„Für mich heißt Malen reine mühelose Freude...“
13.05.21
Unveröffentlichter Brief der Malerin, Volkskundlerin und Kunsthistorikerin Juliana Fabritius-Dancu an unsere Redaktionsleitung aus dem Jahre 1985 (I)
Heuer erfüllen sich 35 Jahre seit Juliana Fabritus-Dancu am 7. August 1986 in Bukarest verstarb. Im Vorjahr 1985 erklärte sie gegenüber der „Karpatenrundschau“ noch „für mich heißt Malen, reine mühelose Freude...“. Der damalige Schriftleiter Eduard Eisenburger hatte sich in einem Schreiben an sie gewendet, um in der Wochenschrift eine Rubrik zur Siebenbürgischen Kunstgeschichte einzuleiten und bat sie um ihre Meinung, diesbezügliche Vorschläge. In einem ausführlichen Schreiben vom 10. November 1985 antwortete sie darauf, äußerte auch viele Bedenken, nahm Bezug auf die unerschöpflichen Kunstschätze , die dabei aufgenommen und vorgestellt werden müssten. Es kam auch nicht mehr dazu, eine solche Rubrik einzuführen, da die am 21. Januar 1930 in Hermannstadt geborene Malerin, Volkskundlerin und Kunsthistorikerin wenige Monate nach dem an die Redaktionsleitung gerichteten Brief starb, den wir unseren Lesern nicht vorenthalten wollen. Darin spricht sie mehrere Bedenken zur der Zeit an, ausgehend von der nicht entsprechenden Qualität des Papiers der Publikation, dem schlechten Druck, der politischen Lage wo sakrale Kunstgegenstände nicht im Vordergrund vorgestellt werden können, auch der zum Teil fehlende Sachpersonen die fachgerecht darüber schreiben könnten.
Die Tochter des Architekten Julius Alfred Fabritius und der Gertrude Juliane Seraphin nahm schon in ihrer Kindheit Unterricht bei der Malerin Trude Schullerus. An der Bukarester Kunstakademie studierte sie dann Malerei. Während ihrer Studienjahre wurde sie unter dem Verdacht der Spionage von der Securitate verhaftet und verbrachte zwei Jahre im Gefängnis. 1957 heiratete sie den Journalisten Dumitru Dancu. Besonderes bekannt wurde sie durch ihre Kunstmappe „Sächsische Kirchenburgen aus Siebenbürgen“ ein Teilergebnis ihrer Forschungsarbeiten die sie zwischen 1968 – 1978 in 150 siebenbürgischen Ortschaften unternommen hat und Wehrkirchen, Bauernburgen in Bild und Text vorstellte. Nach dem Erfolg ihres Buches „Spaziergang durch Alt-Hermannstadt“ (1983) beabsichtigte Juliana Fabritius-Dancu derartige Impressionen auch aus anderen Ortschaften zu veröffentlichen. Bleibend für die Zukunft sind ihre Monographien „Die Stadtpfarrkirche von Hermannstadt“ (1968), „Die Heltauer Kirchenburg“ (1970), „Trude Schulklerus“ (1970), „Harald Meschendörfer“ (1984). Das nächste Werk „Alt-Kronstadt. Bilder einer Stadt. Aquarelle von Juliana Fabritius-Dancu“ wurde aus dem Nachlas von Hansgeorg von Killyen und Karl Dendorfer 2006 in Deutschland herausgebracht. Im Sommer 1984 hatte sie in Trier beim Sitz der Industrie- und Handelskammer 60 Aquarelle mit von ihre gemalten sächsischen Kirchenburgen ausgestellt. Vorher war die Ausstellung auch in Heidelberg und Stuttgart mit großem Erfolg zu sehen gewesen. Den an die damalige Redaktionsleitung gerichteten Brie, der insgesamt neun an der Maschine geschriebene Seiten umfasst, bieten wir somit leicht gekürzt unseren Lesern mit einigen wenigen vorgenommenen Korrekturen. (Dieter Drotleff)
10. November 85
Sehr geehrter Herr Dr. Eisenburger!
