Bestes Ergebnis gemeinsam durchgeführten Projektes
07.01.10
„Geschichte des deutschen Schulwesens von Oberwischau“ als Neuland von Anton-Joseph Ilk und Johann Traxler erforscht
Die Geschichte der deutschen Bevölkerung aus Rumänien wird in letzter Zeit immer wieder durch neue, wichtige und bleibende zielorientierte Abhandlungen ergänzt. Kürzlich erschien im Verlag Haus der Heimat, Nürnberg, die „Geschichte des deutschen Schulwesens von Oberwischau“ erforscht und verfasst von Anton-Joseph Ilk und Johann Traxler. Der rund 400 Seiten starke Band ist Teil der Serie der Veröffentlichungen zu den Zipsern im Wassertal. Oberwischau, gelegen im Norden des Landes, ist ein Landstrich in dem auch eine ansehnliche Anzahl deutschsprachiger Siedler, die besonderes aus Österreich hergekommen waren, einen wichtigen Beitrag zu wirtschaftlichen, kulturellen und geistlichen Entwicklung des Gebietes erbrachten. In den bisher im Land veröffentlichten Geschichtsbüchern wurde über diese meistens nur beiläufig berichtet und weniger einer genauen Forschung unterzogen. Dieses versuchen nun die beiden Autoren im Schulbereich nachzuholen. Voraussichtlich werden sie nicht dabei bleiben, da beide sehr aktiv in ihren Tätigkeitssphären sind. Auch stammen sie beide aus dem Gebiet und aus der gleichen Ortschaft, Oberwischau, so dass sie nicht nur durch ihre Archivforschungen, sondern auch durch die direkten Kontakte mit Personen dieser Bevölkerungsgruppe, eine objektive Arbeit erstellen konnten.
Mg. Anton-Joseph Ilk (58), Theologe von der Ausbildung her der kürzlich an der Universität Wien zum Doktor der Philosophie - Disziplin Europäische Ethnologie – promovierte und als römisch-katholischer Priester in Alkoven bei Linz wirkt, und als solcher auch in Oberwischau bis zu seiner Aussiedlung tätig war, ist mit seiner Heimat und seinem Geburtsort, den diesbezüglichen Geschichtsforschungen eng verbunden geblieben. Johann Traxler (55) hat nach seiner Lehrerausbildung in Hermannstadt bis 1990 in Viktoriastadt im Kronstädter Kreis als solcher, als Musikpädagoge gewirkt, war durch seine Auftritte in der deutschen Fernsehsendung, durch die über ihn geschriebenen Berichte sehr bekannt. Heute arbeitet er in einer Gemeindeverwaltung in Baden Württemberg, was ihn aber nicht hindert sich der Erforschung des Volksbrauches und Musiktraditionen, des geschichtlichen Nachlasses seines Geburtsortes zu widmen.
In ihrer Vorbemerkung zu dem Band der unter besten drucktechnischen Voraussetzungen bei Plöchl Druck GmbH, (4240 Freistadt, Österreich) erschienen ist, bieten die beiden Autoren einen Einblick über die Dokumente die sie in der Erforschung des Themas eingesehen haben, über Kontaktpersonen und -institutionen die ihnen behilflich waren, wobei sie auch viel Neuland betreten haben. Sicher werden sie mit dieser ausführlichen Dokumentation nicht nur das Interesse ihrer Landsleute, sondern auch Freude bei diesen erregen. Aufschlussreich sind die geschichtlichen Daten über das Komitat Maramuresch und die Stadt Oberwischau die dann als Grundkenntnisse für die gesamte schulische Entwicklung aufschlussreich sind. Ausgehend von der Gründung des Waldamtes in Oberwischau (1778), hat im Jahr darauf eine von Maria Theresia entsandte Kommission Satzungen für die innere Ordnung dieser Kolonie ausgearbeitet, wobei deren dritter Artikel auch die Probleme was Schule und Erziehung betraf und diese regelte. Allein schon die Wiedergabe der in Handschrift verfassten Satzung ist eine bibliophile Rarität. Es folgen ansprechende Daten über den Bau der Schulgebäude in Oberwischau, den amtierenden Pfarrern und Lehrern bis zum Ende