„Für mich heißt Malen reine, mühelose Freude...“
20.05.21
Unveröffentlichter Brief der Malerin, Volkskundlerin und Kunsthistorikerin Juliana Fabritius-Dancu an unsere Redaktionsleitung aus dem Jahre 1985 (II)
Und nun komme ich zu dem durchaus unklaren Passus Ihrer Zuschrift: „Natürlich überlassen wir es Ihnen, hier (unter den Themenvorschlägen) eine Auswahl zu treffen, da wir für die gleichen Themen auch andere Autoren zur Mitarbeit gewinnen möchten (siehe Autorenverzeichnis).“ - Der Adressat soll sich etwas aus dieser Themenliste auswählen, da (weil) Sie die gleichen Themen auch anderen Autoren anbieten möchten, bzw. diese Themen nach beiliegender Liste schon sämtlich besetzt sind! - Hier sieht man sich eigentlich in die Rolle des Poeten aus Schillers „Teilung der Erde“ versetzt – alles ist „weggegeben“ - und leider an Leute, deren Kompetenz in vielen Fällen anzuzweifeln ist. Selbstverständlich bezieht sich diese Bemerkung nicht auf Kenner der gotischen Altäre, Dr. Richter, und nicht auf Frau Prof. Philippi! Zu meiner Überraschung sehe ich mich in der Autorenliste als letzte angeführt, und zwar nur für die Malerei des 20. Jh. (weil ich schlie9lich über Trude Schullerus zwei, und über Meschendörfer eine Monographie geschrieben habe). Von einem Ihrer Redakteure erfuhr ich telefonisch, wer diese Liste zusammengestellt haben soll und da wundert es mich nicht, dass das Brukenthalmuseum, Forschungsstelle sich die Themen, die durchaus unvollständig aufgezählt sind, untereinander aufgeteilt hat. Was mich aber wundert ist, dass die Redaktion der KR mir diese Zuschrift geschickt hat, wenn Sie meinen, dass ich außer der Malerei des 20. Jh. keine dieser Themen bearbeiten könnte!Dabei habe ich eine Vielzahl davon längst im Reisebuch des NW, in „Komm mit“ seit 15 Jahren veröffentlicht, und in diesen Darstellungen von über 120 Kirchenburgen, in den 15 Bänden, eine Unmenge Touristen ins Land gebracht, denen ich als Fachautor auf diesem Gebiet ein Begriff geworden bin. Das gleiche gilt für meine Ausstellungstätigkeit im Ausland, die stets von kunsthistorischen Vorträgen begleitet war.
Allerdings muss ich zugeben, nicht die einzige zu sein, die ignoriert wird. In dem Autorenverzeichnis sehe ich den Namen Rohtraut Wittstock-Reich nicht, die sich seit Jahren auch mit den einheimischen Malern beschäftigt, besonders mit der Gruppe der Maler zweite Hälfte 19., erste Hälfte 20. Jh. Ich wollte schon längst dem Kriterion Verlag nahe legen, von dieser Autorin eine Monographie der sächsischen Maler erstellen zu lassen! - Ebenso Karin Bertalan (geb. Sonntag) vom Brukenthalmuseum, die eine Monographie über Hans Hermann veröffentlichte, fehlt aus Ihrem Verzeichnis.
Sehr geeignet, um für diese Rubrik herangezogen zu werden, ist Herbert Grünwald, ein junger Autor, der aber durch seine feine Analyse und Fachkenntnis in Ausstellungsbesprechungen angenehm auffällt. Er soll einmal Zeichenlehrer gewesen sein, versteht wirklich etwas von Malerei, auch als Ausübender (wäre es selbst nur als Pädagoge) und könnte sicher für Ihr Vorhaben gewonnen werden, wenn man ihm eine bestimmte Sparte anvertraut, selbst wenn er erst eigens dafür Forschungen anstellen müsste. Es ist ein junger, ein Nachwuchsautor, (an denen wir sehr arm sind) um den man sich bemühen müsste, um ihn zu wichtigen Arbeiten heranzuziehen, zumal er sehr begabt ist und anscheinend über den nötigen Fleiß verfügt… Dann fragt man sich, weshalb die KR diese Zuschrift überhaupt auch anderen Autoren geschickt hat, denn scheinbar machen Sie sich ja den Standpunkt der Hermannstädter zu eigen? Dabei weiß jeder Mensch, der die hiesigen Publikationen verfolgt, dass ich in meiner Kirchenburgenmappe 75 Kurzmonographien über diese 75 in der Mappe enthaltenen Baudenkmäler veröffentlicht habe, in 16 Bänden des Reisebuchs „Komm mit“ 120 Kirchen mit samt ihren Kunstschätzen besprochen habe, eine M0nographie über die Hermannstädter Stadtpfarrkirche und die Heltauer Burg veröffentlichte, daß ich 10 Jahre Geländeforschungen in 150 Dorfkirchen und Burgen anstellte und über ein einzigartiges Archiv verfüge, das Hunderte von Zeichnungen und Aquarellen, Zahllose Fotografien umfasst, dass ich jedes Werkstück, die gesamte Bauplastik aller Dorfkirchen in Siebenbürgen auf diese Weise dokumentiert habe, ebenso die Wandmalerei und Altäre. Mit den Stadtkirchen habe ich mich – außer mit der Hermannstädter – nur vergleichsweise befasst, aber dafür hat Architekt Hermann Fabini diese vollständig erfasst und beabsichtigt auch ein Werk darüber herauszubringen. Ebenso bekannt sind seine hervorragenden Forschungen und Veröffentlichungen über den berühmtesten Steinmetz Siebenbürgens im 15. Jh. Abdreas Lapicida – der in der Themenliste überhaupt fehlt!
