Hochkarätige musikalische Feier Kronstadts
21.10.10
Achte Auflage der „Musica Coronensis“ zum 775jährigen Stadtjubiläum
Die Konzertreihe, die seit 2003 von der Kronstädter evangelischen Honterusgemeinde und der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Rumänien veranstaltet wird, feierte vom 14. bis 17. Oktober das 775jährige Bestehen Kronstadts unter dem Motto „Alt und Neu“.
Die Konzertreihe begann am vergangenen Donnerstag mit der Akademischen Fest-Ouvertüre vom J. Brahms, gespielt von der Kronstädter Philharmonie unter der Leitung von Cristian Mandeal. Im Mittelpunkt des musikalischen Programms stand die Uraufführung des Cellokonzerts Op. 109 (1937) von Paul Richter. Den technisch sehr anspruchsvollen Solopart übernahm der aus Hermannstadt stammende Cellist Götz Teutsch, der 40 Jahre lang Mitglied der Berliner Philharmoniker war. Die prägnanten musikalischen Motive, die dichte Orchestrierung, ein sehr lyrischer zweiter Satz und der tänzerische Dialog des Cellos mit dem Orchester im Finale bestätigen den Wert dieses spätromantischen Werkes. Zum Abschluss des Abends spielte die Philharmonie Beethovens Fünfte.
Am Freitag erklang im Kulturzentrum Redoute zeitgenössische und alte Musik. Das Ensemble „Katharsis“ aus Temeswar (Klarinette, Fagott und Klavier) spielte Werke von Porumbescu, Ciortea und Muresianu. Die „Petite Serenade“ des Kronstädter Komponisten Heinrich Neugeboren und die Musik von V. Dinescu und R. Galliano überraschten mit den phantasievollen, sehr modernen Klängen. Im zweiten Teil des kammermusikalischen Abends spielte die Gruppe „Codex“ Auszüge aus dem siebenbürgischen „Codex Kajoni“. „Wir haben es uns abgewöhnt, das Gras wachsen zu hören“, zitierte der Leiter des Ensembles, Filip Ignac. Die Musik erklang auf den Barockinstrumenten tatsächlich viel leiser, als es für die heutige Tonkunst üblich ist, dafür aber sehr divers in einem musikalischen Bild des siebenbürgischen 17. Jahrhunderts.
Sehr intensiv gestaltet war der Samstag. Am Vormittag spielte das „Gaudeamus“-Quartett Schostakowitsch und Paul Richter. Die kontrastierenden Werke harmonierten mit der Gestaltung der Mansarde des Museums für Städtische Zivilisation – ein geschmackvoller Hintergrund gerade für Kammermusik – wo die Fotoausstellung „Casa mare“ von Franz Gaudlitz zu sehen war.
Um 12 Uhr erklang festliche Blasmusik vom Turm des alten Rathauses am Marktplatz. Die älteste Glocke Kronstadts (1690) hatte vor genau einem Jahr, im Rahmen der siebenten „Musica Coronensis“, nach langjährigem Schweigen 12 Uhr geschlagen. Den zahlreichen Kronstädtern, die trotz des unfreundlichen Wetters gespannt auf den Rathausturm blickten, wurde nun die unlängst eingerichtete neue Turmuhr vorgestellt. Sie applaudierten begeistert auch die anschließende Aufführung des Tanzes „Romana“ von Iacob Muresianu (1850).
Am Nachmittag wurde ein Dokumentar von Radu Gabrea aus dem Jahr 2009 gezeigt, in dem sich unterschiedliche Sichtweisen über das prachtvolle Emblem der Stadt, die Schwarze Kirche, treffen. Begleitet werden die Interviews von Musik, die auf der ersten „Musica Coronensis“ aufgeführt wurde. Der Film konzentriert sich auf die Geschichte und Gegenwart des sächsischen Kronstadts als europäische und Kulturstadt des Ostens.
Am Abend konzertierte die Musikerfamilie Manoleanu im Gemeinderaum der Honterusgemeinde. Bianca und Remus Manoleanu interpretierten einfühlsam Lieder von Richter, Ciortea und Voiculescu. Einen glanzvollen solistischen Auftritt hatte ihr Sohn, Roman Manoleanu, der Werke des in diesem Jahr gefeierten Chopin spielte.
Am Sonntag stand die Schwarze Kirche im musikalischen Mittelpunkt. Ein originelles Kammerkonzert boten Amalia Goje (Orgel) und Tamas Adorjani (Schlagzeug). Spektakuläre Werke von H. P. Türk, F. Metzler, J.S. Bach und P. Eben, sowie das speziell für die Konzertreihe und das Jubiläum Kronstadts komponierte „Coincidentia oppositorum” von G. Malancioiu erklangen von der Empore. Am Abend spielte zum ersten Mal in Kronstadt ein Barockorchester auf alten (historischen) Instrumenten. Auf dem Programm stand die Kantate „Wachet auf, ruft uns die Stimme“, die erste in Kronstadt aufgeführte Kantate von J.S. Bach (1907). Eckart Schlandt spielte auf der Buchholz-Orgel den von ihm umgeschriebenen ersten Satz der zweite Symphonie von P. Richter und zum Abschluss des Abends erklang festlich Vivaldis „Gloria“. Der Bachchor und der Jugendbachchor sowie der Kinderchor der Kronstädter Musikschule begleiteten die bezaubernden Stimmen von Cristina Radu und Maria Petcu (Sopran), Claudia Codreanu (Mezzosopran) und Dan Popescu (Bas). Es dirigierte Steffen Schlandt, der Leiter der Bachchöre und Organist der Schwarzen Kirche, der die Konzertreihe vor acht Jahren ins Leben gerufen hat und sie seitdem meisterhaft gestaltet.
Christine Chiriac
Foto 1
Ein festlicher Abschluss für die diesjährige 8. Auflage der „Musica Coronensis“: „Wachet auf, ruft uns die Stimme“, die erste Bachkantate die in Kronstadt unter der Leitung von Rudolf Lassel vor 103 Jahren aufgeführt wurde.
Foto: Peter Simon
Foto 2
Am alten Marktplatz wurde am Samstag der Tanz „Romana“ (Iacob Muresianu, 1850) vorgeführt.
Foto 3
Götz Teutsch (Cello), Dirigent Cristian Mandeal und die Kronstädter Philharmonie spielten die Uraufführung von Paul Richters Cellokonzert.
Foto 4:
Das Ensemble „Codex“ spielte am Freitagabend alte Musik aus Siebenbürgen auf historischen Instrumenten.
Fotos 2, 3, 4: die Verfasserin
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