der Donaumonarchie (1918). Die beiden Autoren gehen auch auf heiklen Themen ein, wie Magyarisierungstendenzen, Schwierigkeiten bei der Verwendung der deutschen Sprache wobei es diese besonderes in den Gottesdiensten durch einige Pfarrer gab . Auch einschließlich einer der Autoren, Anton-Joseph Ilk, als er noch hier als Priester wirkte, geriet deshalb mit seinen Vorgesetzten in Konfliktsituationen. Auch waren die deutschen Angehögerigen im Gebiet, öfters als ihre Sprachgenossen aus Siebenbürgen, die Zielscheibe von nicht nur mündlichen Angriffen, besonderes in den Jahren nach der Rückkehr von der Flucht. Ausführlich gehen die beiden Autoren, die bestens auch schon durch ihre Ausbildung her – der eine römisch-katholische Priester, der andere Lehrer – auf die schulische Entwicklung in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg, auf die diesbezügliche Schulreform ein. Später waren sie direkt in diese Bereiche impliziert, mussten sich mit vielen auch unliebsamen Situationen konfrontieren. Auch dadurch ist dieser Band besonderes wertvoll, da die Autoren mit Mut derartige Situationen schildern, anderseits nicht übertreiben, sondern einen realistischen Standpunkt vertreten und auch das Positive hervorheben, wenn es darum ging. Es werden auch die außerschulischen Tätigkeiten, besonderes kulturelle Veranstaltungen, Organisierung der Freizeit von Schülern und Lehrern hervorgehoben.
Was auch besonderes hervorzuheben ist, ist der reiche Anhang bestehend aus Listen mit den Schülern einzelner Klassen, Lehrer die an der 1949 gegründeten deutschen Schule wirkten. Hinzu kommt ein vielseitiger Anhang an Karten und Pläne sowie der Bildteil. Allgemein ist der Band sehr gut illustriert, was dazu führt, dass in Text oder Bild sich jeder ehemalige Schüler, Lehrer, einige der Priester, Pfarrer, zahlreiche Ansprechpersonen wiederfinden. So eignet sich der Band nicht nur als Dokumentation für Forscher im Bereich des Schulwesens, sondern auch für jeden Leser oder Ortsbewohner, die sich sicher freuen, mit der Geschichte der Schule vertraut gemacht zu werden, ein Stück alte Heimat oder gar sich selbst darin wieder zu finden.
Beide Autoren besuchten wiederholt die ehemalige Heimat um sich zu dokumentieren, zu fotografieren, wobei sie selbst oft von den eigenen Erinnerungen überwältigt wurden. „Vertraute Stimmen und der Klang der Morgenglocken, /ich sah die alte Brücke, mein Haus nicht weit;/ wie immer, rief mir Mutter zu: 'Es war höchste Zeit!'/ und stumm begrüßte Vater mich in seinen wollnen Socken“, schrieb Johann Traxler in seinem Gedicht „Heimat“ im Jahre 2005 nach einem seiner Besuche. Das Ergebnis des gemeinsamen durchgeführten Projektes ist bestens ausgefallen worüber sich sicher alle Oberwischauer, aber nicht nur diese, freuen können.
Dieter Drotleff
PS: Die „Geschichte des deutschen Schulwesens von Oberwischau“ von Anton-Joseph Ilk und Johann Traxler, Verlag Haus der Heimat, Nürnberg, 2009, 400 Seiten, kann bestellt werden bei : Zoltan Varvedö, Str. Iuliu Maniu 18, 430131 BAIA MARE, Telefon: 0262-275342. Preis: 27,90 Euro (bzw. Gegenwert in Lei).
Die Kronstädter Wochenschrift "Karpatenrundschau" erscheint als Beilage in der "Allgemeinen Deutschen Zeitung für Rumänien".
Herausgeber: Demokratisches Forum der Deutschen im Kreis Kronstadt
Redaktion: 500.030 Braşov, Str. GH. Baiulescu 2,
Fernruf und Telefax: 0040 -(0)268/475 841,
E-Mail:kronstadt@adz.ro
Schriftleiter: Elise Wilk.
Redaktuere:Ralf Sudrigian, Hans Butmaloiu, Christine Chiriac (Redakteurin, 2009-2014), Dieter Drotleff (Redaktionsleiter 1989 - 2007)
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