Auch neue grundlegende Auslegungen
30.12.10
„Eine kleine Stadtgeschichte“ über Kronstadt in Siebenbürgen von Dr. Harald Roth, ein wichtiges Werk von allgemeinem Interesse
Nach der kleinen Geschichte Siebenbürgens, anschließend der kleinen Geschichte von Hermannstadt, verfasste Dr. Harald Roth auch eine kleine Geschichte von Kronstadt - alle sind in dem renommierten Böhlau Verlag erschienen. Zwar tragen diese Arbeiten den Vermerk „Kleine Geschichte“, sind jedoch weder vom Inhalt noch vom Umfang her kleine, sondern sehr wichtige Arbeiten mit bleibendem Wert auch für die Zukunft. Im Jahre 2010, als Kronstadt bekanntlich seinen 775. Geburtstag, das Jubiläum seiner ersten urkundlichen Erwähnung feierte, und ein Jahr vor der 800-jährigen Feier seit der Berufung des Deutschen Ordens ins Burzenland, die in Kronstadt am 17. September 2011, anlässlich des hier veranstalteten Sachsentreffens begangen wird, erschien diese wissenschaftlich fundierte Arbeit, die zum Teil auch mit neuen grundlegenden Auslegungen zur Stadtgeschichte und des Burzenlandes aufwartet.
Für den mit der Geschichte Siebenbürgens weniger eingeweihten Leser wird schon auf der inneren Umschlagseite vermerkt. „Kronstadt – rumänisch Brasov, ungarisch Brasso – liegt im Burzenland unmittelbar am Fuße der Karpaten und im Zentrum des jungen EU-Staates Rumänien. Die Geschichte der Region setzt mit der Berufung des Deutschen Ordens durch den ungarischen König Andreas II. Im Jahre 1211 ein. Die Kreuzritter sollten das Land gegen die heidnischen Kumanen verteidigen und diese missionieren. Die Erschließung des Landes durch deutsche Siedler hinterließ Spuren, die noch acht Jahrhunderte später nachwirken. Als Hauptort dieses stets von einer gewissen Selbstständigkeit geprägten Landstrichs wurde Kronstadt zur größten Stadt Siebenbürgens“. Jahrhunderte lang war dieses neben Hermannstadt ein geistiges, religiöses, kulturelles und wirtschaftliches Zentrum der Siebenbürger Sachsen und ist heute eine der Wirtschaftsmetropolen des Landes. Dr. Harald Roth, Fachreferent für Kulturgeschichte im Länderreferat Südosteuropa im Deutschen Kulturforum Potsdam, setzt durch diesen Band einen weiteren wichtigen Baustein zur Geschichte Siebenbürgens und des Burzenlandes, speziell zu Kronstadt.
Strukturiert ist der Band in sechs Kapitel: „Corona entsteht (bis 1241)“, „Auf dem Weg zur Autonomie (1241 – 1377)“, „Das reiche Handelsemporium (1377 – 1530)“, „Eine verlässliche Stütze der Sächsischen Nation (1530 - 1688)“, „Habsburgs langer Arm: Zerstörung und Peripherie (1688 – 1918)“, „Im geographischen Zentrum: Kronstadt in Rumänien (seit 1918)“. Allein daraus ist zu entnehmen, dass der Autor alle Perioden aus der Geschichte der Stadt, einschließlich der ersten urkundlichen Erwähnung, analysiert. Zwar betont Dr. Harald Roth in der „Vorbemerkung“ zum Band voller Bescheidenheit, dieses sei eine kleine Stadtgeschichte und kann daher nur der Versuch einer Synthese sein von dem was verdienstvolle Autoren bisher erarbeitet haben. Sein Verdienst aber ist es, aus deren Schriften und durch die eigenen Deutungen eine Geschichte der Stadt erarbeitet zu haben, die voraussichtlich die Jahre überdauern wird bis eventuelle neue Erkenntnisse diese Schlussfolgerungen mit anderen Argumenten ins Wanken bringen. Außer den frühneuzeitlichen Chronisten hat er Werke von Thomas Tartler, George Michael Gottlieb von Herrmann, Joseph Trausch, Friedrich Philippi (sen.), Julius Gross, Erich Jekelius, Gustav Treiber, Franz von Killyen, Alfred Prox, Maja Philippi, Hellmut Klima, Paul Binder und Gernot Nussbächer für diese Synthese eingesehen. In seinen Recherchen hat er auch einen ständigen Meinungsaustausch mit Thomas Sindilariu, dem Leiter des Archivs der Honterusgemeinde geführt.
