APOLLONIA-HIRSCHER-PREISVERLEIHUNG 2003

Der DFDKK-Vorsitzende Dr.-Ing. Dieter Simon überreichte Ada Teutsch den Apollonia-Hirscher-Preis für das Jahr 2003 Foto: Waldemar Stadler

Begeisterungsfähigkeit, Zähigkeit, Durchsetzungskraft

Laudatio auf Ada Teutsch, die Trägerin des Apollonia-Hirscher-Preises für das Jahr 2003/Von Dr.-Ing. Dieter Simon, Vorsitzendem des Demokratischen Forums der Deutschen im Kreis Kronstadt

Man sagt den Siebenbürgern im Ausland nach, es würde sie unentwegt zueinander ziehen, und im Inland fällt unserem Umfeld zusätzlich auf, dass die Siebenbürger konstant durch die Jahrhunderte Strukturen geschaffen haben, die das Zusammenleben regeln. Man denke nur an die Blüte und lange Dauer des Zunftwesens und die Nachbarschaften. Unsere eher impulsiven Mitbürger betrachten das staunend. Die Wissenschaft betrachtet solche Äußerungen zur Psychologie der Völker eher argwöhnisch; gar zu leicht wird daraus Überheblichkeit und Schlimmeres. Wir dürfen aber trotzdem feststellen, dass in unserer spezifischen Lage als Minderheit, neuerdings in der Diaspora, gemeinschaftliche Strukturen durchaus sinnvoll sind.
Auf diesem weiten Feld des Dienstes an der Gemeinschaft wollen wir heute Frau Ada Teutsch Dank und Anerkennung aussprechen.
Frau Ada Teutsch entstammt väterlicherseits der weit verzweigten Kronstädter Teutsch-Sippe, mütterlicherseits hat sie auch Banater Vorfahren. Sie hat ihre Kindheit in Karlsburg, Mühlbach, Hermannstadt und zuletzt in Kronstadt verbracht, wo sie die Sekretärinnen-Schule besuchte und wo sie auch das Unheil des Jahres 1945 ereilte - sie wurde, obwohl noch nicht 18 Jahre alt, nach Russland deportiert. Es folgten die Jahre der Zwangsarbeit, einer schweren Krankheit, der Entbehrungen, bis sie 1949 wieder nach Kronstadt zu ihren Eltern und in ihre Heimat kommen konnte, die mittlerweile über Enteignung, Deportation und Demütigungen für ihre deutschen Kinder zur Stiefheimat geworden war.
Es sollte sich aber schon in diesen Jahren zeigen, dass da ein Weg vorgegeben war, der wie ein roter Faden durch ihr Leben ziehen sollte. Inmitten wechselnder Arbeitsstellen, die nicht viel mehr als Broterwerb waren, wurde an der Volkshochschule Gesang studiert. 1954 wurde sie Mitglied des Paul-Richter-Chores, dann folgte 1959 die Anstellung im Kulturhaus - schon näher an Frau Ada Teutschs wahrer Bestimmung, und in den siebziger Jahren die Übernahme des deutschen Laientheaters, in dem sie fast zwanzig Jahre lang als Leiter, Dramaturg, Schauspieler und unermüdlicher Initiator in einer Person tätig war. Es folgten zahlreiche Einstudierungen, Ausfahrten in fast alle Städte Siebenbürgens - ihr Name ist unauslöschlich mit dem eines niveauvollen deutschen Theaters in Kronstadt verbunden. Sie hat damit Tausenden überwiegend Werke der Komödie nahegebracht und vielen Darbietenden (Schülern und Erwachsenen) die Möglichkeit geboten, ihre Begabung zu leben - ja einigen sogar, ihre wahre Berufung zu finden und Berufsschauspieler zu werden. Ihre Begeisterungsfähigkeit, Zähigkeit und Durchsetzungskraft haben ihr nicht nur Erfolge und Ansehen eingebracht. Eine Ehe sollte an der Unverständlichkeit des Partners scheitern, die Securitate interessierte sich für die Themen der Theaterstücke, bürokratische Schwierigkeiten mit der sozialistischen Kulturpolitik waren vorgegeben, etc. Nur wahre Berufung konnte immer wieder die Energie bereitstellen, Menschen und Institutionen zu bewegen, denn die Leistung von Ada Teutsch wurde nicht allein im stillen Zimmer erbracht, sondern täglich dem Leben abgezwungen. Frau Ada Teutsch war schon in Rente, und menschlicher Voraussicht nach sollte ihr Leben in ruhigere Bahnen kommen. Da stellte die Wende noch einmal die Weichen neu: Es ergab sich die Möglichkeit, den Verband der Russlanddeportierten aufzubauen, sie zu sammeln, zu organisieren und ihre Rechte wahrzunehmen. Zusammen mit Günther Schuller und nach dessen Tod allein hat sie auch diese Aufgabe auf sich genommen und jahrelang in der eigenen Wohnung das Büro des Verbandes geführt.
Alle Stationen dieses aktiven und etappenreichen Lebens aufzuzählen kann nicht Absicht dieser Laudatio sein. Es gilt, den roten Faden zu verfolgen, aufzuzeigen. Alle äußeren Widrigkeiten haben sie zur starken, ja manchmal eigenwilligen Persönlichkeit geformt. Trotzdem ist sie sich ihrer sozialen Bindungen bewusst, ja verpflichtet.
Solange es Menschen der Art von Frau Ada Teutsch gibt, müssen selbst kleine und kleinste Gemeinschaften sich keine Sorgen um ihr Eigenleben und ihre Eigenart machen inmitten von Auswanderung und unbeantworteten Fragen an die Zukunft. Diejenigen, die sich solcherart in den Dienst der Gemeinschaft stellen, nicht um ihrer Kraft und Rechtfertigung willen – ihnen werden diese aus inneren Quellen, wie es uns Frau Ada Teutsch vorgelebt hat, gegeben.

8. Februar 2004
(Karpatenrundschau, 21. Februar 2004)