Der Wandel des Ceausescu-Bildes
08.07.10
Ein komplexes deutsch-rumänisches Forschungsprojekt (I)
Eine international besetzte Jury aus Pädagogen und Historikern beschloss am 2. März 2009 in Berlin in den Räumlichkeiten der Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“ über die eingereichten Projektvorschläge zum Ausschreibungsthema „1939 – 2009: Freund und Feind in den Medien“.
Aus 125 Bewerbungen aus Europa und Israel wurden 54 Projekte ausgewählt. Darunter auch das gemeinsame Projekt der Europaschule „Freiherr-vom-Stein-Gymnasium“ aus Leverkusen und des „Stephan-Ludwig-Roth-Lyzeums“ aus Mediasch/Medias, Rumänien, „Vom Liebling des Westens zum Monster von Bukarest. Jugendliche aus Rumänien und Deutschland untersuchen den Wandel des Ceausescu-Bildes im Spiegelbild der Medien und in der Erinnerung der Zeitzeugen.“
Beide Schulen erhielten für dieses einjährige Projekt erst mal 11.000 €. Außerdem gab es für die Projektleiter und Schülervertreter beider Schulen ein mehrtägiges kostenfreies internationales Vorbereitungsseminar in Berlin für inhaltliche und methodische Unterstützung der Projektarbeit sowie für die Verwaltung der Fördermittel. Diese wurden noch aufgestockt um weitere 5.000 € für die Drucklegung und Präsentation der Projektergebnisse. Außerdem wurden noch die gegenseitigen zweiwöchigen Besuche der Teilnehmer in ihre Partnerstädte nach Deutschland und nach Rumänien finanziert. Die Leverkusener reisten für 15 Tage vom 3.10.-18.10.2009 nach Mediasch, Hermannstadt/Sibiu und Kronstadt/Brasov, um an den dortigen Archiven historisch zu forschen und die Mediascher kamen Anfang März 2010 für 15 Tage nach Leverkusen.
Die Schülerinnen und Schüler des Leistungskurses Geschichte von Oberstudienrat Hans Gerhard Pauer am Freiherr-vom-Stein-Gymnasium konnten ihre Arbeitsergebnisse als wissenschaftliche Facharbeit im Abitur einbringen, verbunden mit einer mündlichen Prüfung zum Thema des Projektes, was die Motivation während der Projektphase zusätzlich steigerte.
Aufgrund der Archivarbeit – vor allem auch vor Ort in Rumänien, wo die deutschsprachige Tagespresse unmittelbar in der üblichen Sprachregelung berichten musste – entstand eine anschauliche Dokumentation über das Pressewesen in einer Diktatur. Dazu kam noch die Befragung von Zeitzeugen und Filmmaterial aus Tagesschauen und anderen aktuellen Anlässen. Sogar im Geheimarchiv Ceausescus wurde man fündig.
Kombiniert mit Mitschnitten der Brennpunkte von ARD und ZDF bis Januar 1990 sowie aus Material des ORF (österreichisches Fernsehen) entstand auch ein abendfüllender Dokumentarfilm über Ceausescus Weg vom Hoffnungsträger seiner liberalen Phase von 1965 – 1971, bis zu den Julithesen 1971, seiner Kulturrevolution, zum immer dogmatischeren und neurotischeren und schließlich realitätsfernen Diktator. Er ließ die Bevölkerung unter seinem Größenwahn kaum vorstellbar leiden bis hin zu ganz elementaren Schmerzen wie Hunger, Kälte, Mangel an ärztlicher Versorgung und Medikamenten.
Beide Produkte dieser Zusammenarbeit wurden am Abend des 31. Mai 2010 im Freiherr-vom-Stein-Gymnasium als Buch und Film feierlich vorgestellt und erfreulicherweise sehr gut besucht, obwohl der abendfüllende Dokumentarfilm wegen der grausamen Erschießungsszenen des Diktatorenehepaares Ceausescu Jugendlichen unter 16 Jahren strikt verboten war.
Federführend für dieses Projekt war für die bundesdeutsche Seite Studiendirektor Dr. Hans Gerhard Pauer, der Verantwortliche für den Leistungskurs Geschichte mit diesem Schwerpunkt in der Jahrgangsstufe 12.
Von rumänischer Seite aus dem Stephan-Ludwig-Roth-Lyzeum übernahm die Verantwortung der Professor für Geschichte und Autor und Herausgeber historischer Publikationen, Helmut Julius Knall.
Schon das Kennenlernen und die Verbreitung der Geschichten ihrer Schulen im historischen Kontext haben Schüler und Lehrer beider Schulen, die an diesem Projekt teilnahmen, bereichert und auch menschlich aneinander nähergebracht.
Dabei hat die Herzlichkeit der Gastgeber aus Transsilvanien nicht nur die Ängste vor den nicht gerade luxuriösen Bedingungen in Rumänien verfliegen lassen, sondern auch das berüchtigte Transsilvanien als einen Ort, nicht nur von Dracula, sondern auch von einem freundlichen Abenteuerurlaub werden lassen, mit „sinnvoller Freizeitgestaltung“, gewissermaßen Studien.
Ein großes Verdienst dieses Projektes ist auch, dass hier an die Traditionen dieses übernationalen europäischen, Ost- wie Westeuropa, Einsatzes für Freiheit und Gleichberechtigung aller Völker am Beispiel von Stephan-Ludwig Roth erinnert wurde.
(Fortsetzung folgt)
Die Kronstädter Wochenschrift "Karpatenrundschau" erscheint als Beilage in der "Allgemeinen Deutschen Zeitung für Rumänien".
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