Vor 50 Jahren
30.01.20
Rumänische Filmlieblinge anno 1970
In den 16 Seiten der Karpatenrundschau vor einem halben Jahrhundert blieb auch genügend Raum übrig, um die Leser über das in- und ausländische Filmgeschehen auf dem Laufenden zu halten. Porträts von internationalen Stars, Interviews mit rumänischen Schauspielern und Regisseuren, Berichte von den Dreharbeiten, Filmchronik erscheinen immer wieder. Interessant ist eine Umfrage der KR unter Schülern und Erwachsenen zum Thema „Welches sind unsere Filmlieblinge?“ die in der KR 51 vom 19. Dezember erschien, weil da noch heute bekannte Namen vorkommen. Erinnert sei an dieser Stelle nur an kurze Charakterisierungen der damaligen rumänischen Filmstars: Irina Petrescu verkörpert den Typus „der modernen jungen Frau, selbstbewusst, klug, verinnerlicht.“ Über Ilarion Ciobanu meint der Fernsehtechniker Heinz Babiak: „Die scharfgeprägte Physiognomie dieses Schauspielers lassen ihn für die Rolle des ‚Wilden Mannes‘ - in gutem wie in bösem Sinne – geeignet erscheinen.“ Publikumsliebling Nummer 1 bleibt Florin Piersic („Ein jünglinghafter Charme ist sein größtes Attout.“) Genannt werden auch Victor Rebengiuc („Leider scheint er sich auf Uniformrollen verlegt zu haben.“), Iurie Darie (bildete mit Irina Petrescu das ideale Filmpaar jener Jahre), Virgil Ogasanu, damals ein neuer Name der laut Herbert Fabritius (XI. Klasse) einen Typus darstellt den es bis zu ihm auf der Leinwand kaum gab: „den scheuen aber beharrlichen Jugendlichen, an dessen Lauterkeit die ihn umgebenden Menschen trotz allen Widerstrebens ihre Fehler erkennen. Stefan Ciubotarasu gefällt durch seine „gutmütige Altväterlichkeit“, während Regisseur und Schauspieler Liviu Ciulei für Männlichkeit, Intelligenz und Sicherheit steht und weiß „dem Film die Tiefen abzugewinnen, die der Zuschauer heute erwartet“(so Ioan Domnisor, Maschinenbauingenieur). Alle Befragten wünschten sich, laut Grete Hermann, die die Umfrage erstellte, „Informationen über und nicht Skandale“ um ihre Stars.
Damals gab es aber „endloses Schlangestehen bei Maigret- und Angelique-Filmen – man kassiert der schönen Damen wegen Rippenstöße und Ellbogenpüffe ein“, schreibt E. Radler in einem Bericht, wo es um das Kronstädter Arta-Kino geht (KR 49/1969). Wie auch in Bukarest, Temeswar, Hermannstadt und weiteren größeren Städten sollten die „Arta“ benannten Kinos hauptsächlich Kunstfilme zeigen, was in der Regel auch geschah, selbst wenn die Kinosäle dann allerdings halbleer blieben. Und manchmal herrschten dabei stiefmütterliche Bedingungen: „entweder reißt der Film an einer spannenden Stelle oder man wird von Zwischenbemerkungen langmähniger Siebengescheiten (… ) ständig gestört.“
Die KR 50 bringt in der Vorweihnachtszeit, wobei das Wort „Weihnachten“ nicht fallen durfte, auf einer Zeitungsseite Antworten auf die Frage: „Schenken wir vernünftig?“ Der Beitrag von Sepp Eckenreiter endet mit einem Satz der als Schlussfolgerung auch heute stehen bleiben kann: „Wie auch sonst im Leben lässt sich Liebe, Takt und persönlicher Geschmack nicht durch Geld, Aufdringlichkeit oder falsch verstandene Großzügigkeit ersetzen.“ Ein weiteres Geschenk für die rumänien-deutschen Fernsehzuschauer war die Sendung in deutscher Sprache. Horst Schuller Anger schreibt dazu „Jeden Samstag von fünf bis sechs. Notizen vor der Flimmerkiste“ - eine Fernsehchronik, wie man sie sich auch heute wünschen würde. Es fehlt nicht an wohlmeinender Kritik, an Vor- und Ratschlägen. „Wie stehst Du, lieber Leser, zur deutschen Fernsehsendung? Schreibe uns Deine Meinung, sie wird auch die Fernsehredaktion interessieren. Auf Wieder-Sehen!“ Diese Aufforderung bleibt auch heute aktuell, 50 Jahre nach dem Debüt der Kollegen vom Fernsehen.
Das Jahr 1970 bringt den KR-Lesern überraschend eine neue Rubrik die eher der Freizeitgestaltung aber keineswegs politischer Propaganda zuzuordnen ist. Der Schriftsteller Franz Storch beginnt die Folge „Nichts ist so fein gesponnen...“ in der es um kriminalistische Spurensuche geht. Ausgehend von Sherlock Holmes erzählt Storch bekannte Kriminalfälle (die ersten stammen aus Frankreich) und schildert verschiedene Details der Arbeit der Detektiven und Kriminalisten. Fast wie ein Detektiv war auch Gernot Nussbächer an der Arbeit bis er in der KR 51/1969 berichten konnte, wie es ihm gelang, das zweitälteste Kronstädter rumänische Sprachdenkmal genau zu datieren. „Wann schrieb Popa Iane?“ heißt der Beitrag der zeigt, wie spannend die anscheinend so einsame und eintönige Arbeit eines Archivaren sein kann.
Ralf Sudrigian
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