Wo der Pfeffer wächst (IV)
10.02.22
Sansibar, die Insel der Gewürze und Traumstrände
Der Affenwald und die Insel von Bill Gates
Wer auf Sansibar Urlaub macht, sollte unbedingt dem Affenwald Jozani einen Besuch abstatten. Hier laufen einem ganze Affenfamilien wort-wörtlich über den Weg und man kann minutenlang zusehen, wie die Tiere in den hohen Palmen herumturnen, wie sie streiten und sich wieder versöhnen, wie sie sich den Menschen nähern und mit Kaffee-Pappbechern spielen. Mit ein wenig Glück verlässt man den Wald mit einem Affenselfie im Handy- dabei sollte man jedoch aufmerksam sein, die Tiere nicht anzufassen, es droht eine Geldstrafe von 300 Dollar. Besucher, die Symptome von Erkältung oder Grippe aufweisen, werden gebeten, den Wald nicht zu betreten. Die Affen, obwohl empfänglich für menschliche Krankheiten, besitzen eigentlich keinen Schutz dagegen. Der Jozani-Wald befindet sich mitten im Jozani-Chwaka Bay National Park, 38 km südlich von Stone Town. Nur hier gibt es Colobus-Affen, die durch ein rotes Dreieck zwischen Nase und Mund auffallen und von den Bewohnern einfach „Red Monkeys” genannt werden. Im Jozani-Wald leben sie geschützt. Die Touristengruppen, die den Wald besuchen, dürfen sich nur in Begleitung eines Guides fortbewegen. Doch nicht nur Affen trifft man auf, sondern auch Buschschweine, Antilopen, Elefantenspitzmäuse, Chamäleone und eine Vielfalt an Vögeln und Schmetterlingen. Außerdem steht auch der Besuch eines Mangrovensumpfes und eines Mangrovenwaldes auf dem Programm. Nach dem Besuch des Affenwaldes fahren wir zurück nach Nungwi, wo schon das nächste Abenteuer auf uns wartet: wir werden in einem kleinen Boot bis in die Nähe der Insel Mnemba fahren, um dort zu schnorcheln. Das Boot gehört einem Cousin unseres Gastgebers Machano, sein fünfzehnjähriger Sohn kommt auch mit. Leider können wir uns nicht sehr gut mit ihnen verständigen, da sie außer „Are you all right?“ und „Now you can swim“ kaum Englisch sprechen. Von einem Kiosk am Strand holen wir unsere Schnorchelmasken ab und probieren Flossen, bis wir passende finden. Ich frage, ob die Masken desinfiziert sind und bekomme keine Antwort. Dann geht es los. Auf die Frage, wie lange wir bis zur Insel brauchen, kommt auch keine Antwort, so dass wir die Fahrt genießen.
Viel Adrenalin und eine Bestechung der Küstenwache
Machano hatte uns empfohlen, am Nachmittag zum Schnorcheln aufzubrechen. „Am Vormittag ist es voll mit Booten, alle gehen dann schnorcheln und man sieht kaum Delphine“. Wir müssen ihm recht geben. Weit und breit ist kein Boot zu sehen. Aber nur wenige Meter von uns entfernt spielen Delphine in den Wellen. Wir springen ebenfalls ins türkisblaue und kristallklare Wasser und beobachten sie durch die Schnorchelmaske. Es ist ein unbeschreibliches Gefühl. Als wir später trotzdem zwei Touristenboote antreffen, bemerken wir, dass die Leute in den Booten orangefarbene Schwimmwesten tragen. Wir schauen unter die Bänke. Nicht die kleinste Spur von einer Rettungsweste. Obwohl es eigentlich Pflicht ist. Wir fragen, warum es in unserem Boot keine Rettungswesten gibt und bekommen keine Antwort. Der Kapitän und sein Sohn sind gerade dabei, Mangos und Ananas für uns aufzuschneiden. Die Messer reinigen sie im Meereswasser. Plötzlich erscheint ein Boot der Küstenwache neben uns. Der Cousin von Machano tut so, als ob er dem Mann im anderen Boot die Hand schütteln würde, doch während des Händedrucks passiert er dem anderen Mann mehrere 10.000 Schilling-Scheine. Wir haben gerade beobachtet, wie man auf Sansibar Schmiergeld zahlt. Vielleicht hat er das Geld gezahlt, weil wir keine Rettungswesten haben. Langsam nähern wir uns der Insel Mnemba und sind ein wenig enttäuscht, dass wir sie nicht besuchen können. Wir hatten vorher keine Recherche im Internet gemacht, sonst hätten wir gewusst, dass es sich um eine Privatinsel handelt, die höchstens zwanzig Gäste aufnehmen kann. Meistens handelt es sich um Promis wie Bill Gates oder Naomi Campbell. Das Gerücht ist entstanden, dass Bill Gates die Insel gekauft hat. Ganz nahe an der Küste der Insel befindet sich ein Schnorchelparadies: blaue und gelbe glitzernde Fische ziehen vor unseren Augen vorbei und man kann sich daran nicht satt sehen. Die Freude, die wir empfinden, während wir die Unterwasserwelt entdecken ist sehr groß, wird aber bald von Schrecken getrübt. Ganz plötzlich entstehen im Meer meterhohe Wellen, wir klettern zurück ins Boot und machen uns auf die Heimfahrt. Mehr als eine Stunde lang dauert sie, und dabei sind wir oft 100% sicher, dass das Boot in den Wellen untergehen wird und uns niemand retten wird. Umso größer ist die Erleichterung, als wir uns dem Festland nähern. Wir versprechen, dass wir nie mehr in ein Boot steigen, in dem es keine Rettungswesten gibt. Der Cousin von Machano und sein Sohn scheinen nicht viel von unserem Stress mitbekommen zu haben. Sie steigen gelassen aus dem Boot und tragen eine Schale, auf der alle Früchte sind, die wir nicht essen konnten. Etwa 20 oder 30 Kinder laufen am Strand auf sie zu und nehmen freudig Früchte aus der Schale. Die Sonne geht unter.
