese, unter der Grünfläche vor der Kreispräfektur, unter dem Sportplatz des [aguna-Kollegs, unter der Tiriac-Arena beim ehemaligen Sportlyzeum (beide letzteren wären eine Alternative für mangelnde Parkplätze in der Oberen Vorstadt) sogar unter dem Schlossberg, obwohl da bekanntlich immer wieder Erdrutsch-Probleme auftauchen. In diesem Kontext soll nicht unerwähnt bleiben, dass im Lokalwahlkampf 2016 selbst eine Tiefgarage unter dem Alten Marktplatz vorgeschlagen wurde.
Eine grüne Oase für die Stadt
Mehr Parkplätze bringen bekanntlich mehr Verkehr in die Innere Stadt. Zuviel Verkehr ist das eine Extrem das die Stadt und ihre Bewohner einfach nicht verkraften können. Das andere Extrem wäre ausgedehnte Parkverbote mit der Folge, dass die Innere Stadt lahmgelegt werde und wie ausgestorben wirken würde. Das gab Nicusor Dan, ein guter Kenner Kronstadts (er stammt aus Fogarasch) zu bedenken. Der bekannte Bukarester Bürgeraktivist, einer der USR-Gründungsväter, erinnerte daran, dass im Städtebau Lösungen für alle Bürgerkategorien und Interessengruppen gesucht werden müssen, so dass, wie auch in der Politik, die Kunst zur Kompromissfindung gefragt sei. Große Parkplätze am Rande der Stadt, in Anbindung an einen modernen und gut laufenden Nahverkehr und an den öffentlichen Personentransport („Park & Ride“) würden die engen Straßen der Inneren Stadt entlasten. Das weiß man auch beim Bürgermeisteramt und arbeitet auch in dieser Richtung, versicherte Barabás mit der Bemerkung, dass es noch an Geld mangele, um in den RATBv-Endhaltestellen von Rulmentul, im Triaj-Viertel, im Astra-Viertel und beim Bahnhof als Transit-Knotenpunkt große Parkplätze, eventuell auch Tiefgaragen, zu bauen.
Seitens des Architektenordens (OAR) erinnerte der stellvertretende Vorsitzende der Kronstädter Filiale Adrian Ianchis daran, dass OAR sich aus politischen Disputen heraushalte. Seine persönliche Meinung sei aber, der Parkplatz und damit ein identitätsstiftender Teil der Stadt würde bei Umsetzung des Tiefgaragen-Projekts nicht wiedergutzumachende Schäden erleiden. Er sprach von einer „Amputation“ denn der Teufel liegt bekanntlich im Detail. Zugänge, Stiegen und Rampen zur Tiefgarage, Parkschein-Automaten, Lüftungsschächte, andere Nebengebäude werden beim neu eingerichteten Park über der Tiefgarage nicht zu übersehen sein.
Über die relativ junge Geschichte des Parks sprach der Kronstädter Architekt Gruia Hilohi. Der Park als solcher existiert erst seit Anfang der 1930-er Jahre. Vorher gab es da eine frei gehaltene Fläche - vor allem aus militärischen Überlegungen zur Verteidigung der Stadtmauern. Da wurden Pferde und Fuhrwerk abgestellt die am Marktplatz keinen Platz finden konnten. Später wurde Brennholz gelagert; ein Teil war Sport- und Übungsplatz, ein Halle für Vorstellungen und Feiern entstand da. Bemerkenswert bleibt, dass diese Fläche und der spätere Park trotz des großen Drucks, nicht bebaut wurde. Heute ist der Titulescu-Park eine grüne Insel, schattig an heißen Sommertagen, beliebt sowohl bei Kindern die da auch einen Spielplatz vorfinden, als auch bei Spaziergängern, Rentnern, Touristen. Selbst wenn nur ein Teil (jener gegenüber dem ehemaligen Offizierskasino) umgewandelt werde, so käme das einer Zerstückelung gleich und das gesamte Freizeit- und Erholungskonzept dieser die Innere Stadt abgrenzende Parkanlage hätte darunter zu leiden.
Ein Vorspiel für den Wahlkampf
Der ehemalige Kronstädter Senator, Rechtsanwalt Nicolae Vlad Popa, stellte sich zur Verfügung, auch rechtlichen Beistand zu leisten gegen alle die für ihre eigenen Interessen bereit sind, rücksichtslos gegen Kronstadt vorzugehen. Er nannte dabei die Lobbygruppe der Hoteleigentümer, die Großprojekte finanzieren und bereits seitens Kreisen aus der Stadtverwaltung die Zusicherung für die Lösung der dazu gehörenden Parkplatzmöglichkeiten erhalten hätten. Ein Verein „Freunde Kronstadts“, sagte er, wäre eine Möglichkeit, diese Machenschaften vorzubeugen.
Die USR-Bürgerrunde sei ein Erfolg, sagte der USR-Abgeordnete Tudor Benga. Er rief zu Zusammenhalt und Wachsamkeit auf. Es sei wohl die erste aber mit Sicherheit nicht die letzte Veranstaltung dieser Art gewesen. Die Kronstädter hätten das Recht, sich zu solch wichtigen Angelegenheiten wie Umweltschutz oder Zukunft der Stadt zu äußern. Die rund 150 Anwesenden im vollen Saal bekundeten ihre Zustimmung mit lautem Beifall. Aber nicht nur sie werden sich wohl in einem Jahr, bei den Lokalwahlen, daran erinnern, wer wichtige Bürgerinitiativen für die Zukunft der Stadt unterstützt und in ihrem Sinne zu handeln verspricht.
Ralf Sudrigian
Die Kronstädter Wochenschrift "Karpatenrundschau" erscheint als Beilage in der "Allgemeinen Deutschen Zeitung für Rumänien".
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