"dies geschah leise..."
10.01.25
Laudatio auf den Apollonia-Hirscher-Preisträger 2023 Dr. Steffen Schlandt gehalten von Frau Prof. Dr. Ursula Philippi
Liebe Anwesende, lieber Steffen!
Der diesjährige Träger des Apollonia-Hirscher-Preises ist bekannt, man möchte sagen, wie ein bunter Hund, wenn dies am heutigen Tag nicht zu flapsig wäre, und nicht nur in unserer Stadt, die den Preis an verdienstvolle Menschen aus ihren Reihen verleiht. Sie alle kennen den großgewachsenen, blonden Mann auf dem Fahrrad, der mit oder ohne Kinder am Bizikel durch die Gassen der Innenstadt radelt – man hofft bei dem Tempo stets, dass alles gut gehen möge. Dabei wirkt er fokussiert auf den jeweiligen nächsten Termin, er ist in der Tat vielbeschäftigt, voller Ideen und voller Energie, um diese auch umzusetzen.
In seinem Bereich, dem der Musik und des Musikmanagements, hat Steffen Schlandt das Gesicht der Stadt verändert. Und mit Erstaunen nimmt man wahr: dies geschah leise, ohne dass Konflikte ausbrachen, im Gegenteil, er zog und zieht die Menschen auf seine Seite. Das ist ein Schlüssel zu Steffens Erfolg. Sein Werdegang als Musiker zieht sich über viele Jahre, vom ersten Unterricht beim Vater Eckart bis hin zum Studium der Orgel, der Kirchenmusik und des Dirigierens an den Musikhochschulen in Klausenburg und Würzburg. Viele Lehrer haben ihn geprägt, zahlreiche Praktika hat er unterwegs absolviert, unterschiedlichste Menschen kennengelernt. Das ist ein weiterer Schlüssel zu seinem heutigen Erfolg.
Musik in der Kirche ist zu einem Markenzeichen Kronstadts geworden. Gastlich öffnet sich heute die Schwarze Kirche für Konzerte verschiedener Art und für ein Publikum, das bunter nicht sein könnte. Weil dieser besondere Ort aber nicht mehr heizbar ist, locken Steffens Konzerte die Menschen auch z.B. in die katholische Peter- und Paulskirche, nicht zu reden von der Erfolgsserie des sommerlichen Festivals Musica Barcensis. Kein Ereignis füllt die Dorfkirchen des Burzenlandes mehr als diese Konzertreihe. Sprach- oder Konfessionsgrenzen sind überwunden, strenge Regeln wie „in der Kirche klatscht man nicht“ spielen keine Rolle mehr. Die von Steffen und seinem Team Forum Arte angebotenen musikalischen Ereignisse verbinden, statt zu trennen, schaffen ein großes Wir-Gefühl weit über die Grenzen der evangelischen Gemeinden hinaus.
An dieser Stelle sei auch das Demokratische Forum der Deutschen in Kronstadt beglückwünscht, das großzügig über den eigenen Tellerrand hinausgeblickt hat, indem es Arbeit würdigt, die nur zu einem Teil der Pflege eigenen Kulturguts, eigener Traditionen in unserer deutschen Gemeinschaft zugutekommt.
Schon die Jüngsten fühlen sich musikalisch angesprochen. Seine Frau Gabriela bekommt bei den Proben der Kinderchorgruppen Rückenwind von Steffen, der an den Tasten sitzt und helfend harmonisiert oder improvisiert. Nicht selten hört man die Kids am Heimweg singen: „Halleluja, Jesus lebt“ und sieht sie fröhlich an der Hand der Erwachsenen hin und her hüpfen. Ein besonders anrührender Moment ist das weihnachtliche Kinderkonzert „Ascultati colindul îngerilor“. Steffen Schlandt hat eingeladen: Alles, was sich musikalisch regt unter Kindern, in Schulen oder Kirchen der Stadt, darf dazukommen und singen in allerlei Sprachen. Denn
(Flashmob 1: Singen macht Spaß, Singen tut gut)
Zu den Herausforderungen des Musiklebens in Kronstadt gehört die Arbeit mit dem Bachchor. Eine große Tradition sitzt im Nacken. Gewandelte Strukturen bringen es mit sich, dass man jetzt englisch oder rumänisch erklärt, dass die meist deutschen Texte und ihre Aussprache intensiv geübt werden müssen, dass große Konzerte Hilfe von auswärts verlangen. Es ist nicht mehr selbstverständlich, dass zu Ostern, zu Weihnachten oder zu Reformation genügend Chormitglieder in der evangelischen Kirche singen. Das schafft nur ein Chorleiter mit Steffens Kompetenz und Charisma. Aufgeben ist für ihn keine Variante. Das Schöne ist aber, dass auch die Qualität stimmt. Er stellt Ansprüche nicht nur an sich selbst, sondern auch an alle, die mitmachen. Tja:(Flashmob 2: Chorsingen ist Diktatur)
Ihr Lieben alle,
Steffen Schlandt hat mir, quasi zur Rechtfertigung, eine beeindruckende Liste seiner Verdienste um die Kronstädter Gemeinschaft überreicht. Jeder und jede unter Ihnen wird sich an andere Momente erinnern, die Einen an die restaurierten historischen Orgeln, vor allem in der Schwarzen Kirche, die Anderen an die reparierte Glocke am Rathausturm, die Einen an die Messe von Kronstadt, ein Auftragswerk zum 500-sten Reformationsjubiläum, die Anderen an das Open Air-Konzert am Marktplatz mit Orffs Carmina Burana oder an die überwältigende Matthäuspassion von Johann Sebastian Bach im Jahr 2018. Einige unter uns hören immer noch gern die charmante CD mit Heimatliedern aus den Gemeinden des Burzenlandes, aufgenommen vom Jugendbachchor.
Zwischen all diesen Projekten nimmt Steffen Schlandt als Orgelspieler Einladungen in alle Welt an und macht die Musik aus seiner Heimat bekannt. Oder er feiert einen Großen der Musik anlässlich von dessen Jubiläum, wie Anton Bruckner im abgelaufenen Jahr durch ein beeindruckendes Orchesterkonzert in der Schwarzen Kirche. Welch ein Novum!
Steffen sprudelt vor Ideen. Unerschöpflich scheint seine Energie. Was kann die Gemeinschaft einem solchen Mitbürger zurückgeben, der einer Kerze gleicht, die an beiden Enden brennt und das Licht in viele Winkel trägt?
Der heute verliehene Apollonia-Hirscher-Preis ist mehr als verdient. Nimm ihn, lieber Steffen, als Zeichen des Danks und der Anerkennung und sei von uns allen herzlich beglückwünscht!
Foto: Steffen Schlandt (Mitte) bei der Preisverleihung im Festsaal des Deutschan Forums. Er erhielt die Apollonia-Hirscher Plakette und das Diplom von Olivia Grigoriu und Uwe Leonhardt (Foto: KR)
Die Kronstädter Wochenschrift "Karpatenrundschau" erscheint als Beilage in der "Allgemeinen Deutschen Zeitung für Rumänien".
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