Die letzten Überlebenden der Russlanddeportation
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Sie werden älter und ihre Namensliste wird kürzer. Die Karteikarten mit ihren Daten landen immer öfter in den Karton auf dem „Verstorbene" zu lesen ist. Die „Jüngsten" stehen kurz vor ihrem 80. Lebensjahr. Für die meisten Ortschaften aus dem Burzenland, dem Fogarascher Land oder aus dem Repser Ländchen vermerkt die Evidenz, die Ada Teutsch führt, einstellige Zahlen. Bald wird da die Zahl durch einen Strich ersetzt werden. Ein Strich gleichbedeutend mit Null, mit Nichts. Oder mit einem Punkt denn die letzten der Russlanddeportierten aus dem Jahre 1945 werden dann nicht mehr unter uns sein. Da bekommt das Wort „ehemalige" eine neue, noch traurigere Bedeutung. Es bleiben nur die Erinnerungen an sie, es bleiben ihre Namen in den Listen des „Vereins der ehemaligen Russlanddeportierten" und auf den Grabsteinen, vielleicht auch auf Gedenktafeln in Kirchen oder Kirchhöfen.
2005 gab es noch 187 ehemalige Russlanddeportierte im Kreis Kronstadt. Außer dem Kreisvorort mit 69 Mitgliedern sind Rosenau/Râsnov (19), Zeiden/Codlea (16) und Petersberg/Sânpetru (12) Ortschaften in denen noch über zehn Personen wohnen, die die Russlanddeportation überlebt haben und die nach 1989 nicht mehr nach Deutschland auswandern wollten oder konnten. Vor sechzehn Jahren, am 4. April 1990, als im Festsaal des Honterus-Lyzeums die Gründungssitzung des Vereins stattfand, waren über 300 ehemalige Russlanddeportierte dem Aufruf von Dipl.-Architekt Günther Schuller gefolgt. In den folgenden Tagen zählte der Verein bereits 705 Mitglieder. Man wollte sich treffen, kennenlernen, aussprechen, der in Russland Verstorbenen gedenken und sich gemeinsam für eine Wiedergutmachung des erlittenen Leides einsetzen. Unter dem kommunistischen Regime konnte nicht offen über die Russlanddeportation gesprochen werden. Heute gibt es Studien, Erlebnisberichte, Dokumentationen zu diesem Thema. Vielleicht noch wichtiger für die Betroffenen: aufgrund einer parlamentarischen Initiative des Demokratischen Forums der Deutschen in Rumänien wurde eine Gleichsetzung der ehemaligen Deportierten mit den ehemaligen politischen Häftlingen erzielt, so dass sie das Recht auf eine monatliche staatliche Rente wahrnehmen können.
Heute ist es ruhiger um die Russlanddeportierten geworden. Im Winter fallen Die monatlichen Treffen der Mitglieder aus, weil zu wenige die Strapazen eines Weges zum Vereinssitz auf sich nehmen können. Vereinsvorsitzende Ada Teutsch verwaltet die Bibliothek, empfängt während den Amtsstunden jene Mitglieder die vorbei schauen, Neuigkeiten austauschen oder Rat suchen. Kleine Geldsummen können dank einmaligen oder jährlichen Spenden aus dem Ausland verteilt werden. Gesund bleiben ist der größte Wunsch. „Wenn die Sonne scheint", also im Frühjahr, wird es besser sein, einfach weil es wärmer ist. Dann ist auch ein Gang zum Friedhof fällig um sich mit einem Kranz im Namen des Vereins von jenen zu verabschieden, die noch 62 Jahre nach jenem schicksalhaften Januar des Kriegsjahres 1945 in ihrer Heimat verbringen konnten.
Ralf Sudrigian (2007)
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