Ein Fernwanderweg von 1500 km in Sicht
05.11.09
Auf der via carpatica vom Eisernen Tor (Rumänien/Serbien) nach Bratislava (Slowakei)/ von Dr. Joachim Jaudas, ISF München (I)
Seit dem 4. Januar 2006 trat die Karpatenkonvention in Kraft. Es handelt sich dabei um ein Rahmenabkommen zum Schutz und zur nachhaltigen Entwicklung der Karpaten zu dem sich die sieben Anrainerstaaten (Tschechien, Slowakei, Ungarn, Ukraine, Polen, Rumänien und Serbien) zusammengeschlossen haben. Obwohl in Rumänien rund 40 Prozent der Fläche dieser Gebirgskette liegt und da rund zwei Millionen Menschen leben, ist der Beitritt an diese völkerrechtliche Vereinbarung erst am 6. März 2007 ratifiziert worden. Zu dieser Verzögerung soll es gekommen sein, weil die rumänische Seite angeblich auf eine genaue Abgrenzung des Karpatengebietes bestanden hat, in dem die verschiedenen Bestimmungen der Konvention, vom wirtschaftlichen bis zum ökologischen und kulturellen Bereich, verbindlich sind. 2008 hat Rumänien für drei Jahre den Vorsitz der Karpatenkonvention übernommen. Kronstadt/Bra{ov wurde als Standort für das Generalsekretariat der Konvention vorgeschlagen.
Die Karpatenkonvention setzt sich eine staatsübergreifende Förderung der Regionalentwicklung zum Ziel. Dabei soll einerseits die biologische Vielfalt geschützt werden, andererseits soll die Abwanderung aus vielen Berglandschaften der Karpaten bekämpft werden, in dem zum Beispiel mehr für eine nachhaltige Entwicklung des Bergtourismus unternommen wird. Der als „via carpatica“ geplante europäische Fernwanderweg ist ein Projekt an dessen Ausarbeitung das Institut für Sozialwissenschaftliche Forschung München im Rahmen des Karpatenprojekts beteiligt war. Dr. Joachim Jaudas, einer der Initiatoren der „via carpatica“, stellte dieses touristische Programm in dem Artikel „Die Zukunft der Karpaten“ vor. (R. Sudrigian)
Die Karpatenkonvention sichert die Rahmenbedingungen für eine einheitliche nachhaltige Entwicklung der Karpaten. Ein Beispiel für ein solches Entwicklungsprojekt im Bergtourismus ist der geplante Fernwanderweg via carpatica. Er soll eines Tages als durchgehende Route mit Wegen und Hütten längs des Gebirgsbogens sieben europäische Länder verbinden.
Die Karpaten sind derzeit noch sehr unterschiedlich entwickelt; nationale Grenzen, Unterschiede in Tradition, Kultur und Sprache erweisen sich als Hindernisse bei dem Versuch, großräumige regionale Entwicklungsprozesse durchzuführen. Doch lässt die voranschreitende europäische Integration hoffen, dass diese Grenzen zukünftig durchlässiger werden, vor allem zwischen den EU-Mitgliedsländern Tschechien, Polen, Slowakei, Ungarn und Rumänien. Entscheidend wird jedoch sein, ob es gelingt, den grenzüberschreitenden Austausch tatsächlich in Gang zu setzen und damit die Grundlagen für transnationale regionale Entwicklungsprozesse zu schaffen. Zur Verwirklichung dieses Ziels sollen Idee und Realisierung der via carpatica zielführende Instrumente sein.
Gegenwärtig besteht ein großer Entwicklungsbedarf für nachhaltigen Tourismus und speziell für den Wandertourismus in den einzelnen Ländern des Karpatenbogens. Die Ausgangslage ist sehr heterogen. Es gibt Regionen, in denen die Erschließungstätigkeit (Wege und Hütten) und die Gründung von Gebirgsvereinen zur gleichen Zeit begann wie in den Alpen, nämlich vor 150 Jahren; aktiv und einflussreich sind bis heute der Polnische Wanderverband PTTK in der Hohen Tatra und der Siebenbürgische Karpatenverein in den rumänischen Karpaten. Es gibt andere Regionen, in denen Zeiten intensiver Erschließungen mit weniger aktiven Zeiten abwechselten (z.B. in den ukrainischen Waldkarpaten), und es gibt Gebiete ohne bemerkenswerte Bergwandertradition.
Auch die bergtouristische Infrastruktur ist recht unterschiedlich entwickelt: In einigen Gebieten (z.B. in der Hohen Tatra, im Fogaraschgebirge und im Bucegimassiv) gibt es gut gepflegte und fleiBig markierte Wege; auch Hütten im Tagesetappenabstand sind vorhanden, wenngleich sie häufig wesentlich bescheidener sind als die Alpenhütten. Daneben finden sich Gebiete ohne markierte Wege, ohne Hütten, dafür mit weitgehend unberührter Natur (z.B. in den Urwäldern der ukrainischen Waldkarpaten). Auch die Idee der Fernwanderwege ist in einigen wenigen Gebieten realisiert; der Bergsteiger kann über die „Innere Durchquerung“ die slowakische Hohe Tatra kennen lernen, über den „Transcarpathian Hiking Trail“ Teile der ukrainischen Waldkarpaten und über den Kammweg das rumänische Fogaraschgebirge.
Was völlig fehlt, sind Planungen für grenzüberschreitende Traversierungen mit einheitlichen Markierungen und Wegweisungen. Was in vielen Gebieten fehlt, ist ein umfassendes Hüttennetz, die entsprechende Talinfrastruktur mit Verkehrsanbindungen und Talquartieren, die Betreuung und Beratung der Bergsteiger durch Bergführer und Tourenanbieter sowie Routenbeschreibungen und topografische Karten.
Foto 1
Blick vom Kamm des Fogarascher Gebirges auf den Avrig-See.
Foto 2
Die Karpaten-Konvention wurde von sieben Staaten unterzeichnet und umfasst nun das ganze Karpatengebiet.
Foto: Horatiu Popa
Die Kronstädter Wochenschrift "Karpatenrundschau" erscheint als Beilage in der "Allgemeinen Deutschen Zeitung für Rumänien".
Herausgeber: Demokratisches Forum der Deutschen im Kreis Kronstadt
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Redaktuere:Ralf Sudrigian, Hans Butmaloiu, Christine Chiriac (Redakteurin, 2009-2014), Dieter Drotleff (Redaktionsleiter 1989 - 2007)
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