Eine der wichtigsten Schlussfolgerungen des Autoren ist die, dass Corona als Siedlung schon vor der Berufung des Deutschen Ordens ins Burzenland bestand, sodass das Alter der Stadt die heuer gefeierten 775 Jahre überschreiten könnte. Wie alt diese sein könnte ist schwer zu schätzen, doch muss man die archäologischen Ausgrabungen und die dabei gemachten Funde besonders bei Marienburg, Tartlau, der Schwarzburg bei Zeiden in Betracht nehmen. So betont er, dass einige Chroniken das Jahr 1203 als Gründungsdatum der Stadt kennen, fast ein Jahrzehnt vor der Ankunft des Deutschen Ordens. Somit stellt sich die Frage, ob Kronstadt dann doch nicht älter ist und das 800. Stadtjubiläum sogar verpasst wurde?
Im nächsten Kapitel geht der Autor auf eine der größten Katastrophen des Mittelalters in Ostmitteleuropa ein, wie er den Einfall der Mongolen 1241/1242 bezeichnet. Doch Corona kam aus all diesen Widrigkeiten immer wieder erhobenen Hauptes hervor, wie auch nach dem großen Brand von 1689, wobei er einleitend zu dem Kapitel Aufklärung über den im Mai 1688 stattgefundenen Aufstand der Kronstädter bietet. Und schließlich geht Dr. Harald Roth im letzten Kapitel auf die besondere wirtschaftliche und kulturelle Entwicklung der Stadt nach der Revolution von 1848 ein, eine Entwicklung die nach 1918 dann sogar rasant aufstieg. Harald Roth geht mit seinen Aktualisierungen bis zu den letzten Ereignissen die heuer in der Stadt organisiert wurden und schließt voller Optimismus: „Zu Beginn des neunten Jahrhunderts der Stadtgeschichte sind sich die heutigen Kronstädter des reichen Fundus, aus dem sie zu schöpfen vermögen, in erfreulicher Weise bewusst. Möge auch das Wissen um die städtischen bürgerlichen Freiheiten als einem über die Jahrhunderte hin angesammelten Erfahrungsschatz Kronstadts dazugehören“.
Aufklärend zu dem Band sind die im Anhang verzeichneten Anmerkungen, die gebotene Auswahlbibliographie, die Angaben über Straßennamen, Personen und Orte sowie die im Band enthaltenen Illustrationen. Der im Böhlau Verlag Köln Weimar Wien 2010 erschienene Band zur Geschichte von Kronstadt kann als besonderes Ereignis für die Geschichtsschreibung Siebenbürgens gewertet werden. Die eingeplante Begegnung mit Dr. Harald Roth in Kronstadt, voraussichtlich am 25. März 2011 im Festsaal des Kronstädter Forums, wie uns DFDKK-Vorsitzender Wolfgang Wittstock bekannt gab, wird außer der Buchvorstellung sicher auch zu einem intensiven Gespräch mit dem Autoren führen.
Dieter Drotleff
Zu: Harald Roth, „Kronstadt in Siebenbürgen. Eine kleine Stadtgeschichte“. Böhlau Verlag Köln Weimar Wien 2010, 245 Seiten, 32 Bildtafeln und zwei Stadtpläne. In der Kronstädter aldus-Buchhandlung für 98 Lei zu kaufen.
Die Kronstädter Wochenschrift "Karpatenrundschau" erscheint als Beilage in der "Allgemeinen Deutschen Zeitung für Rumänien".
Herausgeber: Demokratisches Forum der Deutschen im Kreis Kronstadt
Redaktion: 500.030 Braşov, Str. GH. Baiulescu 2,
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