Blue Safari im Indischen Ozean
Den schönsten aller Ausflüge haben wir für den vorletzten Tag eingeplant: Safari Blue. Es handelt sich um einen Tagesausflug, der morgens in Fumba im Südwesten der Insel beginnt. Mit einem traditionellen Holzboot segelt man zu zwei verschiedenen Schnorchelplätzen. Auch hier gibt es reichlich gelb-blaue glitzernde Fische. Dann hält das Boot neben einer Sandbank mitten im Meer. Man hat eine Stunde Zeit spazieren zu gehen, Fotos zu machen und zu schwimmen. In einem Zelt haben die Guides Ananas, Mango und Kokosnuss für uns aufgeschnitten. Man sollte auf Sansibar so viel Früchte essen, wie es geht- weil man sie in Europa sicher nie antreffen wird. Am Nachmittag geht es dann nach Kvale Island. Bei Flut kann man hier die natürliche Lagune erkunden, die von einem Mangrovenwald umgeben ist. Das Schwimmen hier soll eine unvergessliche Erfahrung sein- leider blieb sie uns erspart, weil bei unserer Ankuft gerade Ebbe war. Stattdessen klettern wir in Baobab-Bäume. Der Besuch der Insel endet mit einem Festschmaus- Unmengen von gegrillten Fischen, Hummer und Meeresfrüchten warten an einem langen Tisch auf uns.
„Sie sind frei“
Auch der letzte Tag bringt reichlich Adrenalin. Diesmal nicht in einem Boot, das von Wellen fast verschlungen ist, sondern auf dem Weg zum Covid-Testzentrum in Pwani Mchangani. Bei der Rückreise nach Rumänien brauchten bis Anfang Februar auch geimpfte Personen einen negativen PCR-Test, um die Quarantäne zu vermeiden. Inzwischen wurde diese Regel abgeschafft. Der Stress ist groß- elf Tage lang hatten wir auf Sansibar keinen einzigen Menschen gesehen, der Maske trägt. Zwar sitzt man fast ausschließlich im Freien, aber andererseits sind die meisten Einwohner der Insel nicht geimpft und man kann sich leicht anstecken. Vor ein paar Tagen hatte ich in einer Facebook-Gruppe von neun Rumänen gelesen, die am Tag der Abreise positiv für Covid getestet wurden. Sie wurden verpflichtet, auf der Insel zu bleiben. Doch unter welchen Bedingungen? Und wer bringt ihnen zu Essen? Den Aufenthalt und den Rückflug nach der Genesung müssen sie dann aus der eigenen Tasche bezahlen. Was tut man, wenn man bei über 30 Grad zwei Wochen lang eingesperrt ist? Und was macht man, wenn man vielleicht hohes Fieber oder andere Symptome hat und es auf der Insel kein anständiges Krankenhaus gibt? Solche Fragen gehen wohl jedem Touristen durch den Kopf. Im Covid-Testzentrum geht es schnell, die Mitarbeiter sind professionell und man verspricht uns, dass wir die Resultate am nächsten Vormittag per Email bekommen. Schon um zwei Uhr in der Nacht trifft die Email ein. Im Anhang ist eine Art Diplom, mit dem Wappen des Landes und den Unterschriften des tanzanischen Gesundheitsministers. In Großbuchstaben steht darauf : NEGATIVE. Ich nehme mir vor, die Bescheinigung in Rumänien auszudrucken. Es ist ein schönes Souvenir und könnte in 20-30 Jahren ein Exponat in einem Covid-Museum werden. Bei der Ankunft auf dem Flughafen Otopeni zeige ich das Diplom einem Beamten. „Sie sind frei“, meint er und lässt mich gehen. Es sind seltsame Worte in einer seltsamen Zeit. Noch nie war das Reisen so abenteuerlich.
Elise Wilk
Kinder am Strand. Foto: die Verfasserin
Die Kronstädter Wochenschrift "Karpatenrundschau" erscheint als Beilage in der "Allgemeinen Deutschen Zeitung für Rumänien".
Herausgeber: Demokratisches Forum der Deutschen im Kreis Kronstadt
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Redaktuere:Ralf Sudrigian, Hans Butmaloiu, Christine Chiriac (Redakteurin, 2009-2014), Dieter Drotleff (Redaktionsleiter 1989 - 2007)
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