Ich hätte Ihnen zum Thema Kunst in Siebenbürgen eine lückenlose Folge der gesamten Bauplastik aus allen siebenbürgischen Dorfkirchen zusammenstellen können, illustriert vorwiegend durch ausdrucksvolle Linearzeichnungen, die ich sämtlich auch als Fotografisches Dokument besitze. Doch hätte ich dabei eine Serie von Portalen vorgeschlagen - in der Themenliste sind nur zwei Gruppen romanischer Portale angeführt und nicht die ältesten, die am Anfang stehen müssten – Michelsberg, Heltau, Weißenburg, Mühlbach die aus der Entwicklungslinie nicht fehlen dürften. Gotische Portale erscheinen überhaupt nicht mehr, auch nicht die spätromanischen von Draas, Großschenk, Rohrbach die mindestens so interessant sind wie jene von Holzmengen etc. Die schönen gotischen Portale von Durles, Kirtsch, Eibesdorf, Busd, Hetzeldorf, Bogeschdorf – um nur einige zu nennen, figurieren nicht in der Liste. Ich hätte eine Entwicklungslinie in der Fenstergestaltung ferner aufgezeichnet, von den ersten kleinen romanischen Rundbogenfenstern über Zwillingsfenster unter dem Einfluss der Kerzer Bauhütte, bis zur Entstehung des Gotischen Spitzbogen- und Maßwerkfensters, mit herrlichen Beispielen unserer Dorfkirchen. Ferner eine Serie von Sakristeitüren, aus Schmiedeeisen, aus Holz mit Eisenbeschlägen und ihren charakteristischen Formen, Holzbemalte und geschnitzte Türen, bis zu den herrlichen mit Intarsien geschmückten in Birthälm, Großschenk, Reichesdorf.
Eine Serie wäre der Emporenmalerei gewidmet gewesen, wovon ich auch von den ältesten bis zu den Rokokomalerein Beispiele besitze – alle von mir an Ort und Stelle nach der Natur getreu abgemalt – ebenso fotografiert. Eine ganz lange Serie müsste man den Taufbecken – oder Taufsteinen widmen, von den steinernen bis zu den berühmten sieben Erztaufen, eine andere Serie den Sakramentnischen oder Sakramenthäuschen, deren wir hervorragend schöne Exemplare besitzen, in Dorf- und Stadtkirchen; eine weiter Serie müsste den Altarkredenzen und Chorsedilien gewidmet sein, Werkstücke von schönster Steinmetzarbeit, an denen sich die Stilentwicklung ebenso verfolgen läßt wie an Fenster- und Portalumrahmungen. Material gibt es für mindestens 10 Jahre, um eine Kunstrubrik damit zu füllen. Natürlich müsste ein Plan im Rahmen der Redaktion entworfen werden, - was Sie ja allerdings schon getan haben, - aber in einer meiner Ansicht nach nicht entsprechenden Art. Zu einem solchen Zweck hätte ich ein anderes Kollektiv zusammengestellt, von Leuten, von denen ich weiß, dass sie eigene Forschungen und originale Veröffentlichungen aufzuweisen haben.
Ferner zu Ihren Themenvorschlägen:
Selbst unter dem Vorbehalt, nur die schönsten und wertvollsten Werke herausgreifen zu wollen, ist diese Liste durchaus lückenhaft und durcheinandergewürfelt. In solcher Reihenfolge würde sie einen Leser und Betrachter eher verwirren als informieren. Ich will hier nicht etwa eine Gegenliste aufstellen – das würde zu weit führen und als separate Arbeit längere Zeit in Anspruch nehmen. Ich will bloß an einigen Beispielen Ihnen zeigen, wie oberflächlich die Themenvorschläge zusammengestellt wurden – scheinbar von jemandem der nicht informiert ist, was wir an Kunstschätzen besitzen, und auch ihre Chronologische Eingliederung nicht kennt.
Wie bereits gesagt, kann man eine Serienfolge über romanische Portale nicht mit Salzburg und Burgberg beginnen, ohne die älteren (Michelsberg, Heltau...vorher zu behandeln, denn man kann nicht einfach ein Lünettenrelief beschreiben, ohne die Gliederung eines Portals klarzulegen. Wichtiger als die Lünettenreliefs sind die Kapitelle und ihre Gestaltung, vom einfachen Würfelkapitell bis zu seiner figuralen Ausschmückung, mit darüber stehenden Symbolfiguren, wie in Holzmengen, Freck und Sakadat – aus dieser Gruppe fehlt übrigens Tarteln; auch das romanische Portal mit figuralen Kapitellen aus Zeiden ist nicht erwähnt. Selbst wenn man sich, was nicht angeht, bloß auf Lünettenreliefs beschränken wollte, darf man das wundervolle Tympanon von Draas nicht vergessen, das in ganz Siebenbürgen einzigartig ist!, mit seinen apotropaischen Drachenfiguren zwischen spätromanischem Rankenwerk.
(Fortsetzung folgt)
Foto: Zu den repräsentativen Kirchenburgen des Burzenlandes zählt auch die von Wolkendorf dargestellt in diesem Aquarell von Juliana Fabritius-Dancu.
Die Kronstädter Wochenschrift "Karpatenrundschau" erscheint als Beilage in der "Allgemeinen Deutschen Zeitung für Rumänien".
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