Deutsche Armeeangehörige im Ersten Weltkrieg
26.03.09
Wie deutsche Armeeangehörige im Ersten Weltkrieg Rumänien erlebten (III)
Vor 93 Jahren trat Rumänien in den Krieg gegen die Mittelmächte ein / Von Dr. Michael Kroner
In Sinaia unternahm Mackensen Wanderungen, Kletterpartien und Ausflüge, so etwa nach Kronstadt. Wie ein Fürst empfing er hohe Gäste: Generäle und Kriegsminister, türkische Paschas und österreichische Erzherzöge. Für den Herzog von Braunschweig und den Großherzog aus Mecklenburg arrangierte er sogar eine Bärenjagd. Ein Privileg genoss auch seine Familie dadurch, dass sich alle ihre Mitglieder seiner Gastfreundschaft in Rumänien erfreuen durften. In der Einladung an seinen dritten Sohn hieß es: „Manfred soll sich sattessen und in der herrlichen Luft seine Kraft auffrischen". Seine Frau und Tochter verbrachten mit dem Dienstmädchen drei Monate in Sinaia.
Nicht in Sinaia sondern in Bukarest empfing Mackensen im September 1917 Kaiser Wilhelm II., der diesen Besuch sichtlich genoss und sich feiern ließ. Anschließend reiste er nach Bulgarien.
Mackensen gefiel sich in der Rolle des Landesvaters, er wollte „sehr gern dieses reich gesegnete, aber irregeleitete Land wieder in geordnete und zukunftsvolle Verhältnisse zurückführen" und dann seine „öffentliche Tätigkeit" abschließen. Altpreußische Korrektheit und Rechtsgebundenheit milderten seinen Besatzungstil. „Gerecht und bestimmt" wünschte er die Bevölkerung zu behandeln, die Beamten durch eine unbestechliche Verwaltung ersetzt und die Bauern für ihre Erzeugnisse anständig bezahlt zu wissen. So normalisierte sich das Alltagsleben relativ rasch. Nach Abschluss des Friedensvertrages von Bukarest, durch den sich Deutschland die Rohstoffquellen und Ernteerzeugnisse Rumäniens sichern wollte, gab Mackensen zu: „Ich möchte in den nächsten Jahrzehnten nicht rumänischer Finanzminister sein, aber auch nicht rumänischer Steuerzahler."
Dem Preußengeneral missfiel zum Teil das öffentliche Leben im „Paris des Ostens", wie Bukarest schmeichelnd bezeichnet wurde. Es biete zu viel „Zerstreuung und Unterhaltung". Missbilligend beschrieb er seiner Gattin die Neigung der „Bukarester Damen selbst auf der Straße tief ausgeschnitten, Ärmel und Strümpfe möglichst durchsichtig und auch sonst möglichst wenig angezogen zu erscheinen". Die rumänischen Frauen seien lasterhaft mitsamt der Königin Maria.
Wie deutsche Intellektuelle den Kriegseinsatz in Rumänien erlebten
Unter den Angehörigen der Militärverwaltung und der Etappe befanden sich Wissenschaftler, Architekten, Dichter, Künstler und andere Intellektuelle, von denen sich viele nicht damit begnügten, zu essen, zu trinken und die Zeit totzuschlagen. So ergriff der Archäologe und Althistoriker Carl Schuchardt die Gelegenheit, seine bereits in den 80er Jahren des vorigen Jahrhunderts begonnenen Grabungen fortzuführen. Er berichtet: „Man hatte mir für die Walachei eine größere Zahl von Burgen mit verbrannten Lehmwällen genannt, die alle, wahrscheinlich wie die Anlage bei Cernavoda, die ich 1917 ausgraben konnte, steinzeitlich sein würden. Die nächst erreichbare davon sollte bei Cotzofeni, wenig nördlich von Craiova liegen. Die Erkundungsfahrt dorthin unternahm der Etappenkommandant Graf Schulenburg, der Wirtschaftsoffizier von Blücher und ich. In der bezeichneten Gegend angekommen, verteilten wir uns auf verschiedene Berge, um die Burg zu suchen. Blücher und ich kamen unverrichteter Sache zurück. Graf Schulenburg aber erschien mit köstlichen, großen Lehmklötzen bepackt, die er auf seinem Berg aus dem Walle herausgeklaubt hatte. Ich ging hinauf, erkannte eine wohlerhaltene Zungenburg mit drei Querwällen und machte sofort eine Planskizze. Auf dieser Burg habe ich mit meinem Kameraden, Professor Otto Rubensohn, gegraben. Wir wohnten dabei in dem nahen Gute Ionescu von Süd-Cotzofeni, das damals ein deutscher Unteroffizier, Meyer, Hofbesitzer von Rothenfelde bei Osnabrück, verwaltete". Schuchardt hat die Burg nach ihrem glücklichen Entdecker „Schulenburg" genannt. Er lernte auch zwei andere dakische Burgen in der Gegend von Craiova kennen.
Der namhafte Architekt Ernst May, der im Rang eines Leutnants an verschiedenen Fronten im Einsatz war, hält in seinen Erinnerungen fest: "Während ich den Ersten Weltkrieg an der Front auf dem östlichen und westlichen Kriegsschauplatz erlebte, jede Minute nutzend, um architektonisch bedeutende Objekte im Skizzenbuch festzuhalten, war ich im letzten Kriegsjahr - bis auf die Schlußmonate, die mich wieder an die Spitze meiner Batterie beriefen - als künstlerischer Beirat der 18. Armee tätig. Ich entwarf in dieser Eigenschaft zahlreiche Kriegsfriedhöfe in Rumänien und an der Westfront...Obwohl ich während des Krieges nicht zum Bauen kam, habe ich in dieser Periode eine stete Reifung erlebt. Die Eindrücke auf den verschiedensten Kriegsschauplätzen hinterließen ihren Niederschlag in meiner Seele. Das gleiche bewirkten aber auch die wechselnden Architektureindrücke, die Landschaftsbilder oft in großartiger Weise ergänzten". Dazu gehörten auch „jene oft eigenartig und kunstvoll schnitzverzierten rumänischen Bauernhäuser, jene heidnisch buntverzierten Grabzeichen auf den Friedhöfen dieses Landes". Aus seinem Kriegstagebuch geht hervor, daß er von November 1916 an dem deutschen Heer angehörte, das von Petro{ani aus, über die Karpaten den Feind verfolgte. Er nennt auf seiner Marschroute u.a. Craiova, Caracal, Ro{iorii de Vede, Bukarest, Buz²u, Slobozia, Balta Alb², um dann bis August 1917 in Boldul Standquartier zu beziehen.
May hat in den Kriegsjahren eine fast unübersehbare Fülle von Zeichnungen und Skizzen angefertigt, die in 50 Bändchen vereinigt heimgebracht wurden. Dazu gehören auch zwei Skizzenbücher aus Rumänien, von dessen Zeichnungen bloß Einzelstücke veröffentlicht worden sind. Die Originale befinden sich im Archiv für bildende Künstler des Germanischen Nationalmuseums in Nürnberg, auf die hier erstmals aufmerksam gemacht werden soll.
(Fortsetzung folgt)
Die Kronstädter Wochenschrift "Karpatenrundschau" erscheint als Beilage in der "Allgemeinen Deutschen Zeitung für Rumänien".
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