Die Stadt ist ein lebender Organismus (II)
23.07.09
Gespräch mit Arch. Edmund Olsefszky über Bausubstanz, aber auch Missetaten bei der Errichtung von Neubauten
Arch. Edmund Olsefszky ist Autor einiger Projekte für Restaurierungen wie das des B-Gebäudes der Honterusschule in Zusammenarbeit mit der GWZ Stuttgart, einiger historischer Bauten und Häuserfassaden von Kronstadt, der evangelischen Kirche von Agnetheln und des Harbachtal-Museums aus dieser Stadt. Somit setzen wir unsere Fragestellung fort.
Von was wird ein Stadtbild positiv oder negativ beeinflusst?
Das Stadtbild widerspiegelt für gewöhnlich die Gesellschaft die diese verwaltet, in dieser lebt, aber auch die wirtschaftlichen Voraussetzungen die zum Aufblühen oder Niedergang der Ortschaft beitragen.
Wie steht es um die Fassaden der Häuser in der Kronstädter Innenstadt?
Auch wenn einige Eigentümer oder Mieter von Handelsflächen einige Häuserfassaden renoviert haben, ist die Anzahl derer die noch desolat ausschauen immer noch sehr groß. Das Problem des historischen Stadtkerns darf sich aber nicht auf die Hausfassaden begrenzen, muss in den Höfen fortgeführt werden und das durch eine entsprechende Sanierung. Die Initiative des Bürgermeisteramtes alle Leitungen von den Gebäuden zu entfernen und unterirdisch zu verlegen, ist zu begrüßen und dient einer professionellen Renovierung der Fassaden. Auch möchte ich die Initiative des Rektors der Transilvania-Universität zur Restaurierung der Fassade des Rektorats-Gebäudes unterstreichen. Dieses war auch ein älterer Wunsch von mir und eine Freude gemeinsam mit mehreren Restauratoren das Projekt entworfen zu haben. Im Gegensatz dazu ist die Haltung der Eigentümer des alten Flügels des Aro Palace-Hotels zu verurteilen, die Fassade nicht zu renovieren, sondern auch noch für riesige Werbeplakate zur Verfügung zu stellen.
Ein akutes Problem ist auch das der Parkplätze und Parkanlagen. Es gibt diesbezügliche Vorhaben die zu Nachteil von Grünflächen geschaffen werden. Welches wäre eine realistische Lösung für das Stadtgebiet?Seit über 40 Jahren wird nach Lösungen gesucht um das Problem des Verkehrs und der Parkanlagen im historischen Stadtteil zu lösen. Durch den starken Anstieg der Fahrzeugzahl und der Konzentration vieler wirtschaftlicher Tätigkeiten – Banken, Hotels, Verwaltung, Schulen – im Stadtzentrum, ist dieses zu einem Fahrzeuglager geworden. Das Anlegen vieler Parkplätze wurde oft zum Nachteil der Fußgänger gemacht die an vielen Stellen keinen Platz mehr am Gehsteig wegen den parkenden Autos haben. Im Falle des historischen Stadtteiles der der größte Anziehungspunkt für Touristen ist, muss der Fußgänger Priorität haben, er muss sich in Sicherheit fühlen. Die als Fußgängerzonen eingerichteten Straßen sind willkommen. Doch nicht Gleiches kann über die Waisenhaus-, Schwarz-, Burg- oder Katharinengassen gesagt werden. Die geographische Lage der Stadt führt dazu, dass einige Lösungen die in Städten Europas für den Bau von Hoch- oder Tiefgaragen gefunden wurden, hier nicht anwendbar sind. So spreche ich mich für eine „Beruhigung“ des Fahrzeugverkehrs aus, für eine besser Nutzung des öffentlichen Personentransports, der Einführung des Fahrradverkehrs und von Mietstellen der Fahrräder, die Reduzierung der Parkplätze durch hohe Gebühren, dem Bau von Tief oder Hochgaragen aber außerhalb der Stadtmauern. Die Kronstädter evangelische Kirchengemeinde A.B. (Honterusgemeinde) ist Eigentümer vieler Gebäude in der Innenstadt. Sie wirken in Ihrer Eigenschaft als Architekt, als Berater da mit. Wie sehen Sie die Bemühungen der Honterusgemeinde für die Instandhaltung dieser alten Bausubstanz?Durch besondere Anstrengung ist es der Honterusgemeinde gelungen wieder in Besitz ehemaliger wichtiger Immobilien zu gelangen von denen sehr viele als Baudenkmäler eingestuft sind. Als Kultureigentum von allgemeinem Interesse, sieht die Honterusgemeinde als ihre Aufgabe, deren Konsolidierung, Konservierung und Restaurierung aber auch die funktionelle Verwertung. Zum Unterschied von vielen anderen Eigentümern ist sich die Leitung der Honterusgemeinde bewusst, dass es dafür nicht nur materielle Mittel benötigt, sondern auch Berater die auf Probleme der Restaurierung und Instandhaltung der historischen Baudenkmäler spezialisiert sind, von Kunst- und Geschichtsforschern. Solche Berater und Forscher gibt es gegenwärtig im Pfarramt zu denen auch ich zähle. Zu diesen zählen auch Fachgruppen die die Projekte ausarbeiten. Schwieriger ist es bei den Konsolidierungs- und Restaurierungsarbeiten wegen dem Mangel an qualifizierten Handwerkern. Ich bin der Überzeugung die Ergebnisse werden nach dem gezeigten Verantwortungsbewusstsein ausfallen.In den 50 Jahren seit Abschluss ihres Studiums haben sie zahlreiche Studienreisen ins Ausland unternommen, 2007 haben sie den Preis des Kulturministeriums für Architektur erhalten, Sie sind Mitglied zahlreicher Fachkommissionen. Rückblickend ist eine Einschätzung dieser Jahre möglich?Der anlässlich unseres 50-jährigen Jubiläums veröffentlichte Band „Arhitec]ii promo]iei 1953 – 1959, afirmare profesional², amintiri“ ist ein erstes diesbezügliches Dokument im Rahmen des Institutes und des Architektenverbandes, der auch ein Spiegelbild der Tätigkeit in unterschiedlichen Zeitepochen in diesem wichtigen Bereich darstellt. Die darin enthaltenen Einschätzungen sind besonderes ansprechend.Ihre Ausführungen waren sehr anschaulich. Dafür danken wir auch im Namen unserer Leser!Dieter Drotleff
Die Kronstädter Wochenschrift "Karpatenrundschau" erscheint als Beilage in der "Allgemeinen Deutschen Zeitung für Rumänien".
Herausgeber: Demokratisches Forum der Deutschen im Kreis Kronstadt
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