Das Vorhaben der Karpaten-Rundschau, siebenbürgische Kunst und Künstler in markanten Werken und Persönlichkeiten ihren Lesern vorzustellen, wäre sehr begrüßenswert, wenn es sich in optimalen Bedingungen verwirklichen ließe! Dieses Anliegen ist umso gewichtiger, als es aller Wahrscheinlichkeit nach das letzte Mal sein dürfte, dass ein deutsches Blatt in Siebenbürgen unser künstlerisches Erbe in chronologischer Folge und großen Zusammenhängen Revue passieren lassen könnte, um es der deutschen Bevölkerung noch einmal ins Bewusstsein zu rufen, was unsere Vorfahren diesem Land gegeben haben,- auch auf diesem Gebiet. Ein bewusster Rückblick auf diese Leistung sollte geeignet sein,den heute hier noch lebenden Sachsen ihre Verpflichtung gegenüber diesem Erbe bewusst zu machen, denn es ist größer und bedeutender als das Einzelleben, als Wohl und Wehe des vergänglichen Einzelnen. Ein Überblick über die Fülle sächsischen Kunstschaffens in allen Etappen unserer siebenbürgischen Geschichte wäre sicher auch dazu angetan wieder den Stolz zu wecken, ein Glied dieser Gemeinschaft zu sein, gleichzeitig aber auch die Pflicht und die Freude dieser Gemeinschaft zu dienen und ihre Ziele höher zu stellen als die Befriedigung persönlicher Wünsche. Kurz, ich meine, dass eine Rubrik, wie Sie sie vorhaben, vielleicht imstande wäre, der Jugend ein neues Ideal vorzuhalten, das h i e r zu verwirklichen ist, zu verwirklichen wäre, wenn es gelänge, den Einzelnen in seinem Gewissen anzusprechen, zur Wahrung und Fortführung unseres Kulturerbes anzuregen.
Proportional zur Tragweite des Vorhabens, eine Rubrik über siebenbürgische Kunst zu eröffnen, wächst aber auch die Verantwortung für ihre richtige und lückenlose Gestaltung. Und da bin ich nicht so sicher, ob wir heute noch über hinreichende Kräfte verfügen, gerade diese sehr anspruchsvolle Aufgabe zu bewältigen.
Ehe ich aber diesen Aspekt erörtere, möchte ich noch einige allgemeine Bemerkungen zum Thema vorausschicken, besser gesagt noch einige Bedenken hinsichtlich des Gelingens eines solchen Planes äußern.
Das Vorstellen von Kunstgegenständen lebt von der Illustration – heute mehr denn je, wo die Gesellschaft durchwegs auf visuelle Information eingestellt ist. Das Papier Ihrer Zeitschrift ist nicht von entsprechender Qualität, um Kunstgegenstände überzeugend zu reproduzieren. Gerade hierbei kommt es sehr auf das Sichtbarmachen feiner Details an, die in dem grauen, undeutlichen Druck des Blattes einfach verschwimmen. Man müsste sich vorwiegend – wo es möglich ist – auf Linearzeichnungen umstellen, die sich weit besser zur Veröffentlichung – auch auf minderwertigem Papier – eignen. Natürlich wäre das nicht möglich im Falle der gotischen Altäre, beispielsweise.
Hiermit komme ich zum zweiten Punkt, der mir bedenklich erscheint: Stichwort, Altäre! Als sehr aktive Publizistin weiß ich sehr genau, welche Schwierigkeiten sich erheben, wenn man bei Kunstdenkmälern Themen der biblischen Geschichte oder überhaupt religiöse Gegenstände berührt. Es sollte mich sehr wundern – und freuen - wenn es Ihnen gelänge, eine Thematik sakraler Kunst durchzusetzen. Ich warte persönlich seit Jahren darauf, etwa dem NW eine Rubrik über architektonische Plastik unserer Dorfkirchen anzubieten, die ich lückenlos in meinen Schubladen habe, in herrlichen Fotos und noch besseren Zeichnungen – aber bisher wurde mir immer abgewunken, mit den bekannten Begründungen. Auch die von Ihnen beigelegten Themenvorschläge wimmeln von Heiligenfiguren – Madonnen, Szenen, die biblische Legenden vorstellen. Es ist nicht möglich über solche Kunstwerke zu schreiben, ohne den Kern der Sache zu berühren, nämlich die vorgestellte Figur als das anzugeben was sie ist, über ihre ikonographische Bedeutung zu sprechen. Vielleicht sollte man mit einem solchen Vorhaben noch etwas warten?
