Erinnerungsroman kennzeichnend für viele sächsische Dorfbewohner
22.07.10
Zu: „Mit der Sonne steh' ich auf. Eine Bäuerin aus Siebenbürgen erzählt aus ihrem Leben“, von Werner Schmitz und Sara Dootz, Landwirtschaftsverlag GmbH Münster-Hiltrup, 2010.
Allein schon die Vorstellung des Romans im Rahmen der deutschen Vortragsreihe innerhalb des Kronstädter Demokratischen Forums der Deutschen durch die beiden Autoren, dem Berufsjournalisten Werner Schmitz (der sieben Jahre auch beim Stern-Magazin arbeitete, auch als Autor von Kriminalromanen bekannt wurde, in Bochum lebt) und Sara Dootz, der siebenbürgisch sächsischen Bäuerin aus Deutsch-Weißkirch im Repser Ländchen, zog die Aufmerksamkeit der Zuhörer und dann der möglichen Leser auf sich. Nach dem die beiden sich kennen lernten und die Bekanntschaft zu einer bleibenden Freundschaft wurde, entstand dieser Erinnerungsroman der kennzeichnend für viele Sachsen, besonders aber Dorfbewohner ist. Sara Dootz erzählte dem Journalisten in mehreren Begegnungen ihr Leben, so wie es war und ist, mit Tiefen und Höhen bis hin zu der gegenwärtigen Situation der da verbliebenen sächsischen Gemeinschaft, der Bekanntschaft mit dem britischen Kronprinzen Charles der sich öfters in dieser sächsischen Gemeinde aufhält, sich für den Erhalt mehrerer Dörfer aus Siebenbürgen einsetzt, selbst sich ein Haus in Deutsch-Weißkirch gekauft hat. Die Tochter von Sara Dootz, Caroline Fernolend, ist die Leiterin der in Rumänien befindlichen Niederlassung der Stiftung „Mihai Eminescu Trust“ die aktiv in der Restaurierung sächsischer Dörfer ist, soziale Projekte für alle in diesen Dörfern lebenden Bewohner – Sachsen, Rumänen, Roma, Ungarn – verwirklicht und Unterstützung von Prinz Charles hat.
Sara Dootz ist die Hauptheldin dieses Buchs, zugleich die Erzählerin. Werner Schmitz hat anschließend die Niederschrift von den Tonbändern vorgenommen, dabei möglichst genau die Sprache der Protagonistin beibehalten, und den Band mit zahlreichen Fotos aus dem Privatbesitz von Sara Dootz illustriert. Das Buch bietet eine angenehme, entspannende Lektüre, wobei man als Siebenbürger viele Dinge über Geschichte, Brauchtum, Schicksalsschläge dieser Gemeinschaft kennt, doch immer wieder überrascht wird von der Offenheit mit der die Autorin die Dinge darstellt, viele Bauernweisheiten präsentiert. Ehrlich geht sie auch auf viele intime Familienereignisse ein die vielleicht ein anderer Autor nicht so offen dargestellt hätte um in einem Buch nachlesbar zu sein.
Auch als Burghüterin hat Sara Dootz (Jahrgang 1936) die Erfahrung des Umgangs mit zahlreichen Touristen die die unter UNESCO-Schutz stehende Kirchenburg aus Deutsch-Weißkirch besuchen. Sie präsentiert diesen deren Geschichte, lernt selbst aus den mit den Touristen geführten Gesprächen und scheut sich nicht, selbst mit hochrangigen Persönlichkeiten Gedanken auszutauschen. Aus dem Bericht der Autorin erfährt man viel über das traditionelle Dorfleben von einst, als es da noch eine geschlossene, starke sächsische Gemeinschaft gab. Dootz beschreibt auch die sozialistische Umgestaltung nach dem Zweiten Weltkrieg mit deren verheerenden Folgen nach der Deportation: Enteignung, Zwangsevakuierung, später die Aussiedlung zwecks Familienzusammenführung, und schließlich der Massenexodus nach der Wende von 1989.
Sara Dootz schildert sehr genau verschiedene Bräuche die streng von den Sachsen eingehalten wurden, gleich ob es sich um Taufe, Hochzeit oder Beisetzung handelte. Desgleichen führt sie einen in die Rolle der Nachbarschaften ein, macht einen vertraut mit deren Aufgaben,deren Bräuche. Dass bei den Zusammenkünften der Nachbarschaften manchmal auch über den Durst getrunken wurde, auch darüber zeigt die Erzählerin Verständnis. Ihre Tagestätigkeiten teilen sich zwischen eigener Wirtschaft und Haushalt, dem Begleiten von Touristen auf die Burg, dem Glockenläuten. Dabei findet sie immer noch Zeit für sich, aber auch für die Familien ihres Sohnes und der beiden Töchter, ist bewandert, einschließlich im Fußballgeschehen, kümmert sich liebevoll um die Haustiere zu denen viele Katzen zählen die einfach von ihren ehemaligen Herren als sie aussiedelten, zurückgelassen wurden.
Interessant sind ihre Gedanken über die „Hiergebliebenen“ und die „Weggegangenen“ wobei zu den ersten drei Dutzend zählen, zu den anderen dreihundert. „Es hat manchem leidgetan, dass er nicht hiergeblieben ist. Es wäre vielleicht einfacher für sie, wenn sie wüssten, dass hier in Weißkirch nichts mehr ist. Dann wären sie sicher, dass sie es richtig gemacht haben“ meint Sara Dootz. Auch die Beziehungen zu den andersnationalen Ortsbewohnern haben sich in diesem Zuge geändert. „Wir Sachsen sind ja nur noch wenige. Jetzt kommen die Rumänen und die Zigeuner auch bei uns zur Totenwache und helfen. Sie fühlen sich geehrt, wenn wir sie annehmen. Wir sind noch immer die Oberschicht hier“ schildert sie die heutige Situation, auch wenn man vielleicht nicht immer ganz ihre Meinung teilt. Die Zusammenarbeit der beiden Autoren hat zu einem guten Ergebnis geführt das den Lesern nur zu empfehlen ist.
Dieter Drotleff
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