Ferner stelle ich die Frage, ob man wirklich das Wertvollste der siebenbürgischen Kunst noch einmal vorstellen soll – wobei es sich in den meisten Fällen doch um ein „Wiederkäuen“ längst veröffentlichter Dinge handeln würde – oder ob man nicht lieber sich auf noch unbekannte, noch nicht publizierte Werke beschränken sollte?
In beiden Fällen müsste man Autoren heranziehen, die sich auf e i g e n e Forschungen und eigene Aufnahmen, bzw. graphische Darstellungen der Gegenstände stützen können. Andernfalls bleibt es bei dem nun schon seit lange hier praktizierten Abschreiben der alten Literatur, wobei nur die Sätze geändert werden und dann mit dem eigenen Namen unterzeichnet wird. Ich frage mich, ob es dann nicht schon besser wäre, wenn einer Ihrer Redakteure aus dem älteren Schrifttum die betreffenden Themen zusammenstellen würde? Da sind z.B. die Grabsteine, Porträt- und heraldische Grabsteine, wie sie in unseren Kirchen stehen, fast alle schon veröffentlicht, und zwar in jüngsten Arbeiten, von Dr. Gustav Gündisch und Harald Krasser. Letzterer ist tot, Gustav Gündisch aber lebt auf Schloß Horneck und würde es sicher übel vermerken, wenn Frau Rodica Irimie (sie heißt bereits nicht mehr Fota) seine Texte mit etwas ungeschickten Worten neu veröffentlichen würde. Überhaupt muss man bei diesem heiklen Unterfangen daran denken, daß es nicht nur für Siebenbürgen bestimmt ist, sondern auch der Kritik des Auslandes ausgesetzt ist, und die Beiträge schon aus diesem Grund tadellos sein müssten. Übrigens , wenn wir schon zur Präsentierung des deutschen Kulturerbes Nichtdeutsche heranziehen müssen, so sollten es wirklich die besten Dachleute sein, die sich durch eigene Forschungen und Publikationen einen Namen gemacht haben. Ich denke z.B. für die Kunst der Gotik – besonderes Goldschmiedekunst, - an Prof. Viorica Guy Marika aus Cluj-Napoca; für die Wandmalerei an Prof. Vasile Dragut, eventuell auch an Prof. Vatasianu. Dragut ist sehr beschäftigt, Vatasianu hingegen, als Pensionist, weniger beansprucht und vielleicht geneigt etwas für Sie zu schreiben. Jeder Forscher hat über jeden Gegenstand den er mal behandelte, viel mehr Material, als in die großen enzyklopädischen Werke eingebracht werden konnte. Man sehnt sich geradezu danach, einmal einem Detail den gebührenden Raum widmen zu können und ausführlich darüber zu schreiben, von dieser Einzelheit aus neue Zusammenhänge aufzuspüren und weiterzuspinnen, auch in Gegenüberstellung ausländischer Kunstwerke. So etwas ist in großen Kunstgeschichten nicht möglich, aber ich bin sicher, daß gerade diese Möglichkeit viele Forscher reizen würde!
(Fortsetzung folgt)
Die Malerin Juliana Fabritius-Dancu bei der Arbeit. Foto: KR-Archiv
Die Kronstädter Wochenschrift "Karpatenrundschau" erscheint als Beilage in der "Allgemeinen Deutschen Zeitung für Rumänien".
Herausgeber: Demokratisches Forum der Deutschen im Kreis Kronstadt
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Fernruf und Telefax: 0040 -(0)268/475 841,
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Schriftleiter: Elise Wilk.
Redaktuere:Ralf Sudrigian, Hans Butmaloiu, Christine Chiriac (Redakteurin, 2009-2014), Dieter Drotleff (Redaktionsleiter 1989 - 2007)
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